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8. Juni 2024
„Wer morgen im Vertrieb erfolgreich sein will ...“

„Wer morgen im Vertrieb erfolgreich sein will ...“

Die Versicherungsbranche verändert sich mit großen Schritten. Vermittler spezialisieren sich zunehmend, im Maklermarkt rollt eine Welle an Zusammenschlüssen und regulatorische Reformen üben Anpassungsdruck aus. Wie bewertet die Continentale diese Dynamik?

Interview mit Dr. Marcus Kremer, Vorstand Vertriebspartnerbetreuung und Kundendienst bei der Continentale Versicherung
Die Zahl der Vermittler in Deutschland sinkt bzw. stagniert seit vielen Jahren. Eine langfristige Trend­umkehr ist nicht zu erwarten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Babyboomer in den kommenden zehn Jahren in Rente gehen werden. Was bedeutet das für die Branche insgesamt?

Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich der Markt weiter verändern wird. Schon jetzt sehen wir eine zunehmende Spezialisierung vieler Vermittler auf Kundengruppen oder bestimmte Versicherungsprodukte. Zusammenschlüsse und Anschlüsse an größere Makler nehmen ebenfalls zu. Hinzu kommen regulatorische Faktoren und Reformen, deren Auswirkungen auf die Branche noch nicht abschließend einschätzbar sind, etwa die EU-Kleinanlegerstrategie, die neue Wohlverhaltensrichtlinie oder die weiterhin schwelende Diskussion um ein Provisionsverbot. Auch der demografische Wandel wird einen erheblichen Einfluss auf den Vertrieb haben. Ich sehe in dieser Entwicklung eine Riesenchance. Wer morgen im Vertrieb erfolgreich sein will, muss sich professioneller und digitaler denn je aufstellen. Kurzum, wir befinden uns inmitten eines Modernisierungs- und Qualitätsschubs.

Ist persönliche Beratung für die jüngeren Generationen angesichts ihrer Begeisterung für alles Digitale überhaupt noch wichtig? Oder wird Risikoschutz künftig überwiegend online abgeschlossen?

Die persönliche Versicherungsberatung wird für jüngere Generationen weiter wichtig sein – davon bin ich überzeugt. Nicht zuletzt, weil viele Experten die Generation Alpha, also die Menschen, die nach 2010 geboren sind, als sehr sicherheitsbewusst einschätzen. Hinzu kommt, dass gerade bei komplexen personenbezogenen Versicherungsprodukten, etwa einer privaten Kranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherung, eine Beratung, sei es face to face, digital oder hybrid, durch einen kompetenten Versicherungsvermittler meiner Ansicht nach zwingend notwendig ist.

Welchen Stellenwert nehmen denn Vermittler angesichts dieses Szenarios ein?

Einen großen, denn Versicherungen brauchen Vertrauen. Und das bieten Vermittler mit ihrer persönlichen Beratung und ihrer Expertise. Die meisten Menschen werden ja morgens nicht wach und denken sich: Heute schließe ich eine Versicherung ab. Es sind also die Vermittler, die aktiv auf die Kunden zugehen und die den Anstoß geben, dass sich die Kunden mit existenziellen Risiken beschäftigen. Gleichzeitig beobachten wir, dass die Kunden sich immer besser informieren, etwa über das Internet. Das bedeutet für die Vermittler, dass von ihnen ein hohes Anforderungsprofil an Wissen, an Qualität, an Expertise und natürlich auch an Empathie gefordert wird. Wenn man das alles miteinander in Einklang bringt, dann wird man als Vermittler auch in Zukunft im Vertrieb erfolgreich sein.

Was bedeutet dieses Szenario für die Continentale Versicherung? Wie bereitet sie sich vor?

Der persönliche Kontakt mit dem Kunden durch unsere Vertriebspartner ist ein entscheidender Teil unserer Philosophie. Deshalb setzen wir seit Jahrzehnten auf professionelle Beratung, sowohl beim ungebundenen als auch beim gebundenen Vertrieb. Wir arbeiten sehr erfolgreich mit unabhängigen Vertriebspartnern, etwa Maklern, Mehrfachagenten und Vertriebsgesellschaften, zusammen. Gleichzeitig haben wir starke Ausschließlichkeitsvertreter, die als selbstständige Unternehmer tätig sind. Beide Vertriebswege agieren mit unterschiedlichen Schwerpunkten am Markt und bieten uns die Möglichkeit, uns auf mehreren Standbeinen aufzustellen.

Ein wichtiger Part sind hier die Prozesse und die Schnittstellen zu unseren Vermittlern, zu unseren Kunden, aber auch zwischen Vermittlern und Kunden. Hier legen wir ein großes Augenmerk darauf, wie wir die Prozesse zu unseren Vertriebspartnern bestmöglich gestalten können. Und zwar so, dass wir deren Geschäftsmodell unmittelbar unterstützen.

Diese zunehmende Komplexität von Versicherungsprodukten erfordert wiederum Weiterbildung und Schulung der Vertriebspartner. Wie investiert die Continentale in die Aus- und Weiterbildung der Vertriebspartner?

Unsere Vertriebspartner sind unsere wichtigsten Kunden. Wir bieten regelmäßige Schulungen an und kommen regelmäßig vor Ort mit ihnen zusammen, um in den persönlichen Austausch zu gehen und so gemeinsam noch erfolgreicher zu werden. Unsere Vertriebspartner haben darüber hinaus bundesweit persönliche Ansprechpartner, die sie fachlich unterstützen.

Die Spezialisierung und die Anbindung an größere Einheiten haben den Versicherungsmaklermarkt in den vergangenen Jahren strukturell verändert. Wie passt sich die Continentale an diesen Wandel an?

Große Vertriebe haben andere Ansprüche als einzelne Makler. Manche möchten einen direkten Ansprechpartner vor Ort, andere wünschen sich stattdessen eine zentrale Betreuung. Um dem gerecht zu werden, haben wir unseren Maklervertrieb vergangenes Jahr neu aufgestellt. Ganz bewusst haben wir dabei auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Makler reagiert und entsprechende Kommunikations- und Betreuungswege geschaffen. Mit fünf Maklerdirektionen fokussieren wir uns auf die Flächenmakler und Pools in den Regionen. Die persönliche Betreuung vor Ort ist weiterhin ein wichtiger Bestandteil unserer Vertriebsstrategie. Für die Betreuung größerer Maklervertriebe haben wir zusätzlich zwei Sondervertriebseinheiten gegründet. Weitere Serviceeinheiten runden das erfolgreiche Konzept ab.

Wie sieht es im Vergleich dazu in der Ausschließlichkeit aus?

Mit unserer Ausschließlichkeit setzen wir seit fast 30 Jahren ein Vertriebskonzept um, bei dem der Vermittler selbstständiger Unternehmer und gleichberechtigter Partner ist. Das heißt konkret: Es gibt keine vorgegebenen Geschäftspläne und Zielvorgaben. Unsere Agenturinhaberinnen und -inhaber gestalten ihr Unternehmen, ihre Schwerpunkte, ihre Zielgruppen und damit ihr persönliches Geschäftsmodell so, wie es am besten zu ihnen passt und wie sie am erfolgreichsten sind.

Wie wird das Thema Nachwuchs in den Agenturen gesehen?

Natürlich sind auch in unseren Agenturen Fachnachwuchs und Nachfolgeregelungen große Themen. Deshalb unterstützen wir sie in unterschiedlicher Weise. Etwa bei der Auswahl der Bewerber und bei der Ausbildung allgemein. Wir beteiligen uns auch an den Ausbildungskosten. Jeder Agenturinhaber kann zudem seine Gesellschaftsform frei wählen und so zum Beispiel die Voraussetzungen für eine nahtlose Nachfolgeregelung schaffen.

Was sich nicht verändert hat, ist das schlechte Image der Versicherungsbranche. Wie können Ver­sicherer dazu beitragen, es zu verbessern? Und wie wirkt die Continentale dabei konkret mit?

Ich empfinde das schlechte Image des Versicherungsvermittlers als nicht gerechtfertigt. Der weit überwiegende Teil der Vermittler macht einen tollen Job, den der Kunde auch so wahrnimmt. Das zeigen auch die Befragungen, die nicht auf das Image eines Berufsstandes, sondern auf den konkreten persönlichen Vermittler abzielen. An einen Vermittler werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Es geht schon lange nicht mehr nur um die Vermittlung von Versicherungen, sondern um eine Beratung in einem Umfeld persönlicher und gesellschaftlicher Veränderungen und um die Deckungslücken, die daraus entstehen. Als Continentale setzen wir daher auf eine umfassende Qualifizierung unserer Vertriebspartner.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 06/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Marcus Kremer, Continentale

 
Ein Interview mit
Dr. Marcus Kremer