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28. November 2023
„Ich suchte nach einem Beruf, der einen tieferen Sinn verkörpert“

„Ich suchte nach einem Beruf, der einen tieferen Sinn verkörpert“

Der Jungmakler Award 2023 ist zu Ende – und AssCompact hat die Finalisten zu ihren Unternehmen und Ambitionen befragt. Mit ins Finale geschafft hat es Merle Sofie Stöcken von „Anthrovita“. Bei ihr wird Nachhaltigkeit ganz groß geschrieben.

Interview mit Merle Sofie Stöcken von „Anthrovita“, Finalistin beim Jungmakler Award 2023
Hi Merle, du bist schon mit 15 Jahren in das Unternehmen deiner Familie eingetreten. War es von Beginn an klar, dass du Maklerin werden möchtest?

Ja, ich bin tatsächlich bereits mit 15 Jahren im Familienunternehmen eingestiegen. Damals habe ich als Aushilfe vor allem einfachere Aufgaben übernommen, um das Team bestmöglich zu unterstützen. Der Beruf hat mir von Anfang an Freude bereitet. Doch ehrlicherweise habe ich mich während meiner Studienzeit auch in anderen Bereichen umgesehen. Zwischenzeitlich arbeitete ich beispielsweise als Lehrkraft und leistete psychologische Betreuung in einem Jugendgefängnis. Im Zuge meines Studiums der Wirtschaftspsychologie wurde mir früh bewusst, dass die Arbeit mit Menschen meine wahre Leidenschaft ist, und ich suchte nach einem Beruf, der einen tieferen Sinn verkörpert.

Bei Anthrovita bot sich mir und dem gesamten Team schnell die Gelegenheit, einen bedeutsamen Beitrag zu leisten und Veränderungen voranzutreiben. So fand ich meine Berufung in der Versicherungsbranche und bin ausgesprochen glücklich in meinem heutigen Tätigkeitsfeld. Vor allem macht es Spaß, da ich ein motivierendes und großartiges Team an meiner Seite habe.

Als Nachfolgerin zu agieren, ist doch sicher anders, als selbst zu gründen. Eher ein Vorteil oder ein Nachteil?

Ich habe höchsten Respekt vor beiden Wegen und sehe nicht, dass einer besser oder schlechter ist als der andere. Sowohl die Gründung eines neuen Unternehmens als auch die Übernahme eines bestehenden Unternehmens stellen gleichermaßen anspruchsvolle Herausforderungen dar, bieten jedoch auch immense Chancen.

Als Nachfolgerin, insbesondere innerhalb der Familie, sind emotionale Aspekte von großer Bedeutung und können den Alltag belasten, wenn man ihnen Raum gibt. Ebenso muss man bedenken, dass ein etabliertes Unternehmen bereits viele festgefahrene Prozesse hat, die nicht sofort geändert werden können. In diesem Zusammenhang war es mir vor allem wichtig, das Team von Anfang an in den Prozess einzubeziehen.

Die Nachfolge ist ein fortlaufender Prozess, bei dem man viel über sich selbst erfährt. Meiner Meinung nach sind die entscheidenden Aspekte, ohne feste Erwartungen an die Nachfolge heranzugehen und offen für neue Wege zu sein. Für mich und meine Eltern war offene Kommunikation das oberste Gut. So konnten wir Erwartungshaltungen direkt besprechen und von der Nachfolge von Anfang an profitieren.

Du hast Wirtschaftspsychologie studiert. Inwiefern hilft dir das bei deinem Job?

Mein Studium war in zwei Bereiche unterteilt: Wirtschaft und Psychologie. Der wirtschaftliche Teil hat mir zweifellos bei der Unternehmensführung sowie in Fragen wie Finanzplanung und Skalierung geholfen. Dennoch bin ich davon überzeugt, dass der psychologische Aspekt für mich persönlich von größerem Nutzen ist. Dank der psychologischen Perspektiven behalte ich stets den Menschen im Blick und überdenke viele Entscheidungen gründlicher als andere. Insbesondere im Hinblick auf das Team bei Anthrovita ermöglicht mir diese Sichtweise, Situationen empathischer zu bewältigen. Wir haben eine sehr gute Teamdynamik, welche unser Leistungsvermögen auf natürliche Weise fördert.

Nachhaltigkeit ist dein Steckenpferd bei Anthrovita. Wie leistet dein Unternehmen hier seinen Beitrag?

Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass wir kontinuierlich alle Aspekte unseres Geschäftsalltags überdenken und nach ressourcenschonenderen und ethisch vertretbaren Alternativen suchen. In unserer täglichen Arbeit bedeutet das, dass wir unsere Entscheidungen sorgfältig abwägen und anpassen. Für uns steht Nachhaltigkeit eng im Zusammenhang mit Transparenz. Wir versuchen, unser Handeln so transparent wie möglich darzulegen. Unsere ersten Schritte bestanden darin, unseren Büroalltag zu überdenken, wobei uns ein unabhängiger Ökobeirat unterstützt. Da wir bereits in diesem Bereich recht fortschrittlich waren, erweiterten wir schnell unseren Fokus auf andere Bereiche und entwickelten unser eigenes Versicherungsprodukt.

In diesem Jahr haben wir Transparenz-PDFs über die Versicherungsunternehmen auf dem Markt für unsere Kundinnen und Kunden erstellt. Um so objektiv wie möglich zu bleiben, haben wir einen externen Studenten mit dieser Aufgabe betraut. 

Diese PDFs listen nicht nur die Versicherungsunternehmen auf, mit denen wir zusammenarbeiten, sondern auch andere. Sie enthalten gebündelte Informationen zu den bereits vorhandenen Maßnahmen der Versicherer in Bereichen wie zum Beispiel Kapitalanlage oder soziale Verantwortung. Unser Ziel ist, unsere Kundinnen und Kunden aufzuklären. Welchen Vertrag sie letztendlich abschließen, liegt in ihrem Ermessen und basiert auf ihren eigenen Einschätzungen.

Du bist hauptsächlich bei Gewerbekunden aktiv. Worauf ist hier als Makler bei nachhaltiger Absicherung denn zu achten?

Unser ursprünglicher Fokus lag vor allem auf gewerblichen Sachversicherungen. Eine ökologisch, sozial und ethisch ausgerichtete Sachversicherung achtet unserer Auffassung nach auf verschiedene Aspekte. Neben der ökologischen und ethischen Anlage der Kapitalanlagen legen wir großen Wert auf die Leistungen im Schadenfall, die ökologisch orientiert sein können. Es macht einen Unterschied, ob Kundinnen und Kunden beispielsweise verpflichtet sind, defekte Geräte zu ersetzen, oder ob sie auch bei Mehrkosten die Option auf Reparaturen oder sogar umweltfreundlichere Alternativen haben.

Selbstverständlich berücksichtigen wir bei der Auswahl von Versicherungsanbietern auch deren Bemühungen um Wandel und Nachhaltigkeit. Die Rechtsform eines Versicherers kann bereits viel über die strategische Ausrichtung des Unternehmens verraten. Neben unserem eigenen Produkt bieten wir natürlich auch je nach den Wünschen unserer Kundinnen und Kunden andere Versicherungsoptionen an. Meiner Meinung nach ist es zu vereinfachend, zu behaupten, dass sich die Versicherungswelt noch nicht verändert und deswegen ist es von größter Bedeutung, dabei höchste Transparenz zu gewährleisten und die verschiedenen Verträge und Versicherungsanbieter ausführlich darzulegen.

Was sind jetzt deine Ziele für dein Unternehmen und was brauchst du, um sie zu erreichen?

Mit Anthrovita verfolgen wir das Ziel eines gesunden und nachhaltigen Wachstums, wobei wir uns und unserem Team ausreichend Zeit für die Anpassung an Veränderungen geben möchten. Neben den wirtschaftlichen Zielen, wie dem Aufbau eines Teams von etwa 25 bis 30 Personen in den nächsten fünf bis zehn Jahren (aktuell sind es etwa 15) und einem kontinuierlichen Wachstum von etwa 10 bis 15% streben wir an, unserer wachsender Verantwortung gegenüber der Umwelt gerecht zu werden und aktiv zurückzugeben. Wir beabsichtigen die Gründung einer Stiftung, da wir bereits mehrfach im Jahr spenden. Dieses Projekt liegt mir besonders am Herzen, und ich hoffe, dass wir zeitnah diesen Schritt umsetzen können. Zudem planen wir die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz und haben einige weitere spannende Projekte und Partnerschaften in Aussicht. Für uns steht im Fokus, Ziele anzustreben und zu setzen, sofern sie uns Freude bereiten, ohne uns dazu zu zwingen. Selbstverständlich müssen wir auch in Zukunft wirtschaftlich denken. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, und meine Erfahrung bestätigt dies, dass dies oft im Einklang mit unserer Freude an den Zielen von selbst geschieht.

Ein finaler Tipp für die nächsten Jungmakler?

Bleibt authentisch und verstellt euch nicht. Ich bin der Überzeugung, dass der Jungmakler-Award eine hervorragende Gelegenheit bietet, das eigene Unternehmen ehrlich zu reflektieren. In den Gesprächen mit anderen Jungmaklern können wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden. Zudem ist es ratsam, offen für konstruktive Kritik zu sein, da diese den entscheidenden Impuls für die nächste große Idee liefern kann. Die Möglichkeit, die anderen Jungmakler kennenzulernen und sich auszutauschen, war für mich äußerst bereichernd. Es ist inspirierend zu erleben, dass motivierte junge Fachleute in dieser Branche agieren!

Aber der wichtigste Ratschlag, den ich geben kann: Freut euch auf die Erfahrung!