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3. Februar 2025
Allianz: Gericht kippt Klausel zur Absenkung des Rentenfaktors
Allianz: Gericht kippt Klausel zur Absenkung des Rentenfaktors

Allianz: Gericht kippt Klausel zur Absenkung des Rentenfaktors

Die Allianz darf sich nicht länger auf eine Klausel in Riester-Rentenverträgen berufen, die eine Absenkung des Rentenfaktors bei sinkenden Kapitalerträgen erlaubt, ohne eine spätere Erhöhung bei besseren Renditen vorzusehen. Das entschied das OLG Stuttgart und gab Verbraucherschützern Recht.

Im Streit um die Absenkung von Rentenfaktoren wurde dieses Urteil mit Spannung erwartet: Nun hat das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) auf Berufung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg der Allianz Lebensversicherung untersagt, sich auf eine Klausel in Verträgen über eine fondsgebundene Riester-Rente zu berufen. Die Klausel sieht eine Reduzierung der Rente bei nachhaltig abgesunkener Rendite der Kapitalanlagen vor, aber keine entsprechende Rückanpassung bei verbesserten Verhältnissen. Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 10.07.2023 – Az: 53 O 214/22) hatte zuvor die Klage der Verbraucherschützer abgewiesen. Zudem sind auch an anderen Gerichten Klagen zu dem Thema anhängig.

Allianz senkte für bestimmte Verträge Rentenfaktor in zwei Schritten

Die Allianz hat in ihren Allgemeinen Versicherungsbedingungen für eine fondsgebundene Riester-Rente eine Klausel verwendet, die es ihr erlaubt, im Fall einer bei Vertragsschluss nicht vorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Absenkung der Rendite der Kapitalanlagen den Rentenfaktor und damit die monatliche Rente des jeweiligen Versicherungsnehmers herabzusetzen. In dem Fall wurde bei Abschluss des Rentenversicherungsvertrags im Jahr 2006 der Rentenberechnung ein Rechnungszins von 2,75% zugrunde gelegt, was eine Rente von 38,74 Euro pro 10.000 Euro Policenwert ergeben hätte. Unter Berufung auf die Klausel hat die Allianz den Rentenfaktor in zwei Schritten auf 30,84 Euro unter Zugrundelegung eines Rechnungszinses von 1,25% reduziert. 

Die klagende Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hält die Anpassungsklausel für unwirksam, weil die Klausel weder eine Verpflichtung des beklagten Versicherers vorsehe, die Rente bei einer Verbesserung der Umstände wieder zu erhöhen noch dem Verbraucher die Möglichkeit einräume, nach erfolgter Anpassung mit zusätzlichen Beiträgen das Rentenniveau wieder anzuheben.

Laut Urteil werden die Versicherte unangemessen benachteiligt

Das OLG Stuttgart hat mit ihrem Urteil der Allianz die Verwendung dieser Klausel sowie inhaltsgleicher Klauseln untersagt. Die Klausel sei unwirksam, denn in ihr werde allein das Interesse des Versicherers verfolgt, die Rentenhöhe abzusenken. Eine Erhöhung des Rentenfaktors bei Änderung der Umstände sei in den Bedingungen verpflichtend nicht vorgesehen. Damit werde das Recht zur Vertragsanpassung einseitig zugunsten des Versicherers ausgestaltet. Des Weiteren werden die Versicherungsnehmer auch unangemessen benachteiligt, weil sie die Rentenkürzung nicht durch Einzahlung entsprechend höherer Prämien kompensieren könnten. Dass der Versicherungsnehmer nach den Versicherungsbedingungen ohnehin das Recht hat, einmal jährlich Zuzahlungen zu leisten oder den vereinbarten Beitrag zu erhöhen, stellt nach Auffassung des Gerichts keine hinreichende Reaktionsmöglichkeit dar. Denn diese Zusatzzahlungen sind in ihrer Höhe beschränkt und nicht mehr möglich, wenn der steuerlich absetzbare Höchstbetrag von 2.100 Euro pro Jahr schon ausgeschöpft ist.

Allianz prüft Urteil und nächste Schritte

Das Urteil selbst ist noch nicht veröffentlicht und nicht rechtskräftig. Allianz Leben teilt mit, dass sie die Entscheidungsgründe sorgfältig auswerten werde und dann entscheiden wird, ob gerichtliche Schritte gegen das Urteil ergriffen werden. Ihrer Ansicht nach stellt die von der Verbraucherzentrale angegriffene Regelung eine ausgewogene Regelung dar, die sämtliche Interessen berücksichtigt, einschließlich der Interessen der Versicherten. Unter bestimmten Voraussetzungen sei nach einer Anpassung des Rentenfaktors auch eine Wiederanhebung des Rentenfaktors möglich. Die Absenkung des Rentenfaktors sei zudem von einem unabhängigen, aktuariellen Treuhänder geprüft worden, der bestätigt hat, dass die Anpassung erforderlich und angemessen gewesen ist.

Niels Nauhauser, Abteilungsleiter bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg spricht vorerst von einem Etappensieg. „Wir gehen davon aus, dass die Gegenseite in Revision gehen wird und der Bundesgerichtshof (BGH) die aufgeworfenen Rechtsfragen verbindlich für die Branche klären wird“, so Nauhauser. (bh)