Zerstörte Häuser, beschädigte Straßen, überflutete Landstriche: Mit heftigen Regenmassen hat Tief BERND im Zeitraum vom 13. bis 18.07.2021 zahlreiche Regionen in Deutschland und den Nachbarländern verwüstet und mehr als 170 Todesopfer gefordert. Beginnend im bayerischen Landkreis Hof schloss sich der Unwetterzyklus mit den Starkniederschlägen im Berchtesgadener Land. Am schwersten getroffen wurden die südlichen Landkreise in Nordrhein-Westfalen und den benachbarten Kreisen in Rheinland-Pfalz. Die Wassermaßen haben ganze Häuser mitgerissen.
Großteil aus Elementarschadenversicherung
Dass die Schäden enorm sein werden, war angesichts der Bilder abzusehen. Nun liegt eine erste Schätzung vor. „Den versicherten Schaden für Deutschland schätzt Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) auf über 1 Mrd. Euro“, erklärt MSK-Geschäftsführer Onnen Siems. „Das Gros der versicherten Schäden kommt aus der (erweiterten) Elementarversicherung, ein kleinerer Teil aus der Kfz- und Transport-Sparte.
Summe unter 40% des theoretisch versicherbaren Schadens
Elementargefahren hätten in der Wohngebäude- und besonders in der Hausratversicherung nur eine geringe Anbindung ebenso wie gewerbliche Sachrisiken, so Siems weiter. Deshalb belaufe sich der Schadensbetrag der Versicherer auf deutlich unter 40% des theoretisch versicherbaren Schadens.
Wiederkehrperiode von drei bis fünf Jahren
In den vergangenen 20 Jahren zahlten die deutschen Versicherer über 1,5 Mrd. Euro bei der Jahrhundertflut im Sommer 2002 und 2013, beim Wintersturm Kyril im Januar 2007 und den Hagelereignissen im Juli 2013 und Juni 2021. „Damit liegt die Wiederkehrperiode für das Schadenereignis Bernd bei drei bis fünf Jahren“, sagt Siems. Nach sieben unterdurchschnittlichen Schadenjahren habe 2021 das Potenzial, das langjährige Mittel von 3,7 Mrd. Euro für die deutschen Versicherer zu übersteigen.
Schadenabwicklung wird Herausforderung
In der Schadenregulierung sehen die Aktuare aufgrund der unterschiedlichen Produktgestaltung Herausforderungen auf die Versicherer zukommen. „Schadensursachen wie Dammbruch oder Unterspülungen und die Trennung zwischen Starkregen und Hochwasser sind je nach Klausel bzw. Bedingungswerk gedeckt oder ausgeschlossen“, so Siems. Er geht davon aus, dass die Schadenabwicklung Monate wenn nicht Jahre dauern dürfte. Sie sollte im Sinne der Nachhaltigkeit auch risikomindernde Aspekte berücksichtigen.
Versicherer arbeiten auf Hochtouren
In dieser Woche hatte der GDV bereits angekündigt, die Versicherungsbranche werde alles tun, um pragmatisch und effizient zu helfen. Von etlichen Versicherern ist zu hören, dass zusätzliche Kräfte für die Schadenbearbeitung und -aufnahme abgezogen wurden. So auch bei der Gothaer. Gegenüber dem Versicherungsjournal erklärte der Gothaer-Vertriebsvorstand Oliver Büß: „Wir haben umgehend eine Hotline für besonders stark betroffene Vermittler geschaffen und alle verfügbaren Schadenregulierer aus dem gesamten Bundesgebiet in den besonders betroffenen Regionen zusammengezogen, damit die Schäden schnellstmöglich vor Ort besichtigt werden können.“ Bestehende Regulierungsvollmachten der Vertriebspartner wurden vorübergehend erhöht.
Auswirkungen auf die Wohngebäudeversicherung
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Belastungen infolge der hohen Schäden auf die ohnehin schon finanziell gebeutelten Wohngebäudeversicherer auswirken werden. Noch nicht abzusehen ist außerdem, was dies für die Prämien bedeutet. Eine Erhöhung erwartet Reiner Will, Geschäftsführer der Rating-Agentur Assekurata, in einem ersten Schritt nicht. Vielmehr würden die Versicherer beobachten, ob es sich um ein Einzelereignis oder einen Trend handle. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärte Will: „Mittelfristig könnte es gewisse Auswirkungen auf die Prämie geben.“ Zudem werde die Branche das Unwetter dafür nutzen, bei ihren Kunden intensiv für den Abschluss der zusätzlichen Elementarschadenversicherung zu werben, wie es im Bericht der Süddeutschen weiter heißt.
Die Gothaer hat gegenüber dem Versicherungsjournal bereits angekündigt, Kunden, die sich jetzt für einen Elementarschutz interessieren würden, aber durch Unwetter geschädigt wurden, trotz Vorschaden Versicherungsschutz anzubieten.
Bund beschließt Hilfspaket für Hochwasserregionen
Inzwischen hat das Bundeskabinett schnelle und unbürokratische Finanzhilfen für die vom Hochwasser betroffenen Regionen auf den Weg gebracht. So will sich der Bund zur Beseitigung unmittelbarer Schäden an Gebäuden und der kommunalen Infrastruktur vor Ort sowie zur Überbrückung von Notlagen mit Mitteln in Höhe von zunächst 200 Mio. Euro zur Hälfte an den Soforthilfen der Länder beteiligen. Außerdem wurden finanzielle Mittel für ein Aufbauprogramm zugesichert.(tk)
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