Ein Kommentar von BVK-Vizepräsident Andreas Vollmer und Rechtsanwältin Angelika Römhild.
Zum Teil ist in der Branche zu beobachten, dass unter einem zeitgemäßen Maklerbild verstanden wird, sich vom klassischen Berufsbild zu verabschieden und nach einem neuen Maklertypus zu suchen. Dabei gilt es nicht mehr unbedingt als modern, die rechtlichen Grenzen klar einzuhalten. Vielmehr werden sie immer wieder in Grauzonen überschritten.
Selbstverständlich ist es legitim, die von Rechtsprechung und Gesetzgebung vorgegebenen Grenzen auszunutzen. Wo aber angestrebt wird, Schlupflöcher zu suchen, stellt sich die Frage nach dem nachhaltigen Nutzen einer derartigen Strategie. Denn natürlich reagiert der Gesetzgeber auf Missstände. So war es in Folge der Finanzkrise unvermeidlich, dass Regulierungsmaßnahmen ergriffen wurden. Dass in diesem Zusammenhang auch die Versicherungsvermittler immer mehr in den Fokus gerieten, hatte weniger mit echten Verfehlungen der Makler zu tun, als mit der Nähe der Versicherungen zu den Banken.
Nach den Regelungen für die Registrierung und Beratung kamen Provisionsdeckel und Verlängerung der Stornohaftungszeiten. Die aktuellsten Regulierungsmaßnahmen sind dem Umsetzungsgesetz zur IDD-Richtlinie zu entnehmen. Und hier wird nun auch der Online-Vertrieb einbezogen. Längst setzt die Branche nicht mehr nur auf die traditionellen Vertriebswege.
Das IDD-Umsetzungsgesetz
Das IDD-Umsetzungsgesetz bringt zum Beispiel Änderungen der Gewerbeordnung (GewO), des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG) sowie des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) mit sich.
Seit Inkrafttreten der neuen Regelungen sollte über folgende Punkte Einigkeit bestehen:
- Regelungen zur Erstinformation und auch zur Beratung gelten für alle Vertriebswege.
- Die IDD regelt, dass auch Betreiber von Websites, über die ein Kunde einen Versicherungsvertrag direkt oder indirekt abschließen kann, Versicherungsvermittler sind.
- Eine Bereichsausnahme für den Fernabsatz gibt es nicht mehr. Es gilt: Kein Vertrieb ohne Beratung.
- Die Vertriebstätigkeit gegenüber den Versicherungsnehmern muss in deren bestmöglichem Interesse erfolgen.
- Es dürfen keine Fehlanreize über das Mittel der Vergütung geschaffen werden.
- Das Provisionsabgabeverbot wird ausdrücklich gesetzlich normiert (Geltung seit Sommer 2017).
- Die Qualifikationsanforderungen werden erhöht.
Es wird also deutlich, dass besonderer Wert auf Transparenz und die Erfüllung der Informations- und Beratungspflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer gelegt wird. In diesem Zusammenhang soll kurz auf zwei weitere grundlegende Regelungen hingewiesen werden.
§ 11 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV)
Nach der aktuell geltenden Regelung zur statusbezogenen Erstinformation sind Vermittler verpflichtet, Kunden beim ersten geschäftlichen Kontakt verständlich und in Textform verschiedene Informationen mitzuteilen (unter anderem den gewerblichen Erlaubnisstatus). Bei Vermittlung über eine Website ist erforderlich, dass der Kunde die Belehrung über den Vermittlerstatus per Briefpost oder E-Mail erhält, auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt. In Betracht kommen mag auch ein obligatorischer Download, ohne den der Vermittlungsvorgang nicht fortgesetzt werden kann (vorbehaltlich der Regelungen der neuen Verordnung).
§ 61 VVG
Grundsätzlich besteht die Verpflichtung, den Kunden nach Wünschen und Bedürfnissen zu befragen, zu beraten, den Rat zu begründen und dies zu dokumentieren.
Im persönlichen Vertrieb kann der Kunde durch Erklärung in Schriftform auf die Beratung oder die Dokumentation verzichten. Im Fernabsatz kann der Verzicht durch eine Erklärung in Textform erfolgen. Ein Komplettverzicht wird aber wohl nicht als IDD-konform angesehen werden können. Art. 20 IDD verlangt, den Kunden in verständlicher Form die relevanten Informationen über das Versicherungsprodukt mitzuteilen, um diesem eine wohlinformierte Entscheidung zu ermöglichen.
Digitalisierung sorgt für neue Regeln
Die neuen Regulierungen zeigen, dass das Thema „Digitalisierung“ im Zusammenhang mit der Versicherungswirtschaft seitens des Gesetzgebers sehr genau beobachtet wird. Von dem einstmals sogenannten „regulatorischen Sandkasten“ im Zusammenhang mit dem Online-Vertrieb kann nicht mehr die Rede sein.
Für den BVK ist diese Entwicklung logisch. Es kann weder im Sinne der einzelnen Vermittler noch im Interesse der Versicherungsnehmer sein, die Vertriebswege in Vermittler erster und zweiter Klasse einzuteilen. Auch wenn es Makler gibt, die ihren Kunden gerne nur ein Minimum an Leistung bieten möchten, ist dies eine Auffassung vom Berufsbild des Maklers, der der BVK nicht folgen möchte. Und das nicht nur deshalb, weil Entwicklungen, die negative Konsequenzen und wirtschaftliche Risiken für die Verbraucher mit sich bringen, zwangsläufig zu weiteren Regulierungsmaßnahmen führen würden.
„Ja“ zur beruflichen Verantwortung
Der BVK versteht sich als der Berufsverband der Makler, die ihren Kunden nicht mit einer Einstellung von „weniger ist mehr“ gegenübertreten wollen und die sich – wie seitens des BGH gefordert (Urteil vom 22.5.85, IV a ZR 190/83) – als Sachwalter des Versicherungsnehmers verstehen. Diese Sachwalterstellung wurde in ständiger Rechtsprechung weiter umschrieben. So zum Beispiel seitens des BGH im Jahr 2016 (Urteil vom 14.1.2016, I ZR 107/14): „Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer gehört es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnimmt [...]“
Der BVK sieht sich mit seiner Position und seiner Ansicht zu dem Berufsbild des Maklers im Einklang mit diesen Prinzipien. Bei einem Blick auf die Entwicklungen der Branche liegt die Schlussfolgerung nahe, dass nur der kundenorientierte Makler eine Zukunft hat. Insofern dürfte es keine Unterschiede zwischen traditionellen und digitalen Vertriebswegen geben.
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