„Die Branche hat gute Sensoren und sie wird sie nutzen“
<p class="frage"><b>Herr Romba, das KAGB ist 2014 das dominierende Thema der Sachwertebranche gewesen. Wie fällt Ende 2014 das Zwischenfazit des bsi aus?</b></p>
<p>Das vergangene Jahr war tatsächlich bestimmt von der Umsetzung des KAGB in die unternehmerische Praxis – und das war ein durchaus zähes ­Unterfangen. Viele Unternehmen ­haben zuerst die Erteilung der KVG-Zulassung in Angriff genommen, ­bevor sie die Zulassung für einzelne Produkte beantragt haben. Allerdings haben die Zulassungsverfahren für Kapitalverwaltungsgesellschaften oft deutlich länger gedauert als erwartet. Zum Teil haben die Häuser mehr als 48 Wochen auf einen Bescheid von der Aufsicht gewartet.</p>
<p>Parallel war auch die Finanzaufsicht gefordert. Die Behörde hat mit der praktischen Umsetzung des KAGB Neuland betreten. Auch dort mussten sich viele Prozesse erst einspielen, was insbesondere bei der Interaktion der Anbieter mit den einzelnen Referaten der Aufsicht spürbar geworden ist.</p>
<p>Hinzu kamen zahlreiche Auslegungs­fragen, die erst im Laufe des Jahres ­geklärt werden konnten. Insgesamt aber gehen wir zuversichtlich ins Jahr 2015. Nachdem die meisten Anbieter ihre ­Zulassung inzwischen erhalten haben, wird es 2015 endlich wieder mehr um neue Produkte gehen.</p>
<p class="frage"><b>Stehen von gesetzgeberischer Seite neue Herausforderungen für Anbieter und Vermittler geschlossener Fonds beziehungsweise alternativer Investmentfonds an?</b></p>
<p>Einen weiteren Schritt hat der Gesetzgeber ja bereits mit dem Kleinanlegerschutzgesetz gemacht. Auch wenn man geteilter Auffassung sein kann, ob ausgerechnet die bürokratische ­Ausweitung des Vermögensanlagengesetzes der richtige Weg ist, ist es im Grundsatz richtig, wenn immer mehr Produkte in den regulierten Bereich hineingenommen werden.</p>
<p>Im Hinblick auf die konsequente Umsetzung des KAGB wird der Gesetzgeber 2015 noch nachlegen müssen. Bislang fehlt ein an die Regulierung angepasstes Investmentsteuerrecht. Und auch die ­Anlageverordnung bildet die neue ­regulierte Welt noch nicht ab. Hier sollte es zügig vorangehen, damit einerseits Rechtssicherheit erreicht wird und andererseits die Profi-Investoren nicht von Produktalternativen abgeschnitten werden, die im aktuellen Zinsumfeld immer wichtiger werden, damit etwa Garantiezinsen überhaupt erwirtschaftet werden können.</p>
<p class="frage"><b>Einige Verbandsmitglieder haben die langen Bearbeitungszeiten der BaFin bei Genehmigungen neuer Investments kritisiert. Hat sich das mittlerweile gebessert?</b></p>
<p>Es scheint tatsächlich bis zu einem gewissen Grad vom ­zuständigen Referat abzuhängen. Wir hören aus dem Mitgliederkreis einerseits von sehr zügigen Verfahren und andererseits von langwierigen. Insgesamt haben wir aber schon den Eindruck, dass sich vieles einspielt. Wir sind gewissermaßen auf dem Weg der Besserung.</p>
<p class="frage"><b>Bei welchen Punkten gibt es in Sachen Regulierung noch Nachholbedarf?</b></p>
<p>Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass die Bundesregierung ihr Ziel, alle Player und alle Produkte des Finanzmarktes einer Regulierung zu unterziehen, noch nicht erreicht hat. ­Allein die geschlossenen Investmentvermögen unter das KAGB und damit auf ein einheitliches Niveau mit offenen ­Immobilienfonds sowie Wertpapier- und Aktienfonds zu ­bringen, reicht dafür nicht. Wir sehen immer wieder Angebote, die vor allem dem Vertrieb gegenüber damit werben, dass sie ganz ohne ­Beratungsdokumentation und §34f ­auskommen. Und auch auf der ­Produktseite ist wahrzunehmen, dass die weiterhin nur wenig regulierten ­Produkte Zulauf erhalten – gerade weil die regulierten Anbieter so lange warten müssen, bis sie ihre Genehmigungen ­erhalten. Auf diese Weise ist eine Wettbewerbsverzerrung eingetreten, die im Widerspruch zum eigentlichen Ziel steht: mehr Transparenz und mehr ­Anlegerschutz. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass diese Unterschiede ­verringert werden. Der Aufwand, den die Unternehmen sowohl wirtschaftlich als auch organisatorisch und finanziell gestemmt haben, um das KAGB ­umzusetzen, der soll sich auch gelohnt haben.</p>
<p class="frage"><b>Was sind Ihre Erwartungen für 2015? Kommt tatsächlich der Durchbruch bei den Neuzulassungen?</b></p>
<p>Wir erwarten, dass die Branche im ­Laufe des Jahres wieder zu einem ­lebhaften Marktgeschehen findet. Viele unserer Mitglieder arbeiten bereits an neuen Produkten, insbesondere im ­Publikumsbereich. Und auch auf ­Seiten der professionellen Investoren ist das Interesse weiterhin hoch.</p>
<p class="frage"><b>Wird sich die Marktbereinigung 2015 fortsetzen?</b></p>
<p>Die Veränderung im Markt vollzieht sich ja vor allem darüber, dass Unternehmen eine Zulassung als KVG ­beantragen – oder es eben nicht tun. Ich denke, es wird nicht mehr viele geben, die noch bis weit ins Jahr 2015 hinein warten, um diese Entscheidung zu ­treffen. ­Insofern erwarten wir eher eine ­Konsolidierung. Andererseits gibt es ­bereits erste Unternehmen, die aus dem offenen Bereich heraus nun auch ­Produkte in geschlossenen Strukturen anbieten wollen. Wenn sich diese ­Tendenz fortsetzt, könnten daraus ­interessante Perspektiven werden.</p>
<p class="frage"><b>Bleiben Immobilien auf absehbare Zeit die dominierende Kategorie?</b></p>
<p>Die Dominanz von Angeboten aus dem Immobilienbereich wird wohl noch ­eine Weile bestehen bleiben, das ist auch eine Sache der Nachfrage. Doch es gibt ein Preisniveau, oberhalb dessen sich ­eine Immobilie in einem Investment­vermögen nicht mehr rechnen kann, auch wenn der Fremdkapitaldienst ­historisch günstig ist. Aus der langen ­Geschichte der Sachwertbranche ­­heraus weiß man, dass sie veränderungsaffin ist. Die Branche hat gute Sensoren und sie wird sie nutzen. Viele Anbieter haben KVG-Zulassungen für durchschnittlich fünf Asset-Klassen beantragt. Die ­organisatorischen Möglichkeiten, um ­Produkte in anderen Märkten aufzulegen, sind also da.</p>
<p class="frage"><b>Gibt es angesichts der stark gestiegenen Mieten und Kaufpreise nicht schon eine Immobilienblase?</b></p>
<p>Natürlich beobachten wir, vor allem im Austausch mit unseren Mitgliedsunternehmen, wie sich Märkte entwickeln. Aber der bsi ist kein volkswirtschaftliches Institut. Unsere Hauptaufgabe ist die Vertretung der Interessen der Mitgliedsunternehmen gegenüber der Politik. Insofern sind wir überall dort besonders aktiv, wo es um Vorhaben des Gesetzgebers und die dadurch ausgelösten Entwicklungen geht.</p>
<p class="frage"><b>In einer aktuellen Studie wurden Versicherungen als Haupttreiber einer Marktbelebung ausgemacht. Zu Recht?</b></p>
<p>Der Anteil professioneller Investoren an den gesamten Mittelzuflüssen ist bei geschlossenen Investmentvermögen schon zwischen 2010 und 2013 von 10% auf über 40% gestiegen. Versicherungen und andere professionelle Investoren sehen schon geraume Zeit die Herausforderung, bei sehr niedrigem Zinsniveau weiterhin stabile Erträge zu erwirtschaften. Das erfordert zwangsläufig auch den Blick in die alternativen ­Bereiche. Und dort finden sie heute besonders günstige ­Bedingungen vor: Geschlossene Investmentvermögen sind sachliche, konkrete Werte, sie investieren langfristig und ­haben aufgrund ihrer unternehmerischen Prägung ein ­attraktives Rendite-Risiko-Profil. Plus: Sie sind voll reguliert und beaufsichtigt. Das macht sie zu absolut bedenkenswerten Beimischungsoptionen – und das sehen auch die professionellen Investoren.</p>
<p>Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2015, Seite 60f.</p>
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