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16. Juni 2024
Zum aktuellen Stand und zur Zukunft der bAV
Zum aktuellen Stand und zur Zukunft der bAV

Zum aktuellen Stand und zur Zukunft der bAV

Es gibt Unternehmen, da ist die bAV bereits gut etabliert, jedoch ist dies bei vielen auch noch nicht der Fall. Vor allem, aber nicht nur dort ist Beratung durch Vermittler das A und O. Denn mit mehr bAV könnte in Deutschland so einigen Problemen entgegengewirkt werden, meint Die Stuttgarter.

Interview mit Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH, und Per Protoschill, Geschäftsführer und Leiter Vertriebsunterstützung bAV bei der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH
Die bAV wird oft als „Standard“-Benefit bei Unternehmen angesehen. Wie verbreitet ist sie tatsächlich?

Per Protoschill: War früher die bAV eher ein Benefit für größere Mittelständler und Großunternehmen, hat sich das in den letzten Jahren auch dank des Fachkräftemangels deutlich geändert: Überall, wo qualifizierte Arbeitskräfte rar sind, stoßen Vermittler in der Beratungspraxis mit der betrieblichen Altersversorgung auf offene Ohren. Schwierig ist es weiterhin im Bereich der Kleinstunternehmen, bei Niedrigverdienern, Minijobbern und Teilzeitkräften, auch weil dort häufig hohe Fluktuation herrscht oder „Cash“ wichtiger ist als Rente.

Viele Arbeitgeber bezuschussen den Beitrag ihrer Mitarbeitenden. Wie viel kommt denn durchschnittlich von den Arbeitgebern dazu? Und wie stark hängt die Verbreitung der bAV unter den Beschäftigten mit der Höhe der Arbeitgeberzuschüsse zusammen?

Per Protoschill: Es war schon immer so, dass ein Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung die Beschäftigten motiviert hat. Das muss allerdings mit einer guten Beratung einhergehen, da viele Beschäftigte – wie langjährige Erfahrungen zeigen – sich nicht von sich aus mit dem Thema befassen. Der gesetzliche Zuschuss ist bei gut beratenen Arbeitgebern eher die Ausnahme. Es werden zwischen 20 und 50% hinzugegeben. Immer häufiger kommt auch ein rein arbeitgeberfinanzierter Sockelbetrag hinzu.

Auf welche Weise kann beispielsweise eine Frau in Teilzeit mithilfe der bAV angemessen vorsorgen?

Dr. Henriette Meissner: Die Zielgruppe Frauen ist regelmäßig unterversorgt. Daher sollten Vermittler sich mit den speziellen Fragen und Bedürfnissen von Frauen eingehender beschäftigen. Dabei ist Teilzeit nur ein Teilaspekt, allerdings ein sehr wichtiger mit Blick auf die höhere Versorgungslücke von Frauen (Gender Pension Gap). Denn Teilzeitarbeit, und das – wie die Statistiken leider zeigen – häufig über 15 bis 20 Jahre, bedeutet auch nur Teilzeitrente in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beratung muss beginnen, wenn Frauen ihr erstes Geld verdienen und mit der Vorsorge beginnen sollten. Und anschließend muss die lebenslange Vorsorge mit guter Beratung begleitet werden: Denn aufgrund z. B. von Schwangerschaft, Elternzeit, Kindererziehung, Teilzeit usw. haben Frauen einen höheren anlassbezogenen Beratungsbedarf.

Die Digitalisierung macht vor keiner Versicherungssparte halt. Inwiefern kann denn etwa künstliche Intelligenz (KI) Makler bei der bAV auch unterstützen?

Per Protoschill: Ich fasse das jetzt einmal etwas breiter. Auf der einen Seite sehen wir in Umfragen schon eine Bereitschaft der Kunden, sich im Vorfeld per KI, mit einem Chatbot, Podcasts u. Ä. zu informieren, und bei bestehenden Verträgen und Prozessen haben mittlerweile automatisierte Plattformen, z. B. der Stuttgarter Betriebsrentenmanager, ihren festen Platz. Doch wenn es um finanzielle Entscheidungen geht, stellen wir fest, dass der Faktor Mensch in Form von qualifizierten Beratern immer noch unabdingbar ist.

Die digitale Rentenübersicht wird zum 01.01.2025 für alle Altersvorsorgeverträge und die gesetzliche Rentenversicherung scharf geschaltet. Provokant gefragt: Braucht es dann noch Vermittler?

Per Protoschill: Gerade dann braucht es den Vermittler! Denn auf der Plattform wird es nur eine Auflistung der Verträge und möglicher Leistungen geben. Auf dieser sozusagen „amtlichen Grundlage“ kann der Vermittler dann sehr gut individuelle Vorsorgevorschläge machen. Das kann auch für Vermittler, die das richtig einsetzen, nochmals einen großen Schub bedeuten. Wir raten Vermittlern, das einfach einmal selbst für sich auszuprobieren.

Wie ist die Situation denn beim Nachweisgesetz einzuschätzen? Ist so manche Sorge der Kritiker bereits wahr geworden?

Dr. Henriette Meissner: Die Bürokratie war und ist aufgrund des Schriftformerfordernisses hoch. Aber – es geschehen noch Zeichen und Wunder – in letzter Sekunde soll noch 2025 in das vierte Bürokratieentlastungsgesetz doch die Textform aufgenommen werden. Willkommen, Deutschland, im Zeitalter der Digitalisierung! Dann besteht auch Hoffnung, dass das strenge Schriftform­erfordernis in der bAV bei der Unterstützungskasse und der Pensionszusage (§§ 4d und 6a EStG) modernisiert wird.

Wie können insgesamt noch mehr Menschen von der bAV überzeugt werden?

Dr. Henriette Meissner: Beraten, beraten und beraten! Die Instrumente sind da, aber nicht jedem Arbeitgeber oder Arbeitnehmer bekannt, z. B. Brutto-/Nettosparen, die Vorteile des Arbeitgeberzuschusses, die Effektivität der arbeitgeberfinanzierten Versorgung, die Vorteile der Förderung nach § 100 EStG. Es gibt so viele hervorragende Ansatz­punkte, die sowohl Arbeitgebern als auch Arbeit­nehmern nähergebracht werden müssen.

Könnte die bAV auch durch Sozialpartnermodelle noch mal einen besonderen Boost erfahren?

Per Protoschill: Bisher sehen wir das Sozialpartnermodell nur dort, wo es schon vorher viel Betriebsrente gab. Letztlich kommt es darauf an, neue Branchen mit wenig bAV zu erschließen und arbeitgeberfinanzierte Zuschüsse zu organisieren. Da haben bisher gute Vermittler mit den bestehenden Angeboten die Nase vorn.

Unter dem Eindruck von Fachkräftemangel, Digitalisierung und Regulierung: Wo sehen Sie die bAV in zehn Jahren?

Dr. Henriette Meissner: Die bAV wird weiter eine große Rolle in der Altersversorgung spielen. Für mich ist Arbeitgeberfinanzierung das bessere Opting-out. Da muss die Reise noch stärker hingehen.

Per Protoschill: Die bAV ist aus meiner Sicht das wichtigste Instrument, das durch die Demografie zunehmend stark belastete Rentenversicherungssystem wirksam zu unterstützen. Sie ist also im Interesse der Rentenempfänger und Beschäftigten, der Arbeitgeber und nicht zuletzt der Gesellschaft insgesamt. In diesen Dreiklang passt im Übrigen auch hervorragend, dass die Finanzierungsmittel in der bAV so gewählt werden können, dass sie nachhaltiges Wirtschaften positiv beeinflussen. Dafür ist die GrüneRente der Stuttgarter ein passendes Beispiel. Deshalb gehe ich davon aus, dass die bAV weiter und nach­haltig wachsen wird.

Dieses Interview lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition Betriebliche Versorgung und in unserem ePaper.

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 24. Juni 2024 - 10:50

Angenommen Fonds mit 5% btto. Rendite, minus 3% Fonds-TER und Versicherkosten, 3% Garantiekoste-die die Förderung annullieren, 2% Inflation sollen lebenslange adäquate Zukunftsvorsorge schaffen. Es wohl eher ein extremes Haftungsrisiko für Vermittler, Betriebsräte und Unternehmer, das nach über 14 Jahren dauerhaft existiert. Keine Falschberatung beim Abschluss und der Betreuung?  Egal welcher Vertriebsweg, die Kunden vertrauen auf seriöse Beratung. Zumindest bei Privatabsicherungen-Rürup, sollte die Branche die Umsetzung unserer Innovation für 9% Rendite-seit 7 Jahren bereit zur weltweiten Umsetzung- schnellstens umsetzen.