Interview mit Christian Kuppig, Geschäftsführer bei Engel & Völkers LiquidHome.
Herr Kuppig, Sie setzen auf den Teilverkauf statt etwa auf ein monatliches Rentenmodell. Warum?
Wir haben uns vor zwei Jahren den Markt für Immobilienrenten genau angesehen unter der Fragestellung, welches Modell das flexibelste, transparenteste und selbstbestimmteste ist. Leibrente und Nießbrauch sind die klassischen Verrentungsformen. Bei den Leibrenten- und Nießbrauchmodellen ist aus unserer Sicht das Problem für den Kunden, dass man nur die gesamte Immobilie wandeln kann. Die ist dann weg. Der Kunde erhält im Gegenzug eine monatliche oder einmalige Zahlung und kann kostenfrei in der Immobilie wohnen bleiben. Die Auszahlung hat aber einen entscheidenden Nachteil.
Welchen?
Der Kunde bekommt in der Regel nicht den eigentlichen Wert seiner Immobilie. Schließlich wird die Zeit, in der er kostenfrei in der Immobilie bleibt, und damit seine statistische Lebenserwartung einkalkuliert. Am Ende kommt dann oft eine deutlich geringere Summe heraus, als die Immobilie eigentlich wert wäre. Beim Teilverkauf kann man dem Kunden dagegen eine Menge Freiheit bieten und gut auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen. Er kann entscheiden, wie hoch der Anteil ist, den er von seiner Immobilie verkauft – bis zu 50%. Zudem kann er auch im Nachhinein noch zusätzliche Anteile abgeben oder wieder Anteile zurückkaufen. Diese Möglichkeiten haben im Übrigen auch eventuelle Erben. Diese Vorteile bietet der Immobilien-Teilverkauf, zum Beispiel über Engel & Völkers LiquidHome – und zwar so transparent wie möglich und zum aktuellen Marktwert.
Wie sieht das Modell konkret aus?
Der Kunde verkauft uns bis zu 50% seiner Immobilie. Wir erhalten im Gegenzug eine anteilige monatliche Nutzungsgebühr. Hat eine Immobilie einen Wert von 500.000 Euro und der Kunde möchte 200.000 Euro ausgezahlt bekommen, wären das 40%. Dafür, dass der Kunde nach wie vor die veräußerten 40% seiner Immobilie nutzen darf, zahlt er dann eine entsprechende Gebühr von in der Regel 3%. Bei 200.000 Euro wären das also 6.000 Euro im Jahr bzw. 500 Euro im Monat.
Welche Rechte hat der Eigentümer nach dem Teilverkauf?
Er kann so lange in der Immobilie wohnen bleiben, wie er will. Er kann sie aber beispielsweise auch vermieten – das Nutzungsrecht bleibt allein bei ihm. Der Eigentümer entscheidet daher auch eigenständig, ob und wann seine Immobilie ganz verkauft wird oder wann welche Sanierungen gemacht werden oder auch nicht. Diese Selbstbestimmtheit und Freiheit sind der wesentliche Grund, warum wir davon überzeugt sind, dass der Teilverkauf perspektivisch den mit Abstand größten Teil des Gesamtkuchens der Immobilienrenten ausmachen wird.
Auf welchen Wegen gewinnen Sie bisher die Kunden?
Wir bekommen auf unterschiedlichen Wegen Kundenanfragen herein. Zum einen natürlich über das Engel & Völkers Netzwerk. Zum anderen aber auch über Google-Suchanfragen oder externe Kooperationspartner.
Welche externen Partner?
Wir sind in den drei Bereichen Finanzdienstleistung, Versicherung und Baufinanzierung bereits in Kooperation mit großen Partnern oder zumindest in den ersten Zügen einer entsprechenden Zusammenarbeit. Mit Versicherern planen wir zum Beispiel gerade erste Pilotprojekte. Zudem sind wir auf der größten Baufinanzierungsplattform eingebunden. Wir kooperieren außerdem mit dem einen oder anderen Poolpartner wie etwa Netfonds oder pma, sodass das Thema auch über diese abgewickelt werden kann.
Und wenn der Eigentümer irgendwann entscheidet, dass er doch ganz verkaufen will?
Dann müssen wir mit verkaufen. Das geschieht dann über das Engel & Völkers Netzwerk. Dafür bekommen wir zu Beginn unserer Partnerschaft eine Vollmacht, dass wir später den Gesamtverkauf abwickeln. Wir bereiten alles auf und geben die Unterlagen an den Engel & Völkers-Immobilienberater vor Ort weiter, der dann die Immobilie professionell zum aktuellen Marktwert verkauft, damit für beide Seiten das Bestmögliche herauskommt. Für diese Abwicklung am Ende bekommen wir vom Eigentümer 5,5% vom Verkaufspreis. Darin ist die Maklercourtage bereits enthalten.
Wie wird das Modell bisher angenommen?
Wir sind nicht einmal ein Jahr am Markt und mehr als zufrieden. Wir haben natürlich an das Modell geglaubt. Sonst hätten wir es nicht gemacht. Aber dass es so schnell so viel PS auf die Straße bringt, haben wir uns auch in unserem besten Szenario nicht vorgestellt. Wir gehen davon aus, dass wir dieses Jahr gut 75 Mio. Euro an Teilankäufen realisieren werden. Ab nächstem Jahr rechnen wir mit einem dreistelligen Millionenvolumen.
Lässt sich mit dem Modell und solchen Größenordnungen bereits Geld verdienen?
Natürlich wollen wir an dem Modell Geld verdienen und tun das auch. Wir sehen im Teilverkauf und in Immobilienverrentungsmodellen im Allgemeinen aber auch echte Problemlöser.
Inwiefern?
Der Kunde, der zu uns kommt, ist aufgrund seines Immobilieneigentums meist relativ vermögend. Er hat zugleich aber vergleichsweise geringe Liquidität. Man spricht in München oder anderen verhältnismäßig teuren Regionen nicht umsonst von den armen Millionären. In der Vergangenheit blieb nur die Lösung, die Immobilie im Ganzen zu verkaufen. Die Menschen haben aber meist eine sehr enge emotionale Bindung zu ihrem Haus und zu ihrer Nachbarschaft. Genau für diesen Fall sind Immobilienrenten die Lösung. Und auf diesen Personen liegt ganz klar unser Schwerpunkt. Insgesamt sprechen wir besonders Menschen ab 60 Jahren an, die kein klassisches Darlehen mehr aufnehmen können oder wollen. Auch bei Selbstständigen gibt es zum Beispiel viele Gründe, warum sie keinen klassischen Kredit bekommen.
Kann eine Immobilienrente andere Formen der Altersvorsorge sinnvoll ergänzen oder vielleicht sogar komplett ersetzen?
Die Altersvorsorge der Menschen besteht oft zu einem wesentlichen Teil aus der eigengenutzten Immobilie. Das Eigenheim macht in vielen Fällen ein riesiges Stück des Vermögenskuchens aus. Dieses Kuchenstück ist durch die steigenden Immobilienpreise in den vergangenen Jahren zudem immer größer geworden, während viele andere Vorsorgeformen stark unter dem Zinsdilemma gelitten haben. In diesem Kontext ist der Immobilien-Teilverkauf erst recht ein sinnvoller Problemlöser in Sachen Altersvorsorge. Irgendwann will man das aufgebaute Immobilienvermögen schließlich auch nutzen können. Das ist vor allem dann wichtig, wenn man nur noch eine Rente und kein Gehalt mehr bekommt. Der Teilverkauf ermöglicht genau hier eine flexible und transparente Option.
Sind Immobilienrenten aber nicht streng genommen eine Wette auf den Tod?
Die Berichterstattung geht bisher in der Tat oft genau in diese Richtung. Das ist aber nicht der Fall. Die Anbieter wetten nicht auf den Tod, sie kalkulieren ihn ein. Genauso wie ein Lebensversicherer ihn auch einkalkuliert. Dann wäre eine Lebensversicherung genauso eine Wette auf den Tod. Diese Einschätzung schwingt bei den Immobilienrenten aber immer etwas mit. Das gilt es nüchtern zu entkräften. Insbesondere beim Teilverkauf, wo die Lebenserwartung des Kunden keine Rolle spielt, trifft dieser Vorwurf gar nicht zu. Es ist ein normales Angebot, das für eine bestimmte Zielgruppe sehr sinnvoll ist. Der Teilverkauf wird sich in den nächsten Monaten und Jahren verstärkt durchsetzen und damit werden auch die Vorbehalte abnehmen.
Hilft es diesbezüglich auch, wenn sich etablierte Namen wie Engel & Völkers darin betätigen?
Für ein Segment kann es nur gut sein, wenn sich eine etablierte Marke darin engagiert. Das hilft auch unseren Mitbewerbern, weil es der gesamten Nische der Immobilienrenten mehr Reputation verschafft. Für uns persönlich ist es in der Ansprache der Kunden natürlich ein großer Vorteil, weil die Marke und das Unternehmen Engel & Völkers einen gewissen Vertrauensvorschuss verschaffen. Als Lizenzpartner von Engel & Völkers tun wir natürlich alles dafür, um diesem Vertrauensvorschuss gerecht zu werden.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2021, Seite 92 f., und in unserem ePaper.
Bild: © leszekglasner– stock.adobe.com
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