Ein US-amerikanischer Pensionsfonds hat laut BFH nur dann einen Anspruch auf Erstattung von Abzugsteuer (Kapitalertragsteuer/Solidaritätszuschlag) gemäß § 50d Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wenn er nach Maßgabe nationalen Steuerrechts Gläubiger der Kapitalerträge ist und die Abzugsteuer „einbehalten und abgeführt“ worden ist.
Gläubiger der Kapitalerträge ist dabei die Person, die die Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, also die Person, der die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses oder des Zuflusses der Dividendenkompensationszahlung nach § 39 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) wirtschaftlich zuzurechnen sind.
Wirtschaftliches Eigentum über die Anteile wird bei sogenannten Cum-Ex-Geschäften mit Aktien allerdings nicht erworben, wenn der Erwerb der Aktien Teil eines modellhaft aufgelegten Gesamtvertragskonzepts ist, nach dem der Erwerber die wesentlichen mit einem Aktienerwerb verbundenen Rechte weder ausüben kann noch soll, sondern er vielmehr nur die Funktion hat, seine Rechtsform in den Geschäftsablauf einzubringen und lediglich als „passiver Teilnehmer“ („Transaktionsvehikel“) im Geschäftsablauf anzusehen ist. Ob sich die maßgebenden Transaktionen „außerbörslich“ (Erwerb von sogenannten Single Stock Futures mit nachfolgender Abwicklung über die Eurex Clearing AG) oder „börslich“ (im Rahmen sogenannter Schlussauktionen) abgespielt haben, ist laut BFH ohne Bedeutung.
Die Stellung als wirtschaftlicher Eigentümer einer Aktie kann dem BFH zufolge nur einnehmen, wer den Aktieninhaber zugleich von den wesentlichen Rechten (Dividendenbezug, Stimmrecht) ausschließt („Alternativität“). Diese Position gegenüber dem Aktieninhaber könne allein durch eine rechtlich gesicherte Erwerbsaussicht und einen (wirtschaftlichen) Dividendenbezug nicht vermittelt werden (auch wenn frühere BFH-Rechtsprechung in diesem Sinne verstanden wurde); und auch nicht durch Teilnahme an einer „Gesamtvertragskonzeption“, die geradezu ausschließe, dass diese Person die wesentlichen Rechte der Aktieninhaberschaft einnehmen und das finanzielle Risiko der Transaktionen tragen solle.
Der BGH hat für ähnlich gelagerte Strukturen (dort auf der Grundlage einer Feststellung, dass eine sogenannte Leerverkaufssituation vorlag) bereits auf eine strafbare Steuerhinterziehung erkannt.
BFH, Urteil vom 02.02.2022 – I R 22/20
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