Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler
Mit einer Abmahnung wird dem Adressaten mitgeteilt, dass ein in der Abmahnung näher bezeichnetes Verhalten des Adressaten gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen – z. B. das Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen oder unzulässiger Werbung –, gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet wie das Impressum oder datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoße oder Schutzrechte des Abmahnenden – wie z. B. Marken-, Patent- oder Urheberrechte – verletze.
Der Adressat wird dazu aufgefordert, das beanstandete Verhalten zu unterlassen und innerhalb einer vorgegebenen – meist kurzen Frist – eine strafbewehrte Unterlassungserklärung – inklusive einer Vereinbarung über eine Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall – zu unterschreiben und die mit der Abmahnung verbundenen Kosten zu tragen. Je nach den Umständen können darüber hinaus auch Auskunfts- und Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden.
Wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung unterschreibt und das beanstandete Verhalten einstellt, ist der Unterlassungsanspruch des Abmahnenden erfüllt. Damit wird eine – gegebenenfalls aufwendige – gerichtliche Auseinandersetzung vermieden.
Veranlassung einer Abmahnung
Abmahnungsberechtigt sind Wettbewerber, Wettbewerbsvereine, Verbraucherschutzverbände sowie bei Verletzung von Schutzrechten der jeweilige Inhaber des verletzten Schutzrechts. Mit der Durchführung und Abwicklung der Abmahnung werden in der Regel Rechtsanwälte beauftragt. Die Anforderungen an die Abmahnungsberechtigten sind mit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs von 2020 verschärft worden.
Kosten einer Abmahnung
Bei einer Abmahnung wird in der Regel ein sogenannter Aufwendungsersatz verlangt. Darunter fällt die Erstattung der Kosten für den beauftragten Rechtsanwalt (je nach den Umständen zwischen 300 und 800 Euro) oder Geltendmachung einer Kostenpauschale des abmahnenden Vereins oder Verbands (zwischen 150 und 350 Euro). Wenn der Abgemahnte entgegen seiner abgegebenen Unterlassungserklärung das beanstandete Verhalten fortsetzt oder wiederholt, kann zudem eine Vertragsstrafe in Höhe von mehreren Tausend Euro anfallen.
Erfreulicherweise hat das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in einigen Fällen Einschränkungen für Kostenansprüche und Vertragsstrafen gebracht. So dürfen bei Abmahnungen wegen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten im Internet – z. B. das Impressum – oder gegen Datenschutzrecht – z. B. Datenschutzerklärung, bei Verstößen gegen Datenschutzrecht nur, sofern der Abgemahnte weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigt – Anwalts- oder Verbandskosten nicht geltend gemacht werden. Nach einer ersten Abmahnung kann in diesen Fällen auch keine Vertragsstrafe geltend gemacht werden, wenn der Abgemahnte in der Regel nicht mehr als 100 Mitarbeiter beschäftigt. Überhaupt darf eine Vertragsstrafe nicht mehr als 1.000 Euro betragen, wenn der Verstoß als Bagatelle einzustufen ist.
Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen
Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen sind verboten. Das ist im Zweifel dann der Fall, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen (gemäß § 8c des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb). Darüber hinaus zählt das Gesetz noch eine Reihe weiterer Indizien für Rechtsmissbrauch auf.
Vermeidung von Abmahnungen
Grundsätzlich können Makler Abmahnungen vermeiden, wenn sie sich gesetzesgetreu verhalten. Klar, das ist eine Binse. Aber nehmen wir mal zwei Beispiele, um konkreter zu werden.
Immer wieder werden Makler wegen der Verwendung bestimmter Klauseln in ihren Maklerverträgen vorzugsweise von Verbraucherschützern abgemahnt. Dabei führt das bei Verbraucherschützern tief verwurzelte – und, um es deutlich zu sagen, rechtlich und tatsächlich falsche – Vorurteil, dass die Verwendung von Maklerverträgen nur die Übervorteilung der Kunden zum Ziel habe, zum Teil zu absurden rechtlichen Betrachtungen. Diese Entwicklung ist ein natürlicher Reflex auf Empfehlungen aus der Anwaltschaft, im Kundenverkehr auf umfangreiche Klauselwerke zu setzen. Es ist deshalb sinnvoll, jede Klausel auf den Prüfstand zu stellen und in den Maklervertrag nur die wirklich notwendigen Regelungen aufzunehmen. Hilfe gibt es bei den Berufsverbänden.
Ein zweites Beispiel. Immer wieder kommt es – nicht nur bei Maklern – zu Abmahnungen wegen der Verwendung von Google Fonts und Google Analytics auf Websites. Während Google Fonts auf den meisten Websites lokal und damit konform zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eingebunden werden können, ist eine DSGVO-konforme Anwendung von Google Analytics gegenwärtig nur unter extrem aufwendigen Voraussetzungen möglich und trotzdem im Ergebnis rechtlich unsicher. Zur Vermeidung von Abmahnungen bedeutet dies in der Konsequenz, auf den Einsatz von Google Analytics ganz zu verzichten und ggfs. durch DSGVO-konforme Tools wie z. B. Matomo zu ersetzen.
Was tun, wenn trotzdem eine Abmahnung aufschlägt?
Unbedingt kümmern. Wenn man eine Abmahnung unbeachtet lässt, drohen im Zweifel wesentlich höhere Kostenrisiken. Kümmern heißt vor allem prüfen, ob die Abmahnung berechtigt ist. Die Abmahnung ist berechtigt, wenn der darin beschriebene Sachverhalt tatsächlich zutrifft, das beanstandete Verhalten rechtswidrig ist, der Abmahnende abmahnungsberechtigt ist und kein Verdacht auf Rechtsmissbrauch besteht. Beispiele: Verwendung einer unzulässigen Klausel, Werbung per E-Mail ohne Einwilligung, Nutzung von Google Fonts, Abmahnung durch einen Verbraucherschutzverband oder einen tatsächlich am Markt aktiven anderen Makler. Ist die Abmahnung berechtigt, ist weiter zu klären, ob in der Unterlassungserklärung das zu unterlassene Verhalten konkret genug formuliert ist. Außerdem ist zu prüfen, ob die darin festgelegte Vertragsstrafe angemessen ist und die geltend gemachten Kosten grundsätzlich zulässig und nicht überhöht sind. Sind alle Voraussetzungen gegeben, kann die Unterlassungserklärung abgegeben werden.
Ist die Abmahnung unberechtigt oder zweifelhaft, ist zu überlegen, ob die Abmahnung als unberechtigt zurückgewiesen oder mit einer einschränkenden Formulierung abgegeben werden kann. In Zweifelsfällen kann auch die Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten (www.einigungstelle.org) angerufen werden. Das Verfahren ist kostenfrei.
In jedem Fall sollte der Abgemahnte unverzüglich nach Erhalt der Abmahnung seinen Berufsverband oder seine IHK konsultieren und vorher keine Erklärungen abgeben. Hier erhalten Abgemahnte kostenfreie Unterstützung und Hilfe, auch bei der Beurteilung, ob die Abmahnung berechtigt oder ganz oder teilweise unberechtigt ist. Je nach Sachverhalt kann es auch sinnvoll sein, zusätzlich einen Fachanwalt zu beauftragen.
Über Hans-Ludger Sandkühler
Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2023 und in unserem ePaper.
Bild: © gopixa – stock.adobe.com
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