Die gesetzliche Rentenversicherung in Deutschland hat in ihrer Bilanz für 2017 erstmals negative Vermögenserträge in Höhe von 49 Mio. Euro ausgewiesen. Anstatt Zinsen für ihre Anlagen zu bekommen, muss sie Negativzinsen zahlen. Dies geht aus einem Bericht des Handelsblattes hervor, der sich auf ein Papier aus dem Geschäftsbereich Finanzen stützt. Demzufolge ist die anhaltende Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) Schuld an dem Missstand. In einer Stellungnahme gegenüber AssCompact bezieht sich die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) auf die von ihr gebildete Nachhaltigkeitsrücklage und betont: „Die Nachhaltigkeitsrücklage, die vor allem der Abfederung von unterjährigen Schwankungen dient, wird unter Beachtung strenger gesetzlicher Vorschriften sicher und liquide auf dem Kapitalmarkt angelegt. Sie lag Ende Juni 2018 bei rund 34,3 Mrd. Euro. Dies entspricht 1,60 Monatsausgaben.“
DRV: Nachhaltigkeitsrücklage nur mit kurzer Laufzeit angelegt
Die gesetzliche Rentenversicherung ist deshalb von der Nullzinsphase in besonderem Maße betroffen, da sie nur kurzfristig und sehr konservativ anlegen kann. Um eine pünktliche Rentenauszahlung zu gewährleisten, erfolgt die Anlage der Nachhaltigkeitsrücklage daher nach eigenen Angaben überwiegend in Form von Termingeldern mit einer Laufzeit von maximal zwölf Monaten. Die DRV erklärt: „Die Kreditinstitute bieten in dem Anlagehorizont bis 12 Monate inzwischen weit überwiegend nur noch eine negative Verzinsung an. Daher ist das Zinsergebnis seit dem vergangenen Jahr insgesamt negativ.“ Auch für das laufende Jahr erwartet sie Negativzinsen in ähnlicher Höhe: „Für das Jahr 2018 bestätigt sich bisher die im Rentenversicherungsbericht 2017 mit 50 Mio. Euro angegebene Größenordnung für das Zinsergebnis.“
Auch Sozialkassen und Gesundheitsfonds betroffen
Betroffen seien laut dem Handelsblattbericht auch andere Sozialkassen, staatliche Fonds und die gesetzlichen Krankenkassen. Der Gesundheitsfonds habe demnach Negativzinsen von 4,5 Mio. Euro ausweisen müssen. Peter Schwark, Altersvorsorgeexperte und Mitglied der GDV-Geschäftsführung, sieht in den nun konkret vorliegenden Zahlen ein Alarmzeichen für die Alterversorgung und spricht gleichzeitig ein Lob für die Lebensversicherung aus: „Die Zahlen zeigen zum einen, welch schädliche Wirkung die Niedrigzinspolitik auf die Altersversorgung der Bürger hat. Zum anderen belegen sie aber auch, welche erhebliche Leistung die Lebensversicherer für ihre Kunden erbringen, in dem sie trotz der bereits jahrelangen Tiefzinsphase durch eine sehr langfristige und diversifizierte Kapitalanlage immer noch eine laufende Verzinsung von 3,3 % generieren. Inklusive realisierten Kursgewinnen wurden 2017 sogar 4,4% erwirtschaftet.“ Ein langfristiger Anlagehorizont ist der DRV allerdings nach eigenen Angaben und wie oben erwähnt nicht möglich. (tos)
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