Eine Anlegerin sucht nach einer sicheren und verlässlichen Möglichkeit, ihre Altersvorsorge zu gestalten. Dabei vertraut sie auf die Beratung eines Finanzvermittlers, der ihr einen geschlossenen Fonds als geeignete Anlageform empfiehlt. Als der Anlegerin bewusst wird, dass sie in eine riskante Anlageform investiert hat, fühlt sie sich getäuscht und macht gegen den Anlageberater Schadensersatzansprüche geltend.
Bei der Zeichnung des Fonds wurde den Anlegern die Möglichkeit eingeräumt, sich unmittelbar als Direktkommanditist oder mittelbar als Treugeber an der Fondsgesellschaft zu beteiligen. Anlageziele des Fonds waren Unternehmen aus dem Bereich Erneuerbare Energien insbesondere Biomasseheizkraftwerke. Die Klägerin zeichnete am 18.01.2012 Anteile in Höhe von 20.000 Euro zuzüglich 5 % Agio. Ihre Beitrittserklärung wurde am 30.01.2012 vom Treuhänder angenommen. Ferner erhielt sie ein Zertifikat über 20.000,00 Euro mit Datum vom 01.02.2012. Sie zahlte jedoch nur einen Betrag in Höhe von 15.000 Euro ein. Dieser Betrag versteht sich inklusive Agio.
Statt sicherer Altersvorsorge spekulativer Fonds
Die Anlegerin legte später dar, dass sie eigentlich eine 100% sichere Anlage zur Altersvorsorge erwerben wollte. Ihr Berater, den sie schließlich verklagte, habe die Beteiligung positiv und vorteilhaft dargestellt, ohne dabei auf die allgemeinen und besonderen Risiken hinzuweisen. Einen Prospekt habe sie nicht erhalten.
Die Schadenersatzklage beruhte darauf, dass der Beklagte der Klägerin den hochriskanten und hochspekulativen Fonds empfohlen habe, obwohl die Klägerin laut Beratungsprotokoll mit einer mittleren Risikoneigung eingestuft worden sei, was im Grunde auch schon oberhalb des Sicherheitsbedürfnis der Frau lag. Bei einer Nichtzeichnung der Anlage hätte die Klägerin das Kapital anderweitig investieren und einen Zinsgewinn von 2% jährlich in den Jahren 2012 bis 2022 von mindestens 4.196,50 Euro realisieren können.
Der Berater wies diese Forderungen mit der Behauptung zurück, die Frau korrekt – also anleger- und anlagegerecht – beraten zu haben.
Anlegerin erhält Investition zurück
Das mit dem Fall befasste Landgericht Tübingen (LG) entschied weitgehend zugunsten der Anlegerin. Die Klägerin habe aufgrund der Verletzung vertraglicher Beratungspflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegen den Berater einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 15.000 Euro. Ein Anspruch auf weitere Zinszahlungen bestehe aber nicht, so das Gericht.
Das Gericht bestätigte, dass es sich bei der Anlage um einen hochspekulativen Fonds mit der Gefahr eines Totalverlustes handelte. So sei der Fonds auch in dem Fondsprospekt beschrieben. Unter anderem heißt es dort, dass die Beteiligung unternehmerisches Risikokapital darstelle. Bei einem Misserfolg könne es zu einem vollständigen Verlust der erbrachten Kapitaleinlage zuzüglich des geleisteten Agios kommen.
Beratungsprotokoll überzeugt nicht
Das Gericht stellte fest, dass der Anlageberater seine Pflicht zur anlegergerechten Beratung verletzt hat. Wenn eine Beteiligung dem Anlageziel nicht entspreche, dürfe der Berater sie von vornherein nicht empfehlen. Der Anlageberater konnte auch nicht mit dem Beratungsprotokoll überzeugen. Hätte er tatsächlich richtig beraten, müsste man davon ausgehen, so das Gericht, dass bei den Anlagezielen „Vermögensaufbau“ und „Laufende Einnahmen“ angekreuzt wurde. Weiter müsste man davon ausgehen, dass bei der Anlagestrategie „Risikobewusst – Höheren Ertragserwartungen stehen angemessene Risiken gegenüber“ angekreuzt wurde
LG Tübingen, Urteil vom 31.08.2024 – Az. 7 O 15/22
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