542,6 Mrd. Euro – so viel Volumen nachhaltiger Geldanlagen erfasst der diesjährige Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) für Deutschland. 89,2 Mrd. Euro wurden derweil für Österreich erhoben. Seit 2005 erscheint der Marktbericht, der die Trends nachhaltigkeitsbezogener Investitionen in den beiden Ländern untersucht.
Zentrale Erkenntnisse gibt es dieses Jahr mehrere. U. a. wurde in diesem Jahr erstmalig die Berücksichtigung von Biodiversität erfasst. Dabei zeigte sich, dass ein Drittel der befragten Finanzunternehmen derzeit Biodiversitätsrisiken in ihre Investmentprozesse integriert. Zahlreiche Studien, u. a. der OECD, warnen laut FNG-Mitteilung, dass sich der Rückgang von Biodiversität und der damit verbundenen Ökosystemleistungen negativ auf die Wertentwicklung von Finanzprodukten auswirken könne. Unter Biodiversität wird nicht nur die Vielfalt von Arten und Genen, sondern auch die Vielfalt von Ökosystemen verstanden.
Soziale Themen vermehrt im Fokus
Auch soziale Themen rücken vermehrt in den Fokus bei Finanzunternehmen, so das FNG. Bisher werde vor allem in der EU-Regulierung vorrangig das „E“ in ESG adressiert. Der diesjährige Marktbericht zeigt, dass Finanzmarktteilnehmende sich zum Teil bereits mit Sozialthemen auseinandergesetzt haben. Sie geben an, bei der nachhaltigen Kreditvergabe soziale Schwerpunkte zu setzen, wobei 54% der Befragten die Datenlage im Bereich Soziales als unzureichend bis völlig unzureichend empfinden. Dies spreche für die Entwicklung eines Social Investment Frameworks.
Sorgen vor Rechtsruck und Anti-ESG-Bewegungen
Eine Vielzahl der Befragten gab laut FNG in der aktuellen Umfrage mit Blick auf die Entwicklung nachhaltiger Geldanlagen auch politische Sorgen an. Die Befragten befürchten hauptsächlich einen möglichen Rechtsruck und Anti-ESG-Bewegungen, die eine Abkehr von nachhaltigen Geldanlagen zur Folge haben könnten. Die im Frühjahr befragten Teilnehmenden der Erhebung äußerten die Sorge, dass die Wahlen in der EU im Juni und den USA im November die politischen Mehrheiten zugunsten rechter Parteien verschieben könnten. Vor allem seien es diese Parteien, die sich als politische Anti-ESG-Bewegungen verstehen und den menschengemachten Klimawandel verleugnen.
Laut FNG-Vorstandsvorsitzendem Marian Klemm stellen diese politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen eine Herausforderung für die nachhaltige Investmentbranche dar. Dem gelte es einen aufklärenden, auf Augenhöhe angesiedelten Diskurs entgegenzusetzen, um wissenschaftliche Fakten angemessen zu vermitteln und populistischen Bewegungen sowie Desinformationskampagnen den Wind aus den Segeln zu nehmen, so Klemm.
Wachstumsprognose für nachhaltige Geldanlagen
Auf das Jahr 2024 blicken die Befragten allerdings trotz regulatorischer und politisch-gesellschaftlicher Unsicherheit positiv: 82% der Befragten erwarten demnach ein Wachstum nachhaltiger Geldanlagen für 2024. Diese positive Prognose verdeutliche das anhaltende Vertrauen in die Bedeutung und Rentabilität nachhaltiger Investments.
Weitere Trends: Fokus auf Europa und Ausschluss von Rüstungsunternehmen
Ein weiteres Ergebnis des diesjährigen FNG-Marktberichts: Rüstungsunternehmen stehen auf der Liste der Ausschlusskriterien an vorderster Stelle, gefolgt von Verstößen gegen Menschen- und Arbeitsrechte sowie fossiler Energie. Damit habe sich ein Wandel in den letzten Jahren vollzogen. Vor fünf Jahren lag der Fokus bei den Ausschlusskriterien noch auf Governance-Aspekten. Der Ausschluss von fossilen Energien rangierte im vergangenen Jahr noch auf Platz 9.
In der Erhebung zeigt sich zudem, dass deutsche Investorinnen und Investoren einen starken Fokus auf eine europäische Titelauswahl legen. Mehr als zwei Drittel (72%) machten europäische Assets in den Finanzprodukten bei den Befragten in Deutschland im Jahr 2023 aus. Dies spiegle laut FNG die geografischen Präferenzen, das Vertrauen in die europäischen Märkte, aber auch die eventuell noch unzureichende Datenabdeckung in den Emerging Markets wider.
Bild: © Yuliia – stock.adobe.com
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