Interview mit Frank Lamsfuß, Vorstand für Vertrieb, Marketing und IT bei der BarmeniaGothaer
Herr Lamsfuß, mit der Fusion zur BarmeniaGothaer und dem kürzlich eingeführten neuen Marken- auftritt stellt sich die Frage: Wer ist das neue Unternehmen?
Das neue Unternehmen BarmeniaGothaer haben wir in den letzten Monaten intensiv definiert, und wir sind stolz darauf, nun mit dem neuen Markenauftritt ein klares Bild vermitteln zu können. Unser neues Markenbild basiert auf drei Kernwerten: menschlich, passioniert und zukunftsweisend. Diese Werte sind der Leitfaden für unser Handeln – sowohl intern als auch extern. Sie spiegeln wider, wer wir sein wollen und wie wir mit unseren Vertriebspartnern und Kunden interagieren werden.
Welche Botschaft will damit der frisch fusionierte Versicherer BarmeniaGothaer in den Markt senden?
Unser Leitsatz „Weil du wichtig bist“ bringt das sehr gut auf den Punkt: Wir stellen den Menschen – ob Makler, Kunde oder Mitarbeiter – in den Mittelpunkt. Das bedeutet, dass wir nicht nur innovative Produkte und einen Top-Service bieten, sondern auch langfristige Partnerschaften aufbauen und pflegen. Wir sehen uns als verlässlicher Partner, der die Herausforderungen der Branche aktiv angeht und gemeinsam mit seinen Partnern die Zukunft gestaltet.
Als Vertriebsvorstand fällt Ihnen die Aufgabe zu, zwei gewachsene Vertriebsstrukturen zu einer Einheit zusammenzubauen. Worin liegen die Chancen?
Dies ist in der Tat eine große Aufgabe. Denn es geht nicht nur um die Zusammenführung von Vertriebsstrukturen, sondern um die Verschmelzung zweier erfolgreicher Unternehmen mit eigenen Kulturen und Prozessen. Die große Chance liegt darin, dass wir mit dem Zusammenbau der beiden Vertriebsstrukturen nicht nur unsere Prozesse optimieren wollen. Vielmehr zielt der Zusammenschluss darauf ab, unser gemeinsames Wachstums- potenzial zu maximieren. Beide Unternehmen ergänzen sich ideal in ihren Stärken und Marktsegmenten. Gemeinsam können wir nun in Bereichen wachsen, die wir allein nur schwer hätten erschließen können. Wir haben diesen Zusammenschluss in Rekordzeit umgesetzt – in weniger als einem Jahr. Aber jetzt beginnt der Prozess des Zusammenwachsens, denn wir bringen nicht nur Systeme zusammen, sondern vor allem Menschen.
Und wo es menschelt, läuft ja bekanntlich nicht immer alles glatt. Wo liegen die Knackpunkte?
Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Zum Beispiel bei der Entscheidung, welches Customer-Relationship-Management-System wir künftig nutzen wollen. Hier sind auch Emotionen im Spiel. Denn aktuell verfügen wir über zwei Systeme, die von ihren bisherigen Nutzern sehr geschätzt werden. Nun gilt es zu analysieren, welches System in welchem Bereich die besten Ergebnisse liefert. Auf dieser Basis entscheiden wir.
Interessant ist, dass eine Verschmelzung der beiden Sachversicherer bislang nicht geplant ist. Warum nicht?
Die beiden Sachversicherer haben völlig unterschiedliche Schwerpunkte. Die Gothaer Allgemeine hat ihren Schwerpunkt im Firmenkundenbereich. Sie ist einer der führenden Partner für den Mittelstand. Die Barmenia Allgemeine verfügt hingegen über ein umfangreiches Angebot für Privatkunden. Beide Risikoträger ergänzen sich also perfekt.
Welche Maßnahmen ergreift man bei der BarmeniaGothaer, um eine gemeinsame Unternehmenskultur zu schaffen? Welchen Zeithorizont veranschlagen Sie hierfür?
Wir haben eine Vielzahl von Formaten und Angeboten geschaffen, um das gegenseitige Kennenlernen und das Verständnis füreinander zu fördern und so eine Basis für eine gemeinsame Kultur zu schaffen. Ein wichtiger Baustein ist dabei die Definition gemeinsamer Werte für die Zusammenarbeit. Dazu finden aktuell unter Einbindung der Mitarbeitenden gemeinsame Workshops statt. Doch die Schaffung einer neuen gemeinsamen Kultur braucht Zeit, eine Prognose ist da schwierig.
Welche Rolle hat der Vertriebsweg Makler im neuen, fusionierten Unternehmen BarmeniaGothaer?
Der Vertriebsweg Makler ist und bleibt eine zentrale Säule unseres Vertriebs. Makler sind für uns wesentliche Partner, denn sie stehen im direkten Kontakt mit dem Kunden und bringen ihre Expertise in die Beratung ein. Durch den Zusammenschluss haben wir jetzt die Möglichkeit, ihnen ein noch breiteres Angebot an Produkten und Services bereitzustellen. Wir können als Vollsortimenter auftreten und Lösungen für nahezu jede Bedarfssituation bieten – sei es im Bereich Komposit, Gewerbe und Industrie oder in der Kranken- und Lebensversicherung. Das macht uns zu einem starken Partner für unsere Makler.
Wie nehmen denn die Versicherungsmakler die Fusion wahr? Welche Resonanz bekommen Sie aus dem Markt?
Die Resonanz, die wir von unseren Maklern erhalten, ist durchweg positiv. Bereits im letzten Jahr haben wir viele Gespräche mit unseren Vertriebspartnern geführt, um sie frühzeitig in den Prozess einzubinden. Uns war es wichtig, transparent zu kommunizieren, welche Veränderungen und Vorteile der Zusammenschluss mit sich bringt. Das Feedback zeigt uns, dass die Makler den Zusammenschluss als Chance sehen.
Und was verändert sich durch den Zusammenschluss für die Makler in der Betreuung durch die BarmeniaGothaer?
Was mir besonders wichtig ist: Wir sind und bleiben ein verlässlicher Partner für unsere Makler. Die bekannten Ansprechpersonen bleiben größtenteils erhalten, sodass die Makler weiterhin auf vertraute Gesichter zählen können. Neu ist jedoch, dass diese Betreuung nun in einer zentraleren und effizienteren Struktur erfolgt. Dadurch schaffen wir einheitliche Prozesse und können schneller auf Anfragen und Anforderungen reagieren.
Auch die Rolle des Maklerbetreuers wandelt sich gegenwärtig. Wie sehen Sie diesen Wandel und was bedeutet er für Sie als Vertriebsvorstand?
Was sich nicht verändert hat und auch in Zukunft stabil bleibt, ist die Grundaufgabe des Maklerbetreuers: Er ist ein verlässlicher Partner für den Makler und unterstützt ihn dabei, seinen Arbeitsalltag einfacher zu machen. Richtig ist aber auch, dass sich die Anforderungen unserer Partner massiv gewandelt haben. Früher ging es vor allem um Produkte und die Frage, wie der Kunde optimal beraten werden kann. Beratung bleibt natürlich wichtig, aber heute stehen technische Integration und Prozessvereinfachung im Vordergrund.
Können Sie das konkretisieren? Was wird heute anders erwartet?
Heute sprechen wir viel über Themen wie digitale Schnittstellen und Automatisierung. Der Makler möchte, dass administrative Prozesse so effizient wie möglich gestaltet werden, damit er mehr Zeit für seine Kunden hat. Daher setzen wir verstärkt auf technische Unterstützung. Mit verbesserten Schnittstellen und digitalen Lösungen wie BiPRO-Standards bieten wir den Maklern Tools, die ihre Arbeit erleichtern und effizienter machen. Dadurch bleibt mehr Zeit für das, was wirklich zählt: die Beratung der Kunden.
Dazu kommt der zunehmende Einsatz von neuen Medien, etwa Social Media. Hier unterstützen wir unsere Makler intensiv – sei es durch Content-Angebote, Anregungen für Kampagnen oder durch gemeinsame Planungen. Unser Ziel ist, den Makler fit für die Zukunft zu machen.
Sie haben gerade die Bedeutung von BiPRO-Standards für die Digitalisierung betont. Allerdings gibt es einige kritische Stimmen aus der Maklerschaft, insbesondere zur Norm 503 im Schaden- service. Makler beklagen, dass die Implementierung nicht schnell genug vorangeht. Wie sehen Sie das?
Die Kritik ist uns bekannt, und ich kann das auch nachvollziehen. Gerade bei der Digitalisierung gibt es immer Luft nach oben, und der Wunsch nach schnelleren Fortschritten ist berechtigt. Bei der Norm 503, die den digitalen Schadenservice betrifft, gibt es noch Optimierungspotenzial, das wissen wir.
Wir bieten unseren Partnern bereits umfassende digitale Lösungen an, beispielsweise durch die etablierten Normen 430 und 500, die den Austausch von Schadeninformationen und die Schadenabwicklung erleichtern. Diese Tools sind flächendeckend im Einsatz und ermöglichen es Maklern, Prozesse effizienter zu gestalten. Dennoch: Wir stehen in engem Austausch mit unseren Partnern und sind offen für Feedback. Unser Ziel ist, die Implementierung und den Ausbau der Norm 503 zügig umzusetzen, um den Ansprüchen unserer Makler gerecht zu werden. Denn unser Anspruch ist klar: Wir wollen die Digitalisierung weiter vorantreiben.
Das erste gemeinsame Produkt der BarmeniaGothaer ist bereits auf den Markt gebracht – eine fondsgebundene Rentenversicherung. Was macht dieses Produkt besonders?
Genau, mit unserer neuen Fondsrente setzen wir einen wichtigen Meilenstein. Das Besondere an diesem Produkt ist seine hohe Flexibilität. Kunden können aus über 120 Fonds wählen und ihre Anlagestrategie individuell anpassen. Darüber hinaus bieten wir innovative Features wie variable Dynamiken, flexible Entnahmeoptionen und Zuzahlungsmöglichkeiten. Besonders stolz sind wir auf den Investment-bezogenen Rentenbezug: Auch nach Eintritt in die Rentenphase bleibt das Kapital weiter investiert, was das Potenzial für eine höhere Rente bietet.
Und welche Produkte bzw. Produktlinien folgen in diesem Jahr? Wie ist der Zeitplan?
In der Lebensversicherung wird das Thema Biometrie im Fokus stehen, mit der neuen fondsgebundenen Rentenversicherung und unserer selbstständigen Berufsunfähigkeitsversicherung haben wir ein attraktives Angebot. Im Segment Gesundheit werden wir das Beste aus den beiden Welten zusammenbringen und die bestehende Produktpalette weiter optimieren. Im Bereich Komposit planen wir unter anderem für März den Launch einer neuen Unternehmerpolice für das Gewerbegeschäft.
Im Dezember hat der Versicherer erstmals eine gemeinsame Bilanz vorgelegt. Welche Synergieeffekte haben sich durch den Zusammenschluss ergeben und wie spiegeln sich diese in der ersten gemeinsamen Bilanz wider?
Für das Jahr des Zusammenschlusses können wir ein beeindruckendes Wachstum vorweisen: Den vorläufigen Ergebnissen zufolge konnten wir die Beitragseinnahmen um 6,1% auf 8,52 Mrd. Euro steigern. Damit sind wir deutlich stärker als der Markt gewachsen, der voraussichtlich um 3,7% zugelegt hat. Diese Zahlen zeigen sehr deutlich, wie gut wir uns ergänzen und welche Kraft wir gemeinsam im Markt entfalten.
Und wie lautet die Wachstumsperspektive für die BarmeniaGothaer für das Jahr 2025?
Die Idee hinter dem Zusammenschluss war immer, gemeinsam zu wachsen und gemeinsam besser zu werden, besser für unsere Vertriebspartner, besser für unsere Kundinnen und Kunden und besser für unsere Mitarbeitenden. Beim Thema Wachstum haben wir uns einiges vorgenommen: Bis 2028 wollen wir bei den Beitragseinnahmen die 10 Mrd. erreichen.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2025 und in unserem ePaper.
Bild: © BarmeniaGothaer
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