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14. August 2024
„Wünsche kleineren Maklern Mut, ihren eigenen Weg zu gehen“

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„Wünsche kleineren Maklern Mut, ihren eigenen Weg zu gehen“

„Wünsche kleineren Maklern Mut, ihren eigenen Weg zu gehen“

Der demografische Wandel macht sich auch bei Maklerhäusern an vielen Stellen bemerkbar. Wie blickt eine Unternehmerin, die selbst bereits die Nachfolge im Familienunternehmen angetreten hat, auf diese unterschiedlichen Herausforderungen?

Welche Ansätze halten Sie für wirksam, um Mitarbeitende in der Versicherungsbranche zu motivieren und ihre Leistungs­bereitschaft zu steigern?

Mein Team und ich beobachten, dass viele Versicherer die Entscheidungsbefugnisse ihrer Mitarbeitenden beschränken. Das führt zu großer Unzufriedenheit. Dahinter mögen Gedanken der Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung stehen. Wir glauben, dass dieses Vorgehen die Qualität der Zusammenarbeit und auch die Ergebnisse für unsere gemeinsamen Mandanten verschlechtert.

Unserer Erfahrung nach möchten Menschen jedoch Verantwortung übernehmen, da dies neben der Gefahr zu scheitern vor allem mit positiven Emotionen assoziiert wird. Unser Team zieht seine Motivation aus den herausfordernden Mandaten und dem wertschätzenden Umgang mit den Persönlich­keiten, die hinter den Mandaten stehen. Sie übernehmen gerne die Verantwortung, da sie sich mit unseren Mandanten und unserem Unternehmen identifizieren und für die von ihnen erzielten Ergebnisse unmittelbar Anerkennung erhalten. Vertrauen, Verantwortungsübertragung und Wertschätzung stehen somit an erster Stelle.

In welchem Maße kann KI helfen, die Herausforderungen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels zumindest abzumildern?

KI wird ein weiteres Instrument zur Abmilderung des Fachkräftemangels sein. Diese kann bei Versicherern u. a. in der Antragstellung von Versicherungstarifen, der Regulierung von Kleinschäden sowie der Risikobewertung zum Einsatz kommen. Bereits heute gibt es Versicherer, die Schäden aus den Sparten Tierkranken- und Rechtsschutzversicherung mithilfe von KI regulieren.

Welche Möglichkeiten sehen Sie im Bereich Migration bzw. Einwanderung von Fachkräften?

Ohne die Einwanderung von Fachkräften werden wir unseren Wohlstand und unsere Stellung in der Welt nicht sichern können. Die derzeitigen Bedingungen dürften vor allem vielen hochqualifizierten Fachkräften aus dem Ausland als nicht attraktiv erscheinen. Mit den höchsten Steuern und Abgaben, einem angespannten Wohnungsmarkt oder einer mangelhaften Betreuungsinfrastruktur für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf dürfte Deutschland alles andere als gut dastehen. Hier besteht weiterhin Handlungsbedarf.

Auch Konsolidierung ist ein großes Thema. Welche Auswirkungen hat sie auf kleine und mittlere Maklerhäuser?

Aufnehmende Maklergruppen wie HG Capital (GGW Gruppe) werben mit Prozessoptimierungen, Personalstärke und ihrem Einfluss auf den Markt. Ob die unterschied­lichen IT-Infrastrukturen der Mitgliedsunternehmen solcher Gruppen synchronisiert wurden, stelle ich infrage und an qualifizierten Fachkräften mangelt es allen Arbeit­gebern der Versicherungsbranche. Die Marktmacht mag ein Argument sein. Große Makler und Maklergruppen erhalten erfahrungsgemäß höhere Courtagen sowie Deckungen für volatile Risiken, da den Versicherern anderenfalls die Um­deckung des Gesamtbestandes der Gruppe droht. Partnerschaftliche Zusammenarbeit sieht für uns anders aus. Zum Glück gibt es noch genügend Mitarbeitende bei Versicherern, die eine ehrliche, transparente und vertrauensvolle Zusammenarbeit schätzen und auch kleineren Maklern und ihren Mandanten in schwierigen Deckungssitua­tionen mit Lösungen zur Seite stehen. Insofern wünsche ich den kleineren Maklern Mut, ihren eigenen Weg zu gehen und nicht einem Trend zu folgen.

Könnte man den demografischen Wandel noch aus weiteren Perspek­tiven betrachten?

Das Leben ist zyklisch. Auch die Wirtschaft. Vielleicht erkennt die deutsche Gesellschaft aufgrund der derzeitigen Entwicklungen, dass Disziplin und Fleiß erstrebenswerte Eigenschaften auf dem Weg zur Sicherung und dem Ausbau wirtschaftlichen Wohlstands sind. Das Leben besteht nicht nur aus Life, sondern vor allem auch aus Work. Reines Nichtstun hat zu keiner Zeit zu innerer Zufriedenheit geführt.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 08/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Stephanie Frey, Walter Frey Assekuranz-Makler

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Ein Interview mit
Stephanie Frey

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Frank Peters (… am 15. August 2024 - 16:58

was Frau Frey sagt. Insbesondere was die Themen Nachwuchs, 4 Tage Woche und die Wegnahme von Verantwortung bei den MA der Versicherer betrifft. 

Es wäre sehr zu wünschen, dass der GDV und die Versicherer sich diesen wertvollen Kommentar von Frau Frey zu Herzen nehmen würden.