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17. Februar 2022
70% Zuschuss von der EU – Wenn Projekte riskant genug sind!
70% Zuschuss von der EU – Wenn Projekte riskant genug sind!

70% Zuschuss von der EU – Wenn Projekte riskant genug sind!

Marktveränderung kann bei Unternehmen der Versicherungswirtschaft zu Investitionen in Innovation führen. Bei besonders risikoreichen Vorhaben gibt es Förderung auf EU-Ebene. Experte Kai Schimmelfeder informiert in seiner AssCompact Serie über die Möglichkeiten. Teil 10

Ein Artikel von Kai Schimmelfeder

Der EIC Accelerator ist speziell für kleine und mittlere Unternehmen – hierzu zählen auch Unternehmen der Versicherungsbranche. Voraussetzung für Bewerbung und Antragstellung ist, dass disruptive (zerstörerische) und/oder hochrisikoreiche Innovationen mit großem Marktpotenzial von dem antragstellenden Unternehmen entwickelt werden. Entscheidend ist auch, dass ein hohes Wachstumspotenzial in Aussicht steht und dass der Antragsteller die Innovation in Europa und/oder auch weltweit in den (zukünftigen) Markt treiben will. Es soll gerne bei hohem Risiko die (weltweite) Marktführerschaft angestrebt werden. Die eigenen Finanzmittel müssen nur einen geringen Teil des Projektes abdecken, aber ohne eine grundsätzliche freie Liquidität geht es nicht. Der Zuschuss von 70% und die Chance, zusätzliches Risikokapital aus diesem Förderprogramm zu nutzen, ist somit ein Sprungbrett für Antragsteller. Anträge stellen müssen die Unternehmen selbst, aber dann kann es mit zusätzlicher (finanzieller) Energie aus der EIC-Förderung in die Höhe und Weite gehen.

Innovationsturbo – Förderung als Zuschuss mit Eigenkapital

Das Förderprogramm bietet eine gemischte Fördermittelfinanzierung an. Es gibt einmal eine 70%-Förderung als Zuschuss (geschenktes Geld vom Staat) mit maximaler Summe von 2,5 Mio. Euro. Dieser Betrag ist nicht (!) zurückzuzahlen. Auch dann nicht, wenn das Projekt scheitert! Liegt ein Projekt bei rund 3,5 Mio. Euro und beantragt das antragstellende Unternehmen ausschließlich den Zuschuss, sind es rund 2,5 Mio. Euro. Der Eigenanteil ist somit gering und kann mit anderen Förderprogrammen weiter reduziert werden. So sinkt das Risiko von Unternehmen in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht außerordentlich. Im Grunde kommt kein Unternehmen an diesem Förderprogramm vorbei – wenn es die Marktführerschaft mit einem innovativen Produkt im Blick hat. Selbst Unternehmen, die sich in Investitions­zurückhaltung üben, haben mit diesen Zuschüssen einen Wachstumshebel, der das eigene Kapital bzw. die eigene Liquidität schützen kann. Das Thema Innovation kann somit wieder auf die Agenda gebracht werden. Auch um die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen zu sichern.

Risikokapital gibt es zusätzlich, damit geht es in den Markt

Neben den Zuschüssen können antragstellende Unternehmen auf Risikokapital zurückgreifen. Auch dies ist ein Erkenntnis­gewinn der letzten Jahre seitens der EU. Viele Projekte waren innovativ und auf dem Weg an die Spitze – und sind dann in der Markteinführung aufgrund von fehlendem bzw. freiem Kapital im Marktabsatz gescheitert. Das hat viele planende Antragsteller im weiteren Vorgehen zögern lassen. Somit hatte die EU einen Innovationsfortschritt nicht wesentlich beeinflussen können. Nun gibt es deswegen zusätzliches Kapital – als Eigenkapitalverstärkung für das antragstellende Unternehmen. Speziell die marktnahen Aktivitäten sollen damit finanziert werden. Die Vorstellung der EU ist es, dass der Zuschuss und das Risikokapital zusammen beantragt werden. Somit sollen die Erfolgsaussichten für die Innovation des Unternehmens (Antragsteller) wesentlich verbessert werden. Wenn Unternehmen nur den Zuschuss nutzen möchten, ist dies jedoch auch möglich. Alle Innovationsprojekte der Unternehmen (Antragsteller) sollen die Investitionssumme von mindestens 500.000 Euro übersteigen. Unternehmen, die nur den Zuschuss beantragen, bezeichnet die EU als „Grant only“. Dies sollte aber aus Sicht der EU die Ausnahme bleiben, da es ja gerade um die Eigen­kapitalstärkung des Antragstellers gehen soll. Wer nur den Zuschuss beantragt, muss nachweisen, dass die eigenen finanziellen Mittel ausreichen, um neben der Innovation auch das Wachstum bzw. die Skalierung zu finanzieren! Es besteht auch die Möglichkeit, nur die Risikokapitalvariante (Eigenkapitalverstärkung) einzeln zu nutzen. Das wird dann als „Investment component only“ bezeichnet. In dem Sonderfall, dass Antragsteller das gesamte Potenzial der Innovation noch nicht abschließend bearbeitet haben und zum Beispiel die Validierung noch nicht final ist, können sie sogar zuerst den Zuschuss beantragen („Grant first“) und dann entscheiden, ob die Investmentkomponente (Risikokapital bis 15 Mio. Euro) nachbeantragt wird. Zusammenfassend für alle Fälle: Der Zuschuss beträgt maximal 2,5 Mio. Euro und die Summe an Risiko­kapital zur Eigenkapitalverstärkung liegt bei maximal 15 Mio. Euro. Die Projektlaufzeit soll zwischen 12 und 24 Monaten geplant sein.

Erfolgreiches Antragsverfahren ist dreistufig

Das Vorgehen ist in drei Stufen unterteilt: Stufe eins beginnt mit der Vorbereitung. Je nachdem, wann und wie das Unternehmen sich vorbereitet, sind es vielleicht zwei Wochen im Unternehmen. Es wird ein Kurzantrag erstellt. Der Kurz­antrag besteht aus einem kurzen Fragenkatalog, in dem die Innovation, der potenzielle Markt und das Team vorgestellt werden, einem Pitch-Deck mit bis zu zehn Folien sowie einem Video-Pitch von bis zu drei Minuten, in dem die Kernmitglieder des Teams (bis zu drei Personen) die Motivation für die Bewerbung darstellen sollen. Das sind die Unterlagen für die Begutachtung. Nach etwa vier Wochen wird das Begutachtungsergebnis bekannt gegeben. Bei einem „Go“ erfolgt die Einladung zur zweiten Stufe, dem Vollantrag. Die Vorbereitung dazu benötigt weitere Zeit. Der Voll­antrag ist ein 30-seitiger Antrag auf Englisch exklusive Anhang (vorgegebene Vorlage). Die Erstellung des Antrags läuft über eine auf künstlicher Intelligenz basierende IT-Plattform. Der Antrag ist der Businessplan und teilt sich konzeptionell in den Hauptkriterien wie folgt auf: Excellence, Impact, Implementation (jeweils ein Drittel). Die Einreichung ist auf bestimmte Stichtage reglementiert. Dies wird nach Einreichung begutachtet. Dann schließt sich Stufe drei an: das persönliche Interview in Brüssel vor einem Experten-Panel. Hier sind nur die eingeladen, die mit ihrem Antrag über dem Schwellenwert der Antragsbewertung platziert sind. Wer hier final punktet, bekommt das „Grant Agreement“: den Vertrag mit der EU über den Zuschuss von 70% (plus 25% indirekte Kosten) und, soweit beantragt, die eigen­kapitalverstärkende Komponente.

Interessierte Unternehmen müssen sich als Erstes im Participant Portal der EU anmelden. Danach geht es zum Start der Fördermittelbeantragung.

Über den Autor

Kai Schimmelfeder ist Geschäftsführer des Fördermittel­beratungsunternehmens „feder consulting“ (federconsulting.com). Als Fördermittelexperte begleitet er mit seinem Team seit über 25 Jahren Unternehmen in der Fördermittelbeantragung. Er ist Buchautor, Sachverständiger für öffentliche Fördermittel und Zuschüsse und mehrfach ausgezeichneter Fördermittelberater.

Diesen Artikel lesen auch in AssCompact 02/2022, S. 80 f., und in unserem ePaper.

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Bild: © jirsak – stock.adobe.com

 
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Kai Schimmelfeder