Als im Frühjahr zahlreiche Unternehmen wie Adidas, Deichmann oder H&M ankündigten, ihre Mietzahlungen zu stunden, war die Empörung groß. Dürfen gewerbliche Mieter das überhaupt, fragten sich damals die Kommentatoren. Mittlerweile ergehen zu den Fällen aus dem Frühjahr die ersten Urteile. So geschehen in einem Fall vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main.
Mieter lässt Monatsrate ausfallen
Hier hatte die Vermieterin einer Gewerbeimmobilie gegen ihren Mieter geklagt, nachdem das Kleidungs- und Textilunternehmen im April 2020 keine Mietzahlung geleistet hatte. Bei dem Unternehmen handelt es sich um eine Einzelhandelskette, die zahlreiche Filialen in ganz Deutschland betreibt. Aufgrund der Anordnung der hessischen Landesregierung musste das Bekleidungsunternehmen die betreffende Filiale im Zuge der Corona-Pandemie für einen Monat schließen. Der dadurch entstandene Umsatzrückgang habe nach Angaben des Unternehmens zu einer Liquiditätslücke geführt, weshalb die Miete im April nicht beglichen werden konnte. Die Vermieterin forderte das Unternehmen in ihrer Klage auf, die ausstehenden Zahlungen in Höhe von 6.000 Euro zu leisten.
Einschränkung kann Mietmangel darstellen
Das LG Frankfurt am Main gab der Klage der Vermieterin statt. Zwar könnten auch Einschränkungen oder Verbote von öffentlicher Seite einen Mietmangel darstellen, jedoch müsse die Ursache für die staatliche Nutzungsuntersagung in dem Mietobjekt selbst oder seiner Beziehung zur Umwelt begründet sein. Im konkreten Fall habe es sich jedoch um eine allgemeine hoheitliche Maßnahme gehandelt, die dem Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren diene.
Einseitige Änderung nur in extremen Ausnahmefällen
Auch könne der gewerbliche Mieter im vorliegenden Fall keine Vertragsanpassung aufgrund einer Störung seiner Geschäftsgrundlage geltend machen. Es sei zwar grundsätzlich möglich, einseitige Änderungen an Mietzahlungen einzufordern, wenn unvorhersehbare Ereignisse einträfen, jedoch nur dann, wenn das zur Vermeidung eines untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnisses unabweislich erscheine. Ein derartig extremer Ausnahmefall könne nach Überzeugung des Gerichts im Vorliegenden nicht festgestellt werden.
Betrieb war nicht in seiner Existenz gefährdet
Derartige Ausnahmefälle greifen nach Überzeugung des Gerichts nur in existenziell bedeutsamen Situationen. Ein Liquiditätsengpass sei dafür nicht ausreichend. Des Weiteren müsse auch beachtet werden, dass das Unternehmen durch die Einführung von Kurzarbeit finanziell entlastet wurde und eine kurzfristige Gesetzesänderung das Unternehmen vor eine Kündigung wegen Corona-bedingter Zahlungsschwierigkeiten geschützt habe. Das Bekleidungsunternehmen kann gegen das Urteil Berufung einlegen. (tku)
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 02.11.2020, Az.: 2–15 O 23/20
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