Olaf Scholz strebt im September die Kanzlerschaft an. Das ist aber nicht der Grund, warum er in der jüngsten Ausgabe ARD-Talkshow Anne Will den Unmut der Versicherungswirtschaft auf sich zog. Im Rahmen einer allgemeinen Diskussion um mehr Transparenz und fragwürdige Maskendeals von Unionspolitikern fordert er, dass „sehr harte Regeln“ eingeführt werden müssen, um der politischen Einflussnahme durch Lobbyisten entgegenzuwirken.
Provisionsdeckel-Gegner am Pranger
Scholz startete dabei einen Frontalangriff auf die Versicherungsbranche, indem er in diesem Kontext das Ringen um den Provisionsdeckel für die Vermittlung von Lebensversicherungen in den Ring warf. „Da sitzen Leute im Bundestag, die wissen, warum sie das bekämpfen. Nicht aus allgemeinen Erwägungen, sondern sie schätzen die Leute, die die Provisionen kassieren, um es mal höflich zu sagen“, feuerte Scholz gegen die Lobbyarbeit der Versicherer und Vertriebe gegen den Provisionsdeckel.
Nur zurückgestellt, nicht aufgehoben
Dieser Giftpfeil ging nicht nur an die Versicherungswirtschaft, sondern eindeutig auch in Richtung des Koalitionspartners CDU/CSU. Das Vorhaben des Provisionsdeckels scheiterte schließlich wesentlich am Widerstand der Union. Olaf Scholz sieht hingegen nach wie vor einen Handlungsbedarf bei den Provisionsregelungen, um „mögliche Fehlanreize durch überhöhte Provisionen zu vermeiden“. Entsprechend ist auf der Website des von ihm geführten Bunsesfinanzministeriums auch nur davon zu lesen, dass man die Regelungen hinsichtlich der Lebensversicherung „zunächst zurückgestellt“ habe. Aufgehoben sei das Vorhaben hingegen nicht.
Diskreditierung eines ganzen Berufsstands
Beim AfW Bundesverband Finanzdienstleistung sorgten Scholz’ Aussagen für großen Unmut. „Scholz zieht gegenüber Bundestagsabgeordneten, die sich gegen ein verfassungswidriges Gesetz positioniert haben, Parallelen zur Maskenaffäre. Das ist an sich schon ein Unding“, so Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW, in einem offiziellen Statement. „Er bringt dann unmissverständlich zum Ausdruck, dass er VersicherungsvermittlerInnen und ihre Arbeit nicht schätzt. Damit diskreditiert er vor über drei Millionen FernsehzuschauerInnen einen ganzen Berufsstand, der gerade auch in der derzeitigen Wirtschaftskrise von hoher sozialpolitischer Bedeutung ist.“ Der AfW kritisiere diese polemischen und populistischen Äußerungen des Bundesfinanzministers auf das Schärfste. (mh)
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Bild: © Bundesministerium der Finanzen / Photothek / Thomas Koehler
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Leserkommentare
Comments
... schnell mal die Welt retten...
Der gute Olaf. Kanzlerkandidat der drittgrößten Partei, bester aller Chefs der Chefaufseher BAFIN, der uns ressortübergreifend schnell mal 10 Mio. zusätzliche Impfdosen besorgt (hat) - und jetzt auch noch ein Frontalangriff auf einen ganzen Berufsstand (wobei er in der Sache gar nicht mal so unrecht hat, aber der Ton macht die Musik). Wo kriegt man das Zeug, das man rauchen kann wenn das eigene Ego mal wieder einen Schub braucht?
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