3. Ökosysteme als Chance für eine breitere Kundenansprache
Grafik: Ökosysteme Wohn-Campus im Alter
Ökosysteme können Versicherungen Mehrwert auf zwei Arten liefern: Als Anbieter-Ökosystem können Versicherer auf verschiedene Angebote zurückgreifen, ohne diese selbst anzubieten. Als Kunden-Ökosystem können Interessenten durch das holistische Angebot einfach angesprochen werden, ohne dass diese zwingend Interesse an Versicherungsprodukten haben. Zudem weisen solche Ökosysteme typischerweise eine höhere Frequenz der Kundeninteraktion auf. Das ermöglicht ihnen auch, den Bedarf datenbasiert früher und besser zu erkennen oder im Leistungsmanagement früher und bessere Steuerungsimpulse zu erhalten. Da die relevanten Services für ältere Menschen oft nicht im typischen Kompetenzbereich von Versicherern liegen, haben diese die Chance, im Ökosystem ein relevantes, umfassendes Produktangebot anzubieten. Ökosysteme sind somit ein einfacher Zugang, um ein holistisches Angebot zu erstellen. Damit können wiederum neue Kundengruppen breiter angesprochen werden, für die das reine Versicherungsangebot zuvor nicht relevant war.
Mögliche Chance für Versicherer: Das Beispiel Wohnen im Alter
Wie groß das Potenzial für Versicherer sein kann, wird anhand des Beispiels „Wohnen im Alter“ ersichtlich: Durch Veränderung des Gesundheitszustands wird rund um das Thema Wohnen eine Vielzahl von neuen Services benötigt. Die Planung rund um dieses Thema ist für Betroffene oftmals mit einem großen Aufwand und hohen Kosten verknüpft. Das Spektrum reicht von der Organisation der Mobilität über die soziale Interaktion bis hin zur Organisation der häuslichen Pflege. Die meisten Services gibt es bei unterschiedlichen Anbietern, was je nach Inanspruchnahme die Auswahl und Umsetzung aufwendig macht.
Zudem leben ältere Menschen häufig nicht in altersgerechten Wohnungen oder Häusern, sodass sie sich den Wunsch auf ein möglichst langes selbstbestimmtes Leben in den vertrauten oder eigenen vier Wänden nicht ermöglichen können – sei es aus finanziellen, örtlichen oder baulichen Gründen. Hinzu kommt, dass Wohnen grundsätzlich immer teurer wird. Hier können Versicherer eine entscheidende Rolle einnehmen: Schon heute verfügen sie über zahlreiche Immobilien in zentralen Lagen, die sich für altersgerechtes Wohnen nutzen lassen. Mit der bestehenden Finanzkraft können sie auch in Phasen von hohen Zinsen und geringer Bautätigkeit relevante Angebote schaffen. Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der Differenzierung und Positionierung als „Kümmerer“, etwa einem Kunden mit Lebensversicherung eine Wohnung im gut organisierten Wohn-Campus anzubieten. Eine Krankenversicherung könnte älteren chronisch kranken Menschen eine gute und kostengünstige Versorgungsinfrastruktur bieten. Die Versicherer würden nicht nur als Kostenerstatter, sondern als Partner für die Auswahl und Bereitstellung attraktiver und kosteneffizienter Leistungen im Alltag auftreten.
Mit neuen Geschäftsmodellen das Kerngeschäft schützen
Die Demografie und die Lebenssituation von älteren Menschen werden den Bedarf nach ganzheitlichen Lösungen für die Altersvorsorge in den kommenden Jahren massiv erhöhen. Zeitgleich ist das Angebot aufgrund des Fachkräftemangels und steigender Kosten knapp. Services für ältere Menschen werden zum gefragten Gut. Über Partnerschaften und Ökosysteme haben Versicherer die Möglichkeit, das eigene Portfolio und die Sichtbarkeit bei Endkunden zu erweitern und langfristigen Mehrwert für sie zu bieten. Durch Vertrauen in die Marke, die Bündelung von Einzelservices und eine attraktive Finanzierung können sich Versicherer vom Wettbewerb differenzieren und ihre Position im Markt stärken. Sie verteidigen zudem ihre Kundenschnittstellen – den direkten Kontakt mit den Kunden. Kranken- und Lebensversicherungen haben viel Know-how und eine kompetente Wahrnehmung bei den relevanten Zielgruppen. Aus ihrem Geschäftsmodell verfügen sie über die finanziellen Mittel – auch für langfristige Investments. Ein „Match“, den nicht viele Anbieter bieten können und den Versicherer als Chance aufgreifen sollten. Auch wenn die neuen Angebote mittelfristig noch nicht primär eigenständige Wachstums- und Effizienztreiber sein werden, sollten Versicherer sie als ein langfristiges Investment sehen und mitdenken, um das Kerngeschäft abzusichern: den Verkauf von Versicherungen.
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Bild: © C Davids/peopleimages.com – stock.adobe.com; Grafiken: © Accenture Research
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