Ein Artikel von Norman Wirth, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht Seniorpartner bei Wirth-Rechtsanwälte
Ob es um die private Krankenversicherung (PKV), den Garantiezins, verlängerte Postlaufzeiten oder politische Großthemen wie die Retail Investment Strategy (RIS) und die Reform der Altersvorsorge geht: Die Vielzahl an Themen zeigt, dass die Tätigkeit von Versicherungsmaklern auch 2025 von Herausforderungen geprägt sein wird. Doch wie immer gilt: Mit der richtigen Vorbereitung und einem klaren Blick auf die Chancen, die diese Veränderungen bieten, können Versicherungsmakler ihre Position als kompetente Berater weiter stärken.
PKV: Eine lohnenswerte Alternative?
Die private Krankenversicherung bleibt auch im Jahr 2025 ein wichtiger Bestandteil der Beratungspraxis – und die Entwicklungen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung unterstreichen, warum die PKV für viele Zielgruppen eine attraktive Alternative sein kann.
Zum 01.01.2025 wurde die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung auf 66.150 Euro jährlich beziehungsweise auf 5.512,50 Euro monatlich angehoben. Das bedeutet, dass freiwillig gesetzlich Versicherte bei einem Einkommen oberhalb dieser Grenze mit einem Höchstbeitrag von bis zu 943,64 Euro für die Krankenversicherung rechnen müssen – inklusive des durchschnittlichen Zusatzbeitrags von 2,5%. Hinzu kommen die Beiträge zur Pflegeversicherung, die bei 3,6% liegen und für Kinderlose sogar auf 3,95% steigen. Insgesamt können die monatlichen Belastungen für Kranken- und Pflegeversicherung die Marke von 1.160 Euro übersteigen.
Für viele Kunden stellt sich daher die Frage, ob die gesetzliche Krankenversicherung bei diesen Beiträgen wirklich die optimale Lösung ist – insbesondere, wenn sie von den erweiterten Leistungsoptionen der PKV profitieren könnten.
Die PKV bietet nicht nur die Möglichkeit, individuelle Leistungsbausteine zu wählen, sondern ermöglicht es auch, die Beiträge langfristig zu planen und – je nach Tarif – Rückerstattungen bei geringem Leistungsbezug zu erhalten. Besonders für Gutverdiener, Selbstständige und junge Berufseinsteiger, die über der Beitragsbemessungsgrenze liegen, kann ein Wechsel in die PKV langfristig finanziell vorteilhaft sein.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Kunden gezielt anzusprechen und gemeinsam zu prüfen, ob die PKV für sie eine bessere Lösung darstellt. Eine fundierte Beratung, die die individuellen Bedürfnisse und finanziellen Möglichkeiten des Kunden berücksichtigt, ist dabei essenziell. Dazu zählen die Unterschiede zwischen gesetzlicher Krankenversicherung und PKV, nicht nur bei den Beiträgen, sondern auch bei den Leistungen, der Flexibilität und den Möglichkeiten im Alter – und ohne die zu erwartenden Beitragssteigerungen zu verschweigen.
Auch für 2025 haben viele Versicherer ihre Beiträge ganz erheblich anpassen müssen. Dies ist eine Folge steigender Gesundheitskosten, der Inflation und höherer Lebenserwartungen. Besonders ältere Bestandskunden sind oft von deutlichen Erhöhungen betroffen, da ihre Tarife auf älteren Kalkulationsgrundlagen basieren.
Makler stehen als Berater vor der Herausforderung, diesen Kunden Lösungen anzubieten, um die Belastung abzumildern. Eine zentrale Option bleibt der Tarifwechsel gemäß § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), der es Kunden erlaubt, innerhalb des bestehenden Vertrags in einen gleichartigen Tarif zu wechseln. Dabei bleibt der Versicherungsschutz erhalten, während die Beiträge in vielen Fällen spürbar sinken. Aufgabe des Maklers sollte es sein, diese Möglichkeit aktiv zu kommunizieren und den Kunden durch den oft komplexen Prozess des Tarifwechsels zu begleiten oder aber mit darauf spezialisierten Kollegen für seine Kunden zu kooperieren.
Auch für Kunden, die in der gesetzlichen Krankenversicherung bleiben möchten, können Versicherungsmakler Lösungen anbieten. Zusatzversicherungen, etwa für Zahnbehandlungen, Krankenhausaufenthalte oder Pflegeleistungen, gewinnen weiter an Bedeutung. Vermittler, die sich in diesem Bereich als Experten positionieren, können nicht nur ihren Kundenstamm erweitern, sondern auch zusätzliche Einnahmequellen erschließen.
Kurz gesagt: Die Entwicklungen in der gesetzlichen Krankenversicherung machen die PKV attraktiver denn je. Versicherungsmakler sollten diese Gelegenheit nutzen, um ihre Kunden umfassend zu beraten und ihnen dabei zu helfen, die für sie optimale Entscheidung zu treffen.
Garantiezins: Lebensversicherung wird wieder attraktiv
Ein echtes Highlight des Jahres 2025 ist die Erhöhung des Garantiezinses auf 1,0%. Die erste Erhöhung seit 30 Jahren. Nach vielen Jahren sinkender oder stagnierender Zinssätze ist dies eine erfreuliche O Nachricht für die Versicherungsbranche – und für die Kunden.
Der Garantiezins bildet die Basis für die garantierten Leistungen einer Lebensversicherung. Mit der Anhebung können Versicherer wieder attraktivere Garantien anbieten, was besonders sicherheitsorientierten Kunden zugutekommt. Doch nicht nur neue Produkte profitieren von der Änderung, auch bestehende Verträge können in vielen Fällen angepasst werden, um den erhöhten Garantiezins zu nutzen.
Für Vermittler eröffnet dies zahlreiche Chancen. Makler sollten diese Gelegenheit dazu nutzen, ihre Kunden aktiv auf die neuen Möglichkeiten hinzuweisen und sie über die Vorteile zu informieren. Auch die Überprüfung bestehender Verträge bietet Potenzial: Kunden, die in den vergangenen Jahren skeptisch gegenüber Lebensversicherungen waren, könnten durch die verbesserten Konditionen wieder Interesse an diesen Produkten finden.
Mindestlohn: Relevanz für Vermittlerbetriebe mit Mitarbeitern
Seit dem 01.01.2025 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 12,82 Euro pro Stunde. Für Vermittlerunternehmen, die Mitarbeiter beschäftigen, ergeben sich daraus konkrete Herausforderungen – insbesondere im Hinblick auf Minijobs.
Die maximale Verdienstgrenze für Minijobs bleibt bei 520 Euro. Dadurch sinkt die zulässige Arbeitszeit auf etwa 40,5 Stunden pro Monat. Als Arbeitgeber sollten Versicherungsmakler frühzeitig prüfen, ob die Arbeitszeiten der geringfügig Beschäftigten angepasst werden müssen, um Überschreitungen der Verdienstgrenze zu vermeiden.
Auch für Mitarbeiter, deren Gehälter nah am Mindestlohn liegen, könnte eine Anpassung notwendig sein. Arbeitgeber sollten zwingend darauf achten, dass alle Vergütungen den neuen Vorgaben entsprechen. Wie immer gilt dabei, mögliche finanzielle Auswirkungen auf den Vermittlerbetrieb zu berücksichtigen.
Postzustellung: Neue Laufzeiten, neue Herausforderungen
Schicken Sie für Ihre Kunden noch Kündigungen oder Widersprüche per Post? Dann aufgepasst: 2025 ändern sich die Laufzeiten für Briefe. Die neue Regelung sieht vor, dass 95% der Briefe innerhalb von drei Werktagen zugestellt werden müssen – bisher waren es zwei. Außerdem wird die sogenannte Bekanntgabefiktion angepasst: Ein Brief gilt künftig erst vier Tage nach Aufgabe bei der Post als zugestellt.
Diese Änderungen betreffen alle fristgebundenen Schreiben, etwa Kündigungen oder Vertragsänderungen. Vermittlerbetriebe sollten daher ausreichende Zeitpuffer einplanen und ihren Kunden empfehlen, ebenfalls frühzeitig zu handeln. Elektronische Kommunikationsmittel bieten hier eine zuverlässige Alternative, die Zeit spart und rechtliche Sicherheit schafft.
Retail Investment Strategy (RIS): Provisionsverbot bleibt in der Diskussion
Die EU arbeitet weiterhin an der Kleinanlegerstrategie / Retail Investment Strategy (RIS), die neben vielem anderen im Entwurf der EU-Kommission auch ein mögliches Provisionsverbot für Versicherungsmakler bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten vorsieht. Da die Ideen der EU-Kommission beim eigentlichen Gesetzgeber, dem EU-Parlament und dem Rat der Europäischen Union, jeweils nicht auf wirkliche Gegenliebe gestoßen sind, bleibt erhebliche Hoffnung, dass auch dieses Mal der Kelch an der Branche vorübergeht. Derzeit befindet sich das Vorhaben im sogenannten Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und dem Rat. Dabei wird versucht, zu den jeweils unterschiedlichen Vorstellungen einen Kompromiss zu finden.
Es wird erwartet, dass die echten Verhandlungen erst nach dem Jahreswechsel 2024/2025 beginnen. Mit einem Inkrafttreten der vielen neuen Regelungen wird unter Berücksichtigung der aktuell diskutierten Übergangsfristen eventuell erst am 01.01.2028 gerechnet.
Reform der geförderten Altersvorsorge: Ein unvollendetes Projekt
Das Ende der Ampel-Koalition hat nicht nur den politischen Alltag in Berlin durcheinandergebracht, sondern auch zentrale Reformprojekte ins Stocken gebracht. Besonders betroffen ist die geplante Reform der geförderten Altersvorsorge.
Neben der Einführung eines Altersvorsorgedepots stand auch eine grundlegende Reform der Riester-Rente auf der Agenda. Diese Maßnahmen sollten die private Vorsorge flexibler und attraktiver machen. Doch mit dem Regierungswechsel bleibt unklar, ob und wann diese Pläne umgesetzt werden.
Warum ist das bedauerlich? Die private Altersvorsorge ist ein essenzieller Baustein der finanziellen Absicherung. Ohne klare Reformen droht jedoch Stillstand, der letztlich zulasten der Bürger geht. Wir werden sicherlich einen Rentenwahlkampf erleben. Olaf Scholz spricht schon von Rentenkürzungsplänen der anderen Parteien und seitens der CDU ist u. a. von der Einführung einer verpflichtenden kapitalgedeckten Altersvorsorge zu hören. Wir können gespannt sein.
E-Rechnung: Digitalisierung wird zur Pflicht
Rechnungen werden im Vermittlerbetrieb häufig noch in Papierform oder als PDF erstellt. Angesichts der kommenden Anforderungen lohnt sich ein genauerer Blick auf die zukünftigen Regelungen. Denn seit dem 01.01.2025 ist die sogenannte E-Rechnung für viele Unternehmen Pflicht – und das betrifft möglicherweise auch Ihren Betrieb. Gerade wenn der Vermittlerbetrieb Dienstleistungen für öffentliche Auftraggeber oder größere Geschäftspartner erbringt, wird eine Umstellung unvermeidlich.
Was genau ist eine E-Rechnung? Die E-Rechnung ist mehr als eine Rechnung im PDF-Format. Sie folgt einem festen Standard, beispielsweise der XRechnung oder ZUGFeRD, und enthält strukturierte Daten, die maschinell ausgelesen und verarbeitet werden können. Das Besondere daran: Diese Rechnungen sind vollständig digital und ermöglichen eine automatisierte Weiterverarbeitung, was Fehler reduziert und die Effizienz erhöht.
Rechnungen, die bisher per Post oder als einfache PDF-Datei verschickt wurden, erfordern daher ab 2025 eine Anpassung der Prozesse. Die Umstellung auf die E-Rechnung ist dabei keine rein bürokratische Herausforderung, sondern bietet auch Vorteile. Automatisierte Abläufe sparen Zeit und reduzieren den Verwaltungsaufwand – insbesondere, wenn Sie mit öffentlichen Stellen oder größeren Kooperationspartnern zusammenarbeiten, die diese Rechnungsform künftig einfordern werden.
Die Einführung der E-Rechnung erfordert einige Anpassungen. Zunächst sollten Vermittler prüfen, ob ihre aktuelle Buchhaltungssoftware in der Lage ist, E-Rechnungen im richtigen Format zu erstellen. Falls dies nicht der Fall ist, könnte ein Update oder die Anschaffung einer neuen Software nötig werden. Doch keine Sorge: Viele Anbieter haben bereits Lösungen im Programm, die eine einfache Umstellung ermöglichen.
Ein weiterer Punkt, den Sie als Versicherungsmakler nicht unterschätzen sollten, ist die Schulung der Mitarbeiter. Gerade in kleineren Unternehmen, wo Rechnungen oft „nebenbei“ erstellt werden, ist wichtig, dass alle Beteiligten mit dem neuen System vertraut sind. Hierfür sollte ausreichend Zeit eingeplant werden, um eine reibungslose Einführung sicherzustellen.
Auch wenn die Umstellung zunächst wie ein zusätzlicher Aufwand wirkt, bringt sie einige Vorteile mit sich. E-Rechnungen sind nicht nur umweltfreundlicher, da der Papierverbrauch reduziert wird, sondern sie ermöglichen auch eine bessere Nachverfolgbarkeit und weniger Fehler bei der Verarbeitung. Zudem sind sie häufig schneller beim Empfänger – und gerade bei fristgebundenen Rechnungen kann das ein entscheidender Faktor sein.
Fazit
Das Jahr 2025 hält zahlreiche Herausforderungen, aber auch vielfältige Chancen für Versicherungsmakler bereit. Einige zentrale Aspekte wurden im Text dargestellt. Diese Entwicklungen bieten die Möglichkeit, Kundenbeziehungen zu vertiefen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Gemeinsam lässt sich das Jahr erfolgreich gestalten.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 01/2025 und in unserem ePaper.
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