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17. Juli 2022
„Ohne Beratung schließen viele Kunden keine Versicherung ab“
„Ohne Beratung schließen viele Kunden keine Versicherung ab“

„Ohne Beratung schließen viele Kunden keine Versicherung ab“

Die Stuttgarter als Maklerversicherer muss sich wie alle anderen Gedanken um die Bedürfnisse ihrer Kunden machen – und diese gehen immer mehr ins Digitale. Makler und Versicherer müssen sich darauf einstellen. Trotzdem spielt beim Abschluss einer Versicherung auch die persönliche Beratung eine Rolle.

Interview mit Ralf Berndt, Vorstand Vertrieb und Marketing der Stuttgarter Lebensversicherung a.G.
Die Stuttgarter setzt als Maklerversicherer auf die persönliche und auch individuelle Beratung. Warum glauben Sie, dass sich die Bedürfnisse der Kunden da nicht doch auch ändern werden?

Wir merken natürlich auch, dass sich die Bedürfnisse der Kunden ändern. Vielmehr ändert sich aber ihr Informationsverhalten. Viele Kunden, insbesondere junge Menschen, recherchieren heute intensiv im Internet oder informieren sich über soziale Medien. Wir reden in der Branche ja oft von hybriden Kunden. Deren Suche nach der passenden Absicherung startet in der Regel online. Was aber im nächsten Schritt auch richtig ist: Bei Abschluss einer Versicherung wird immer noch die persönliche Beratung vorgezogen. Oder anders gesagt: Ohne Beratung schließen die meisten Kunden keine Versicherung ab. Das zeigen auch aktuelle Studien aus Groß­britannien und den Niederlanden. Die Beratung erfüllt also trotz sich ändernder Bedürfnisse nach wie vor eine wichtige gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Funktion und ihre Relevanz sollte nicht unterschätzt werden.

Bleiben Sicherheit und Risikominimierung fundamentale Bedürfnisse der Menschen? Hat das die Pandemie gezeigt?

Ja, die Menschen setzen nach wie vor auf Sicherheit und Risikominimierung. Vor dem Hintergrund der Inflation geht es aber auch um die Auswahl des richtigen Vorsorgekonzepts. Man muss sich bewusst machen: Ähnlich hohe Inflationsraten wie zuletzt waren vor gut 30 Jahren zu beobachten. Das geht zulasten des Vermögens vieler Anleger und Sparer. Wir als Versicherer möchten Produkte mit einer hohen Beitragsgarantie anbieten und gleichzeitig attraktive Rendite ermöglichen. Das geht in Zeiten des anhaltenden Niedrigzinses und der Inflation am besten über fondsgebundene Produkte. Hier geht es darum, die richtige Balance zu finden. Neue Produkte der Altersversorgung basieren auf aktienorientierten Fondsanlagen und bieten dadurch die Chance auf höhere Rendite. Beitragsgarantien werden hier dann verwendet, um den weiterhin bestehenden Sicherheitsbedürfnissen der Kunden gerecht zu werden.

Ihre Geschäftszahlen geben Ihrer obigen Einschätzung recht. Auch Ihre nachhaltigen Versicherungsprodukte werden öfter verkauft. Ist Nachhaltigkeit heute tatsächlich eine Kundenanforderung oder eher ein „Wille von oben“?

Nachhaltigkeit ist zu einem wichtigen und notwen­digen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Das sehen wir auch in der Praxis: Kunden fragen immer stärker aktiv nach nachhaltigen Vorsorgeprodukten.

Aber auch die Regulatorik hält uns an, die nachhaltige Transformation der Branche voranzutreiben. Dabei sind alle Marktteilnehmenden – Anbieter wie Vermittler – gefordert, Nachhaltigkeit in ihren Geschäftsaktivitäten zu verankern. Das halten wir für richtig und wichtig und sehen darin eine große Chance für unsere Branche.

Wir beobachten also ein Zusammenspiel: Auf der einen Seite internationale, europäische und nationale Gesetzgebungen, die einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer lebenswerten Umwelt leisten. Auf der anderen Seite schaffen Verbraucher mit ihrem Bewusstsein und den damit verbundenen Anforderungen Fakten. Fakten, die wir als Anbieter sehr früh aufgegriffen haben und auch in Zukunft ernst nehmen.

Dennoch: Die nächste Generation verlangt vermutlich noch mehr Digitalisierung, mehr Schnelligkeit, stetige Verfügbarkeit. Digitale Versicherer versprechen diese Anforderungen zu erfüllen. Wie sieht es bei den traditionellen Versicherern aus?

Digitale Versicherer haben natürlich vermeintlich einen Vorsprung, da sie keine – oder keine großen – Bestände aus der Vergangenheit haben und insofern auch keine Alt-IT-Systeme modernisieren müssen. Die traditionellen Versicherer investieren derzeit aber enorme Beträge im Bereich der Digitalisierung, um heutige Kundenanforderungen zu erfüllen. Hier gibt es heute schon große Fortschritte. Ein aktuelles Beispiel: Bei der Stuttgarter haben wir im letzten Jahr einen neuen Webservice für den Abschluss von Unfalltarifen gebaut und in ein Vergleichsprogramm integriert. Dank der eingebauten Dunkelverarbeitung bedeutet dies für unsere Geschäftspartner: Es gibt weniger Rückfragen und eine schnellere Bearbeitung der Anträge.

Was bedeuten denn diese Entwicklungen für Makler und Maklerinnen, die letztlich ja auch Ihre Kunden sind?

Wie zu Beginn angesprochen, ist die persönliche Beratung auch vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen weiterhin sehr wichtig: Genau wie Ver­sicherer müssen sich Maklerinnen und Makler jetzt aber stärker auf hybride Kunden einstellen und entsprechend in die Digitalisierung investieren. Das heißt: Sie müssen alle relevanten Kanäle kennen, über die sich ihre Kunden informieren, und dort Informationen bereitstellen und präsent sein.

Wenn wir uns den Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit ansehen, ist das eine große Chance, um zum Beispiel Vorsorgeprodukte mit grünen Portfolios anzubieten. Wir schulen unsere Geschäftspartner intensiv, damit sie ihre Kunden auch in Zukunft bedarfsgerecht beraten können. Hierzu haben wir zum Beispiel den Lehrgang zum zertifizierten Nachhaltigkeitsberater gestartet, den bereits rund 12.000 Teilnehmer absolviert haben.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 07/2022 und in unserem ePaper.

Bild: © fizkes – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Ralf Berndt