Smartphone, Bordcomputer und Co.: Die Ablenkungsmöglichkeiten für Autofahrer wachsen parallel zu den Innovationen bei modernen Kommunikations-, Unterhaltungs- und Komforttechniken kräftig mit. Infolge dieser Bedeutungszunahme existiert bei der polizeilichen Unfallaufnahme seit 2021 auch die Kategorie „Ablenkung“. Und bereits 2021 verletzten sich laut Statistischem Bundesamt (destatis) 8.233 Menschen bei Unfällen, bei denen Ablenkung durch Smartphone und Co eine Rolle spielte. 117 Menschen starben dadurch, was laut destatis knapp 5% aller Verkehrstoten 2021 entspricht. Und eine aktuelle Studie der Allianz Versicherungs-AG (Allianz) unter 1.202. repräsentativ ausgewählten Pkw-Fahrern zur Ablenkung am Steuer zeigt, dass die Fahrerablenkung durch moderne Technik auch tatsächlich deutlich gestiegen ist. So erhöhe sich das Unfallrisiko durch die Bedienung moderner Kommunikations-, Unterhaltungs- und Komforttechniken um rund 50%, resümiert die Allianz-Studie.
Am Steuer ist das Texten auf dem Smartphone besonders verbreitet
Eine besonders gefährliche Entwicklung am Steuer nimmt das Texten auf dem Smartphone ein. Zwischen 2016 und 2022 habe sich das Lesen und Schreiben von Textnachrichten bei Autofahrern von 15% auf 24% um fast zwei Drittel erhöht. Das Unfallrisiko steige dadurch laut Studie um 50%. Und auch die Bedienung des Bordcomputers spielt als Ablenkung von Autofahrern eine immer größere Rolle.
Rund die Hälfte der befragten Personen bestätigten, durch die Bedienung des Bordcomputers abgelenkt zu werden. Insbesondere der Missbrauch des Spurhalteassistenten, um beide Hände vom Lenkrad nehmen zu können, erhöht demnach das Unfallrisiko beträchtlich. Eine vergleichbare Risikosteigerung beobachtet die Allianz-Studie auch bei weiteren Technikablenkungen wie die Benutzung von Funktionen bzw. Apps zum Spielen, Musikauswählen, Bilderanschauen oder Websurfen.
Trotz der Gefahren ist die Nutzung technischer Funktionen selbstverständlich
Trotz der offensichtlichen Gefahren für Autofahrer erfährt die Ablenkung laut Allianz-Studie am Steuer immer noch nicht die soziale Ächtung, die z. B. dem Autofahren im alkoholisierten Zustand entgegengebracht wird. Im Gegenteil: Heutzutage empfinden immer mehr Autofahrer die Nutzung technischer Funktionen, die nicht der Fahrzeugführung dienen, als selbstverständlich. „Sich beim Autofahren mit dem Smartphone zu befassen, gehört mittlerweile zur Normalität. Gleichzeitig nehmen die Ablenkungsmöglichkeiten in heutigen Fahrzeugen immer weiter zu“, sagt Lucie Bakker, Schadenvorständin bei der Allianz. Kern des Problems sei, dass vielen Fahrern die Gefahr zwar bekannt sei, sie diese Einsicht aber nicht auf ihren Fahralltag übertragen würden – mit teils fatalen Folgen für sich selbst und anderer Straßenverkehrsteilnehmer.
Große Skepsis gegenüber einer elektronischen Fahrerzustandserkennung
Laut Allianz-Studie sind junge Fahrzeuglenker im Alter von 18 bis 24 Jahren besonders ablenkungsgefährdet. So geben 30% der Autofahrer dieser Altersgruppe an, während der Fahrt mit dem Smartphone in der Hand zu telefonieren. Im Vergleich dazu liegt der Wert bei allen Befragten bei nur etwa 16%. Doch moderne Kamera- bzw. Infrarotabtastung von Augen, Gesicht bzw. Kopf – das sogenannte Driver Monitoring – könnte mittlerweile Abhilfe schaffen und Autofahrer bei Ablenkung warnen. Allerdings wird aus der Allianz-Studie offensichtlich, dass ein Großteil der Fahrzeuglenker (61%) einer elektronischen Fahrerzustandserkennung noch skeptisch gegenüber steht. (as)
Bild: © Adam – stock.adobe.com
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