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7. Juni 2024
„Conversational AI kann zwei der größten Probleme beheben“

„Conversational AI kann zwei der größten Probleme beheben“

Muffintech bietet KI-Lösungen für die Assekuranz. Mit seinem Angebot will das Start-up gerade auch Versicherungsmakler beim Kundenservice und dem Vertrieb unterstützen und dazu beitragen, dass Unternehmen das Potenzial ihrer Mitarbeiter voll ausschöpfen können.

Interview mit Simon Moser, CEO und Co-Founder von muffintech
Herr Moser, gegründet haben Sie muffintech als „volldigitalen, chatbasierten Versicherungsmakler“, inzwischen haben Sie Ihren Fokus aber verlagert. Wie würden Sie die Entwicklung Ihres Unternehmens beschreiben?

Wie bei vielen Start-ups läuft nicht immer alles wie geplant – so auch bei uns. Gestartet sind wir als Versicherungsmakler und haben Endkunden über WhatsApp beraten. Das kam insbesondere bei der Generation Z, bei Millenials und Expats sehr gut an. Allerdings ist ein persönlicher Kundenchat auch kein sehr skalierbares Geschäftsmodell, weshalb wir unsere Conversational AI zunächst für uns selbst entwickelten, um Teile der Beratung zu automatisieren.

Als dann im Frühjahr 2023 die große GenAI-Welle nach Europa schwappte, hatten wir ein fertiges Modell, das auch schon ausführlich an Endkunden getestet war. Dafür bekamen wir nun Anfragen von anderen Akteuren aus der Versicherungsbranche, die unsere KI gerne für sich nutzen wollten. Mittlerweile sind wir reiner Softwareanbieter und haben unsere Maklerlizenzen abgegeben.

Wie sieht das Geschäftsmodell von muffintech heute denn also konkret aus?

Wir stellen unsere Lösung in Form von KI-Chatbots an unsere Kunden zur Verfügung. Die Chatbots können sowohl intern von Mitarbeitern oder Vermittlern als Copilot genutzt werden als auch extern von Endkunden – je nach Use Case.

Was umfasst Ihr Portfolio für Pools und einzelne Maklerhäuser?

Sinnvoll ist es, zunächst mit dem Use Case internes Wissensmanagement zu starten. Hier wird unsere auf Versicherungswissen vortrainierte KI mit internem Wissen wie FAQ, Beratungsleitfäden, AVB und Informations- und Produktblättern angereichert und den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Sie können hier z. B. Fragen zu Policen stellen, sich Texte zusammenfassen oder E-Mails vorformulieren lassen – quasi ein ChatGPT für Versicherungswissen.

Für Vermittler ist auch insbesondere der Bereich Leadgenerierung und -qualifizierung spannend. Hier kann unser Bot auf Webseiten platziert werden und Kundenfragen rund um Versicherungsprodukte und persönliche Bedürfnisse beantworten. Auch eine DIN-konforme Bedarfsermittlung ist möglich.

Darüber hinaus ist auch der Bereich Bestandsservice interessant. Hier können einfache Kundenanfragen wie Adress- oder Kontodatenänderungen oder auch Schadenmeldungen über den Bot geregelt werden.

Wer zählt zu Ihrem Kundenstamm?

Neben Versicherern zählen auch große Maklerpools wie SDV und [pma:] oder bekannte Makler wie Bastian Kunkel von Versicherungen mit Kopf bzw. Hava Misimi von Femance Finanzen zu unserem Kundenstamm.

Worin sehen Sie denn die größten Mehrwerte von generativer KI für den Versicherungsvertrieb?

Aus meiner Sicht kann Conversational AI zwei der größten Probleme der Branche beheben: den Fachkräftemangel und abfließendes Wissen.

Können Sie uns das an einem konkreten Beispiel veranschaulichen?

Wie wir alle wissen, wird in den nächsten zehn Jahren ein Großteil von Vermittlern und Versicherungs­angestellten in den Ruhestand gehen. Das Problem daran ist nicht nur, dass dadurch enormes Wissen aus der Branche abfließt, das oft nicht dokumentiert ist, sondern auch, dass es an Nachwuchs fehlt. Bei beidem kann GenAI helfen.

Nehmen wir den Use Case Wissensmanagement. Dadurch, dass die AI kein statisches Modell ist, sondern durch die Mitarbeiter die ganze Zeit weiter trainiert und mit Wissen angereichert wird, lebt das Wissen von ihnen in der AI weiter. Und dadurch, dass die AI bei alltäglichen Aufgaben wie Informationssuche, Angebotserstellungen, Schadenmeldungen etc. unterstützt, wird die Arbeit der Vermittler und Versicherungsangestellten effizienter. Dadurch werden langfristig weniger Mit­arbeiter gebraucht.

Und was sind derzeit noch die größten Hürden beim Einsatz von KI im Versicherungsvertrieb? Datenschutz?

Datenschutz ist mit Sicherheit eine Hürde, aber eine, bei der wir proaktiv unterstützen und die mit Sicherheit lösbar ist. Eine andere Hürde, die wir sehen, sind allgemein schlecht aufbereitete Daten und Prozesse. Denn bei KI gilt dasselbe wie bei vielen anderen Bereichen auch: Mist rein, Mist raus.

Nun sind manche Maklerunternehmen noch sehr zögerlich bei dem Thema. Was empfehlen Sie denn zum Einstieg?

Ich empfehle, mit einem kleinen Use Case oder einem kleinen Teilbereich zu starten, um den Einsatz von KI zu erproben. So minimiert man nicht nur das Risiko, sondern kann sich auch langsam an den Einsatz von künstlicher Intelligenz gewöhnen und dann langsam auf andere Geschäftsbereiche ausrollen, ohne das Tagesgeschäft zu stark zu beeinflussen.

Wie nehmen Sie denn generell den Umgang mit neuer Technologie im Versicherungsvertrieb bzw. konkret bei Vermittlern wahr?

Vermittler gelten in der Techbranche nicht unbedingt als die Kunden mit der höchsten Zahlungsbereitschaft. Aber wir sehen auch, dass insbesondere jüngere und innovative Vermittler die großen Chancen von Technologie und insbesondere auch KI sehen und ihre Prozesse von Anfang an daran anpassen – wie man bei Vermittlern wie Bastian Kunkel oder Hava Missimi sieht, auch mit Erfolg.

Conversational AI

Bei Conversational AI, auch bekannt als Conversational Artificial Intelligence, sprachgesteuerte KI oder konversationelle KI, handelt sich um einen Bereich der künstlichen Intelligenz. Conversational AI ermöglicht menschenähnliche Gespräche zwischen Computer und Mensch. Dabei kommen Technologien wie die natürliche Sprachverarbeitung (Natural Language Processing, kurz NLP) und maschinelles Lernen zum Einsatz. Conversational AI simuliert Interaktionen und antwortet auf menschliche Sprache. Sie wird zum Beispiel in Chatbots, Voicebots oder für virtuelle Berater genutzt. Mit dem Einsatz der Technologie soll die Kommunikation zwischen Mensch und Computer verbessert werden.

Die Begriffe Conversational AI und Chatbot werden in einigen Fällen synonym verwendet. Es gibt jedoch wichtige Unterschiede. Chatbots können auf KI aufbauen, müssen es aber nicht. Anders als KI-Chatbots arbeiten regelbasierte Chatbots auf der Grundlage programmierter Regeln.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 06/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Simon Moser, muffintech

 
Ein Interview mit
Simon Moser