Ein Artikel von Dr. Stefan G. Adams, Geschäftsführer der Dr. Adams & Associates GmbH & Co KG
Die Transaktionen im Markt der Gewerbe- und Industrieversicherungsmakler sind bekannt. Es tut sich aber in allen Segmenten des Marktes sehr viel. Daher unterteilt das M&A Beratungsunternehmen Dr. Adams & Associates die Aktivitäten im Bereich der Bestands- und Unternehmenskäufe nach Courtagevolumen und EBITDA.
Differenzierung nach Courtagevolumen und EBITDA
Insofern lässt sich der Transaktionsmarkt also in verschiedene Segmente aufteilen. Mit Blick auf das wiederkehrende Courtagevolumen und die generierten EBITDAs der Zielunternehmen – also der Maklerbetriebe, die verkaufen – gibt es in den einzelnen Segmenten sehr unterschiedliche Entwicklungen.
Die Anzahl der Transaktionen zum Erwerb von Maklerunternehmen hat sich nach Einschätzung von Dr. Adams & Associates im jetzigen Betrachtungszeitraum auf dem hohen Level der Vorjahre eingependelt. Dies gilt für Unternehmensgrößen mit wiederkehrender Courtage von 5 bis 20 Mio. Euro p. a. In diesem Segment haben große Maklergruppen, vielfach Private-Equity-(PE-)finanziert, Maklerunternehmen zu bis vor wenigen Jahren nicht vorstellbaren Kaufpreisen erworben.
Eine Handvoll neuer PE-finanzierter Player mit neunstelligem Erwerbsbudget ist zudem erst seit sechs bis neun Monaten im Markt anzutreffen. Namhafte Übernahmen dieser Marktteilnehmer stehen also noch aus. Es könnte aber auch schwieriger werden: Das Segment der Top-100-Maklerunternehmen hat einen sehr hohen Konsolidierungsrad erreicht – sieht man von familiengeführten Unternehmen ab, die aktuell (scheinbar) nicht zum Verkauf stehen.
Der sich intensivierende Wettbewerb um namhafte Courtagevolumina und signifikante EBITDAs führt, was den Kaufpreis angeht, auch zu weiter steigenden Multiplikatoren im Maklersegment mit Courtagen von 1 bis 5 Mio. Euro. Es kommt zu einer Verdrängung von bonitätsstarken, mittelständischen Maklerunternehmen mit Kaufabsichten, die von PE-finanzierten Wettbewerbern häufig überboten werden. Der deutliche Zinsanstieg, gepaart mit der restriktiven Kreditvergabepraxis der Banken, macht es etablierten Aufkäufern aus dem Maklermittelstand schwer, die in den vergangenen Jahren um 30 bis 75% gestiegenen Multiplikatoren abzubilden. Und es kommt sogar zu einem anderen Effekt: Mit steigenden Kaufpreisen wechseln sie sogar selbst auf die Verkäuferseite.
Marktsegmente mit niedrigeren Courtagen
Das Maklersegment mit jährlichen Courtagen von 250.000 bis 1 Mio. Euro Courtagevolumen wird von den PE-finanzierten Unternehmen (noch) nicht systematisch bearbeitet. Damit profitieren Maklerbetriebe aus diesem Courtagebereich auch nicht von den gestiegenen Multiplikatoren. Insbesondere die fixen externen Prüfungskosten einer Transaktion für Legal, Tax, IT, Personal und Commercial – meist vom Investor als Standard vorgegeben – liegen häufig zwischen 100.000 und 200.000 Euro, sodass sich Transaktionen im unteren Courtage-Segment nur schwer amortisieren. So kommt es hier nur vereinzelt zu Übernahmen durch Großinvestoren.
Bei jährlichen Courtageeinnahmen unter 250.000 Euro – meist inhabergeführte Personengesellschaften – nimmt die Anzahl der Transaktionen in Form von Bestandsübertragungen mit Betriebsübergang sukzessive zu. Mit dem Ausstieg der Babyboomer-Generation aus der Berufsausübung wird sich diese Entwicklung noch beschleunigen. Allerdings: Durch den Zinsanstieg fällt es jungen Nachwuchsmaklern schwer, diese Bestände und Unternehmen zu übernehmen: Erfolgreiche Übernahmen lassen sich nur bei hoher Eigenkapitalausstattung (mindestens 60% des Kaufpreises) mit Kreditinstituten realisieren.
Entwicklung bei Maklerpools
Eine dem oberen und mittleren Maklersegment vergleichbare Konsolidierungswelle für Maklerpools steht noch aus. Es gibt zwar bereits Transaktionen PE-finanzierter Marktteilnehmer, doch wird diese Entwicklung wohl erst noch Fahrt aufnehmen. Ein Großteil der Transaktionen findet bisher nach wie vor eher unterhalb des Radars der Öffentlichkeit statt und wird lediglich von Insidern wahrgenommen.
Unwiderstehliche Kaufpreise
Im Einklang mit den Vorjahren ergibt auch das jetzige Monitoring, dass Maklerunternehmen durch die gestiegenen Multiplikatoren auf die Courtage motiviert werden, ihr Unternehmen zu verkaufen – oder anders ausgedrückt: Unternehmer wollen jetzt „Kasse“ machen.
Die Analyse zeigt aber auch, dass die allgemein schwierige Mitarbeitersituation Grund für einen Verkauf sein kann. Die Ergebnisse einer Umfrage zur Personalentwicklung von Dr. Adams & Associates lässt sich in AssCompact 03/2023 („‚Babyboomer-Unternehmer‘ in der Zwickmühle: Beeinflusst Personalmangel die Unternehmenswerte?“) nachlesen. Auch das Vorgehen der Versicherer, große Maklereinheiten bevorzugt zu servicieren, führt zu Frustration bei kleineren Mittelständlern und in Folge zu Verkaufsüberlegungen.
Nun stellt sich die Frage, ob der Markt bei den Multiplikatoren schon an der Spitze angekommen ist. Die Amortisationszeiten bei Käufen mit einem EBITDA-Multiplikator von zwölf liegen beim heutigen Zinsniveau und ohne Einrechnung von Synergien nach Steuern bereits deutlich über 25 Jahre. Die „Luft“ nach oben ist also sehr gering und bereits heute nur durch Hebung von Synergiepotenzialen vonseiten größerer Marktteilnehmer realisierbar. Diese Synergiepotenziale werden jetzt – den hohen Multiplikatoren geschuldet – zunehmend ab dem ersten Tag nach Übernahme gehoben. Das Spektrum geht hier von moderater kunden- und mitarbeiterfreundlicher Umsetzung bis zu „brachialer“ Realisierung von EBITDA-Potenzialen. Wer welche Strategie tatsächlich umsetzt, stellt sich oft leider erst nach dem Closing heraus.
Fazit: Jedes Segment entwickelt sich anders
Die verschiedenen Marktsegmente befinden sich in unterschiedlichen Konsolidierungsphasen. Im oberen Segment erreicht sie ein Ende, im mittleren Bereich ist sie im vollen Gang. Die gestiegenen Zinsen haben bereits – strategische Käufe ausgenommen – zu einer höheren Sensibilität hinsichtlich der Multiplikatoren geführt. Der Prüfungsprozess (Due Diligence) ist somit noch aufwendiger und tiefgehender geworden. Es gilt aber dennoch: Die Verkäufer haben die Wahl, mit wem die Transaktion stattfinden soll. Es ist wie beim Autokauf: Das erste oder zweite Angebot muss nicht das beste sein. Nur Marktüberblick führt zum Ziel.
Diesen Artikel lesen Sie auch in der AssCompact 09/2023 und in unserem ePaper.
Bild: © Thares2020 – stock.adobe.com
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