Herr Wagner, der PrivatFonds: Kontrolliert von Union Investment ist mit fast 18 Mrd. Euro mittlerweile der größte Publikumsfonds in Deutschland. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?
Das hat mehrere Gründe. Die Performance seit der Auflage im Jahr 2010 kann sich sehen lassen, auch wenn 2018 kein gutes Jahr war. In den meisten schweren Phasen an den Märkten ist der Fonds verhältnismäßig wenig gefallen und in guten Phasen hat er einiges mitgenommen. Wegen der anhaltenden Nullzinsen haben Kunden zudem einen hohen Anlagebedarf und Banken zugleich wenig Anreiz, neue Gelder auf Sparkonten zu erhalten. Wenn ein Fonds in diesem Umfeld durch gute Leistungen und ein innovatives sowie für Privatanleger passendes Fondskonzept überzeugt hat, kann das zu hohen Zuflüssen führen. Das dürften neben dem starken Vertriebsnetz der Volks- und Raiffeisenbanken die wichtigsten Gründe für den Vertriebserfolg sein.
Wie sieht das Portfolio des Fonds konkret aus?
Momentan ist das Portfolio sehr ausgewogen. Die Aktienquote liegt bei rund 25% und ist breit verteilt auf Aktien aus Europa, den USA oder den Emerging Markets. Wir steuern die Aktienquote sehr aktiv.
Wovon hängt die Aktienquote ab?
Zum einen von unserer Einschätzung der aktuellen Marktlage, zum anderen von unserer Volatilitätsschätzung. Derzeit haben wir die Quote wieder etwas reduziert. Insgesamt liegt die Bandbreite der Aktienquote bei 5 bis 45%. Dadurch haben wir eine hohe Flexibilität. Und diese nutzen wir auch aktiv aus. Wir haben eine große Dynamik im Portfolio, vor allem bei der Aktienquote.
Wie sieht es auf der Anleiheseite aus?
Auch hier sind wir sehr breit unterwegs. Im Rentenbereich hatten wir schon eine Vielzahl an Themen im Fonds. Derzeit haben wir zum Beispiel Bundesanleihen mit dabei – natürlich weniger aus Renditegesichtspunkten als vielmehr zur Absicherung gegen schlechte Nachrichten. Bundesanleihen sind meist gesucht, wenn Nervosität an den Märkten herrscht. Aus Sicherheitsgründen haben wir daher aktuell ein bisschen Duration aufgebaut. Daneben sind aber auch Unternehmensanleihen und strukturierte Anleihen Teil des Portfolios ebenso wie Emerging-Markets-Anleihen. High Yields spielen momentan dagegen fast keine Rolle. Bei Anleihen agieren wir ebenfalls sehr flexibel und können uns zum Teil sogar auf der Short-Seite positionieren. Genau diese Flexibilität in allen Bereichen macht den Fonds aus. Es ist zwar kein Long-Short-Fonds, aber wir haben und nutzen schon sehr viele Anlagemöglichkeiten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Thema Absolute Return. Darunter definieren wir ein Portfolio aus unterschiedlichen Zielfonds, die alle für sich das Ziel eines positiven Ertrages haben und marktneutral sind. Diese Fonds hängen nicht vom üblichen Auf und Ab der Märkte ab, sondern haben eigene Performancetreiber. Solche Strategien kommen oft aus der Hedgefondswelt. Wir schauen uns die einzelnen Produkte und Strategien dabei sehr genau an und nehmen nur die Fonds auf, die wirklich genau in unser Profil passen. Das machen wir schon seit vielen Jahren. Wir haben ein Portfolio zusammengestellt, das einen stabilen Perfomancebeitrag leistet. Das ist auch ein wichtiger Anker des PrivatFonds: Kontrolliert.
Wie funktioniert die Fondsauswahl?
Wir haben dafür ein 15-köpfiges Fondsresearch, das sich ausgiebig mit der Analyse der richtigen Zielfonds beschäftigt. Im ersten Schritt gehört dazu ein quantitatives Screenig. Es reicht aber nicht, nur nach Performance auszuwählen. Man muss auch wissen, wie die Performance zustande kommt. Das Fondsresearch analysiert daher auch die Manager und Strategien der Fonds. Wir schauen den Fondsmanagern genau auf die Finger und versuchen unter anderem in Interviews herauszukriegen, ob das ein Fonds ist, der für uns interessant ist oder nicht. Wir investieren in keinen Fonds, wenn wir nicht vorher persönlich mit dem Fondsmanager gesprochen haben. Nur so können wir Fonds finden, die uns den Mehrwert liefern, den wir haben wollen.
Mischfonds sollen vor allem auch die Risiken minimieren. Wie genau sieht das Risikomanagement des Fonds aus?
Wir haben eine Volatilitätssteuerung, die permanent als Risikomanagement im Fonds mitläuft. Wir berechnen täglich die Erwartung der Volatilität. Auf dieser Basis überlegen wir, welche Aktien- und Rentenquote in diesem Umfeld richtig ist. Wenn Stress an den Märkten aufkommt, reduzieren wir zum Beispiel in der Regel die Aktienquote. Wenn es andersherum wieder ruhiger wird, bauen wir sie dann tendenziell wieder auf. Das ist das grundlegende Risikomodell hinter dem Fonds. Das ist aber keine mechanische Vorgabe, sondern einer von mehreren Inputfaktoren, der als Steuerungselement in der Vergangenheit gut funktioniert hat. Daneben spielen Wissen und Erfahrung des Fondsmanagements eine wichtige Rolle, dass man zum Beispiel weiß, welche Anlagen in welchen Marktphasen erfahrungsgemäß gefragt und liquide sind oder eben nicht.
Was genau ist Ihre Aufgabe: das große Ganze oder Einzelinvestments?
Am Ende treffe ich die Anlageentscheidungen und trage die Verantwortung für die Performance des Fonds – in guten wie auch in schlechten Zeiten. Im Multi-Asset-Bereich ist man aber darauf angewiesen, dass man sehr viel internen wie externen Input bekommt. Man kann nicht jeden Bereich bis ins Detail kennen, sondern braucht viele Spezialisten, die einem dabei helfen, verschiedene Teilbereiche richtig einzuschätzen. Ein großes Expertenteam ist also wichtig. Das haben wir bei Union Investment – sowohl im Multi-Asset-Bereich wie auch im Allgemeinen. Im Endeffekt baue ich aus diesem wertvollen Input der Teams ein Portfolio zusammen.
Welche Rolle spielt die Verantwortung für 18 Mrd. Euro?
Ich habe schon im Hinterkopf, dass ich eine große Verantwortung trage. Ich weiß natürlich, dass jeder Euro, der in den Fonds investiert wird, eine Erwartungshaltung hat. Die Leute vertrauen uns ihr Geld in der Hoffnung an, dass es gut angelegt ist. Ein schwaches Jahr kann jeder haben und wird auch mal verziehen, aber auf lange Sicht wollen die Kunden eine gute Performance haben. Diese Erwartungshaltung muss man treffen oder übererfüllen, sonst bekommt man Probleme. Das Fondsvolumen kam aber auch nicht von heute auf morgen. Wir haben 2010 mit 3 Mio. Euro angefangen. Dass daraus ein Riesenfonds entstanden ist, war ein Prozess von mehr als acht Jahren. Ich habe den Fonds mitentwickelt und von Anfang an gemanagt. Damals war überhaupt nicht klar, dass es mal so ein Riesenfonds wird. Wir waren schon von dem Konzept überzeugt, aber dass so viel Geld reinkommt, hat uns alle überrascht. Das macht mich ganz ehrlich schon ein bisschen stolz.
Wie gefährlich ist es für Ihre Arbeit, dass der Fonds bereits 18 Mrd. Euro groß ist?
In der Vergangenheit ist es in der Tat schon vorgekommen, dass die Performance von Fonds unter der Größe gelitten hat. Und die Performance ist natürlich das Wichtigste für einen Fondsmanager. Das gilt auch für mich. Wenn ich der Meinung wäre, dass wir wegen der Größe unsere gewünschte Performance nicht mehr hinbekommen, müssten wir uns Gedanken machen.
Wie wahrscheinlich ist ein Closing oder Soft-Closing für den PrivatFonds: Kontrolliert?
Wir kommen nach wie vor gut klar. Das hat unter anderem mit unserem Ansatz zu tun. Wir haben ein breites Anlagespektrum. Wenn wir nur in Einzeltitel investieren würden, wäre ein Portfolio in dieser Größenordnung problematisch, vor allem im Rentenbereich. Wenn man Unternehmensanleihen im zweistelligen Millionenbereich handelt, hat man definitiv Einschränkungen, die erheblich sein können. Wir konzentrieren uns aber auf aktive und passive Zielfonds. Das verschafft uns einen großen Vorteil bei der Liquidität. Darüber hinaus nutzen wir sehr viele Derivate. Ein Ansatz wie der des PrivatFonds: Kontrolliert, bei dem die Aktienquote auch kurzfristig um 5 oder 10% geändert werden kann, ist ohne Derivate kaum möglich. Die kleinen illiquiden Themen können wir bei einem Fonds in dieser Größenordnung natürlich nicht mehr machen. Wir finden aber auch bei den großen und mittelgroßen Themen noch genügend Anlagemöglichkeiten, um eine gute Performance erreichen zu können. (mh)
Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 02/2019, Seite 52 f. oder in unserem ePaper.
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