Welche Chancen bietet dieses Beratungsfeld?
Ich glaube, dass man nicht mit Worthülsen arbeiten darf, sondern als Anbieter nachhaltiger Produkte genau beschreiben muss, welche tatsächliche soziale oder ökologische Wirkung das jeweilige Produkt hat. Nur mit Ausschlusskriterien von negativen Branchen gewinnt man heute keinen Markt mehr. Eine ehrliche Darstellung, was womit und wie bewirkt wird, würde Menschen wieder mehr begeistern. Ich glaube auch, dass man damit gerade junge Maklerinnen und Makler sehr begeistern kann.
Die Nachhaltigkeitsqualität eines Vorsorgeprodukts ist schwer zu fassen. Schnell sehen sich Anbieter mit dem Vorwurf „Greenwashing“ konfrontiert. Wobei sollte man als Vermittler aufpassen?
Menschen erwarten heute, dass Nachhaltigkeitsbeschreibungen von Finanzprodukten nicht mit den typischen Floskeln versehen werden. Mit solchen Floskeln sind sie genauso austauschbar wie nach vielen anderen Kriterien. Es gilt mehr denn je zu prüfen, wie ein Vorstand, eine Geschäftsführung usw. sich zu diesem Thema äußert und zu diesem Thema steht. Was tut das Unternehmen an sich für die eigene Reduzierung der CO2-Emissionen – außer möglicherweise nur Zertifikate zu kaufen? Was wird wie aktiv an weiteren Maßnahmen im sozialen und ökologischen Kontext umgesetzt? Hier empfiehlt sich ein Blick in die Nachhaltigkeitsberichte der Häuser. Nur die Regulatorik zu erfüllen und vielleicht Marktanteile mit einer nachhaltigen Produktlinie in einem interessanten Markt zu generieren, wird Produktanbietern langfristig nicht wirklich helfen. Wir sprechen mit den Verantwortlichen von Produktanbietern und hören genau hin. Wir lesen sehr aufmerksam und beobachten die Häuser. Nach gut 13 Jahren Erfahrung mit unserer Spezialisierung auf Nachhaltigkeit haben wir ein ganz gutes Gespür dafür entwickelt, wer es ernst meint. Hierfür gibt es viele Kriterien wie zum Beispiel den Vergleich des Nachhaltigkeitsberichtes des Unternehmens mit anderen Versicherern, die Produktbeschreibungen, Umfang und Tiefe der beschriebenen Nachhaltigkeitskriterien usw. Das kann gerne auch bis hin zur verwendeten Papierart und weiteren Marketingartikeln gehen.
Welche Bedeutung messen Sie der Transparenz und Nachverfolgbarkeit von Nachhaltigkeitskriterien in Versicherungsprodukten bei?
Ich finde, dass dies die wesentlichen Merkmale für die Qualität der Nachhaltigkeit darstellen. Gerade die Nachverfolgbarkeit, sprich die ehrliche Beschreibung, macht einen Versicherer glaubwürdig. Maklerinnen und Makler wollen wissen, was hier wirklich beim Versicherer passiert: Wie laufen die Prozesse in Sachen Nachhaltigkeit im Unternehmen ab, wie wird Nachhaltigkeit verstanden und konkret umgesetzt, wie wird tatsächlich angelegt und welche echte Wirkung wird damit erzielt, wo unterscheidet sich dieses Produkt eindeutig in Sachen Nachhaltigkeit von Wettbewerbsprodukten etc.
Dabei spielen dann auch die Produktgeber eine entscheidende Rolle. Fühlen Sie sich von den Versicherern ausreichend unterstützt?
Ich erlebe es so, dass Nachhaltigkeit bei vielen Häusern als Thema vorhanden ist. In der Kommunikation vermisse ich aber ein Know-how zu diesem Thema. Das erlebe ich im Austausch mit Versicherern eher selten. Die Fokussierung liegt meist auf anderen Produkteigenschaften, was oft auch sinnig ist. Beispiel Berufsunfähigkeitsversicherung (BU): Hier ist die Qualität der BU-Kriterien für Kunden in meinen Augen der entscheidende Punkt, nicht die Nachhaltigkeit – sie ist dort ein gutes Randthema. Aber bei Versicherungsprodukten wie zum Beispiel Altersvorsorgeprodukten könnten Versicherer viel besser punkten, wenn sie ihre Anstrengungen in Sachen Nachhaltigkeit konkreter, transparenter und wirkungsorientierter erklären würden.
Wo sehen Sie darin weiteren Handlungsbedarf? Was muss unbedingt besser werden?
Ganz klar die Beschreibung der Wirkungsorientierung der nachhaltigen Versicherungsprodukte. Nach dem Motto: „Welche praktische, soziale oder ökologische Wirkung erlebt mein Kunde, wenn er dieses nachhaltige Versicherungsprodukt bei mir kauft?“ Diese Beschreibungen und die entsprechende Kommunikation mit Maklerinnen und Maklern sollte deutlich verbessert werden. Der zusätzliche Sinn, der für Menschen erlebbar gemacht werden muss, ist der springende Punkt. Es gibt zum Glück einige Häuser, denen dies heute schon gelingt.
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Bild: © Gottfried Baer, MehrWert GmbH bzw. Summit Art Creations – stock.adobe.com
Seite 1 „Die Zielgruppe ‚junge Menschen‘ ist für das Thema Nachhaltigkeit offen“
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