Herr Fischer, Sie haben sich auf Pferde(heil)berufe spezialisiert. Wie kam es denn dazu?
Ich bin neben meiner Tätigkeit als Versicherungsmakler seit etwa acht Jahren als selbstständiger Berater für die VEMA e. G. tätig und habe mit dem Vorstand Hermann Hübner ein gutes, kollegiales Verhältnis. Daher haben wir uns vor sechs Jahren auch einmal über die Vorteile einer Spezialisierung ausgetauscht. Ich habe seine Worte heute noch im Ohr: „Die Kollegen, die richtig erfolgreich sind, sind fast alle auf eine Zielgruppe spezialisiert.“ Als ich wieder zu Hause war, habe ich zu meiner Frau gesagt: „Der Hermann hat gemeint, ich brauche eine Zielgruppe.“ Und meine Frau antwortete: „Dann nimm doch einfach Hufpfleger – um die kümmert sich wahrscheinlich noch niemand und du hast dich bei unserer Freundin Bianca ja auch nicht so leicht getan, eine gute Deckung zu finden.“
Anfänglich war ich skeptisch, da die Umsätze pro Vertrag relativ gering sind, aber mich hat die Idee nicht losgelassen. Und nach ein wenig Marktrecherche und Verhandlung eines kleinen Deckungskonzeptes haben wir rund 130 Hufpfleger angeschrieben. Knapp 20 Hufpfleger meldeten sich daraufhin bei uns in den nächsten Wochen. Da wusste ich: Meine Frau hatte recht – ich sollte mich wirklich intensiver mit dieser Zielgruppe beschäftigen.
In welchen Berufen arbeiten Ihre Kunden konkret und welcher besondere Bedarf an Versicherungen besteht rund um die Behandlung von Pferden?
Aktuell betreuen wir rund 900 Hufpfleger, Huforthopäden, Huftechniker, Hufschmiede, Pferdephysiotherapeuten, Pferdeosteopathen und Pferdeheilpraktiker. Letztlich also all diejenigen, die Pferde behandeln und keine Tierärzte sind. Versicherungsbedarf besteht vorrangig in der Betriebshaftpflichtversicherung, aber auch hinsichtlich der Absicherung der Arbeitskraft.
Was haben Sie für diese Berufsgruppen denn dann speziell im Angebot?
Produkttechnisch haben wir inzwischen sehr gute Betriebshaftpflichtversicherungsdeckungen – auch für die Ausbildungsbetriebe –, und im Unfallbereich erfreut sich unser Reiterschutzbrief großer Beliebtheit.
Gibt es besondere Schwierigkeiten bei der Absicherung dieser Berufsgruppe?
In der Betriebshaftpflichtversicherung braucht man zum Beispiel praktische Erfahrung bzw. Kenntnis der Zielgruppe, um die genaue Tätigkeit des Pferdebehandlers korrekt zu erfassen. Und das sollte dann auch möglichst vollständig in der Police wiedergegeben werden – hier sind viele Pferdebehandler sehr kritisch. Aber auch eine gute Ausgestaltung der Klausel für Bearbeitungsschäden ist nicht bei jedem Versicherer einfach zu verhandeln.
Beim Thema Arbeitskraftabsicherung wiederum scheitert man oft an der Berufsunfähigkeitsversicherung, wegen der sehr hohen Beiträge für diese stark körperlich tätige Zielgruppe. Hier entwickeln wir oft sehr individuelle Lösungen.
Wenden Sie sich mit Produkten wie dem Reiterschutzbrief gezielt auch an Hobbyreiter?
Eigentlich haben wir den Reiterschutzbrief als Lösung für unsere Zielgruppe entwickelt. Da diese jedoch in aller Regel selbst auch Reiter sind, war es sinnvoll, den Gruppenvertrag auf alle Reiter auszudehnen. Aktuell kommen wir aber einfach nicht dazu, Hobbyreiter gezielt anzusprechen und entsprechende Prozesse zu entwickeln. Gleiches gilt auch für unsere Lösung zum Thema Satteldiebstahl. Hier schlummert noch einiges an Potenzial, welches wir eigentlich nur noch besser umsetzen müssen.
Sie haben schon erklärt, wie es zur Spezialisierung kam. Wie würden Sie genauer die Vorteile beschreiben, die eine Spezialisierung mit sich bringt?
Wenn es um den Antragsprozess und Vertragsänderungen geht, profitiert man extrem von einer homogenen Kundengruppe. Viele Vorgänge konnten wir fast komplett automatisieren und der Kunde profitiert dadurch von sehr kurzen Reaktionszeiten. Auch können wir speziellere Fragestellungen aufgrund unserer Erfahrung meist ohne Rückfragen bei den Versicherern klären.
Natürlich haben wir auch in der Akquise massive Vorteile, da wir letztlich nur in diesem Bereich echte Neukundenakquise betreiben und mit unserem Know-how punkten können. Zudem lohnt es sich bei einer gewissen Anzahl von Interessenten auch (aktuell etwa 500 pro Jahr), eigene Tarifrechner zu entwickeln und die Anträge/Vorschläge exakt auf die Zielgruppe zuzuschneiden. Außerdem können wir bei unseren Multiplikatoren wie den Ausbildungsbetrieben Mehrwerte schaffen, indem wir kostenfreie Unterlagen zu den wichtigsten Absicherungsmöglichkeiten bieten oder auch Onlineseminare, Schulungsvideos etc.
Ergeben sich aufgrund der Spezialisierung Unterschiede, was die Kundenbetreuung anbelangt?
In der Schadenbearbeitung kann man sich wesentlich besser in die Kundensituation einfühlen und bekommt mit, was für diese Zielgruppe gerade wichtig ist. Die Pferdebesitzer als Anspruchsteller reagieren oft höchst emotional und holen sich schnell anwaltliche Unterstützung. Für einen gestandenen Unternehmer, wie wir sie ansonsten zu unseren Kunden zählen, ist das sicher keine Herausforderung. Für die Pferdebehandler ist es jedoch oft der erste Fall, bei dem sie mit hohen Schadenersatzforderungen konfrontiert werden. Dementsprechend wichtiger ist dann natürlich auch unsere Begleitung des Schadenfalls.
Wie erleben Sie den Wettbewerb in diesem spezialisierten Markt?
Ich kenne keinen Kollegen, der sich so stark auf die Zielgruppe der Pferdebehandler fokussiert hat wie wir. Natürlich bieten andere Makler und Agenturen auch Versicherungen für Pferdebehandler an. Augenscheinlich aber eher als Teil eines Portfolios für Pferdehalter bzw. Reitställe. Da wir uns vertrieblich ausschließlich auf die Gewinnung von Pferdebehandlern konzentriert haben, konnten wir uns auch zu einer bekannten „Marke“ entwickeln, die es Wettbewerbern jetzt natürlich immer schwieriger macht, Fuß zu fassen.
Und wie läuft die Zusammenarbeit mit den Versicherern?
Aufgrund der relativ geringen Courtagen pro Vertrag können wir es uns natürlich nicht leisten, dass jede zweite Police reklamiert werden muss oder dass Schäden extrem langsam bearbeitet werden. Im Rahmen unseres zertifizierten Qualitätsmanagements nach DIN EN ISO 9001 zeichnen wir daher Fehler der Versicherer auf und analysieren, ob eine Zusammenarbeit wirtschaftlich sinnvoll ist. Inzwischen haben wir uns dadurch auch bereits von einigen Versicherern in diesem Bereich trennen müssen. Durch diesen Prozess läuft die Zusammenarbeit mit den Versicherern insgesamt aber immer besser.
Neben der Spezialisierung betreut Ihr Unternehmen auch Kunden, die nichts mit Pferdebehandlung zu tun haben. Wie gestaltet sich die Aufgabenverteilung intern?
Grundsätzlich ist jeder Mitarbeiter bei uns in der Lage, einen Pferdebehandler komplett vom ersten Kontakt bis zum Schadenfall zu betreuen, da wir die Prozesse automatisiert und uns eine Wissensdatenbank aufgebaut haben. Dennoch sind zwei Mitarbeiter im Antrags- und Vertragsbereich Hauptansprechpartner für die Pferdebehandler. Seit einigen Monaten haben wir das Thema Schadenmanagement auf eine Mitarbeiterin konzentriert, wobei sie auch alle Schäden der Zielgruppe bearbeitet. Der Rest des Teams ist überwiegend für unsere „normalen“ Kunden tätig, unterstützt aber auch alle Vertriebsaktionen in der Zielgruppe.
Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2017, Seite 102 f.

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