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14. Juni 2023
„Jeder Makler muss seine Nische finden“

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„Jeder Makler muss seine Nische finden“

„Jeder Makler muss seine Nische finden“

Noch nie wurde vermutlich so intensiv über den Bestands- und Unternehmenswert des eigenen Maklerunternehmens nachgedacht wie heute. Es gibt dafür verschiedene Berechnungsmethoden, aber steckt noch mehr dahinter?

Das ist eine sehr gute Frage, da ich persönlich von Wertermittlungen per Excel-Liste oder einem minimalistischen Online-Tool für eine Wertermittlung mit ein paar ausgewählten Zahlen nichts halte. Qualitative Specials wie Beratungsmodell, Kundenbindung, Nachhaltigkeit oder Kundenservices sind qualitative Faktoren, die in eine Bewertung einfließen müssen. Wir binden diese deshalb seit zehn Jahren Bestandsbewertungen immer in unsere Bewertung via modifiziertem Umsatzwertverfahren und Ertragswertverfahren ein und fahren damit sehr gut und realistisch.

Wie hoch schätzen Sie die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Makler­betrieb ein? Marketing oder grundlegender Wandel?

Der Begriff Nachhaltigkeit ist natürlich ein breites Feld. Bestimmte Teilbereiche entwickeln sich schon sehr gut, wenn ich an die sich stärker durchsetzende Digitalisierung, die Effekte aus Online-Beratungen oder die Orientierung auf eine komplette Kundenberatung denke. Andere Bereiche, etwa die bewusste Arbeit mit den Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden bei Versicherungen und Finanzanlagen, nehmen zu, haben aber für viele Makler noch keine oder wenig Bedeutung. Dabei ergeben sich daraus viele Chancen in der Kundenansprache. Aber wie so oft braucht das Thema Nachhaltigkeit seine Zeit. Mehr Nachhaltigkeit wird umso schneller ihren Weg in die Geschäftsmodelle finden, wenn sich Makler von vorhandenen ideologischen Bedenken lösen und sich auf den Weg der Veränderung machen. Ich empfehle deshalb, dass Makler zunächst einmal das nachhaltige Maklerbüro in den Fokus nehmen. Dann wird man merken, dass dies zur Kostensenkung, zur besseren Mitarbeiter- und Kundenbindung und zu vielen jungen und neuen Kunden führt.

Ein weiteres Thema ist natürlich auch die Provision bzw. Courtage bzw. ein mögliches Verbot. Raten Sie Maklern und Maklerinnen (spätestens) jetzt umzustellen?

Nicht erst seit heute empfehle ich genau diesen Weg. Machen Sie sich als Makler unabhängig(er) von Courtagen. Zunächst den Anteil der AP (Abschlussprovisionen) zugunsten von Bestandscourtagen erhöhen und dann die Elemente Servicevereinbarungen mit dem Kunden sowie Beratungen gegen Honorar anbieten und so die eigenen Einnahmen ergänzen. Damit fällt man bei einem möglichen Verbot von bestimmten Provisionen nicht ins finanzielle Loch. Dazu findet man in meiner Fachbroschüre „Neuer Kurs für Maklerunternehmen“ viele Anregungen und Impulse.

Wie kann man das in der Kundenkommunikation umsetzen, wenn man jahrelang allein auf die Provision gesetzt hat?

Dazu sollte mit Unterstützung von Experten ein Konzept entwickelt werden, welchen Kunden ich welche alternativen Beratungen oder Services gegen Honorar oder eine Servicepauschale anbieten will. Steht dieses, geht es an die vertragliche Umsetzung, d.h. es sind juristisch saubere Verträge zu erstellen oder zu nutzen. Und dann geht es ganz einfach: Bieten Sie als Makler den Kunden die Alternativen an.

Beispiel A: Beratung und Vermittlung einer Rentenversicherung als Brutto-Tarif mit inkludierter Courtage für den Makler oder Beratung und Vermittlung einer Rentenversicherung als Netto-Tarif plus Honorar für den Makler. Und dann lassen Sie den Kunden entscheiden. Kunden, die den Vorteil in der Ablaufleistung der Netto-Police verstehen, werden das Angebot annehmen.

Beispiel B: Grundleistungen als Makler ohne Service-Pauschale oder erweiterte Services für Kunden gegen eine Servicepauschale. Und dann lassen Sie den Kunden entscheiden. Stark serviceorientierte Kunden werden das Angebot annehmen.

Bleiben Sie denn zuversichtlich für den Maklermarkt?

Wie immer, wenn es um Veränderungsprozesse geht, gibt es Hindernisse und Hürden, die nicht von allen Maklern toll gefunden werden. Wer diese Themen aber nicht verdrängt und aussitzt, wird auch die Chancen erkennen. Und das gelingt vielen gestandenen Maklern und zahlreichen jüngeren Maklern auch durch unsere Beratungen sehr gut. Genau das macht mich optimistisch, weil zahlreiche Makler aller Generationen sich auf den Weg gemacht haben, ihren Anteil am sich verändernden Markt zu sichern. Deshalb bin ich optimistisch und hoffe, dass breitere Teile der Politik den großen Wert und die soziale Rolle der Maklerschaft frei von parteipolitischen Grundeinstellungen schätzen und bewahren helfen.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2023, S. 98 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Dr. Peter Schmidt bzw. © patpitchaya – stock.adobe.com

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Ein Interview mit
Dr. Peter Schmidt