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12. Juni 2024
Zum Übernahmefieber unter Gewerbe- und Industriemaklern

Zum Übernahmefieber unter Gewerbe- und Industriemaklern

Eine mehrteilige AssCompact-Serie hat 2023 die Übernahmeaktivitäten im Segment der Gewerbe- und Industriemakler beleuchtet. Der aktuelle Beitrag kommentiert die neuesten Entwicklungen in einem dynamischen Umfeld bzw. Marktgeschehen.

Ein Artikel von Klaus-Jürgen Baum, Geschäftsführer der VeDaTa VertriebsDatenServices GmbH, Anbieter der Anwendung MaklerRadar©

Von Abkühlung keine Spur: Der Konsolidierungstrend unter Gewerbe- und Industriemaklern hat sich seit dem Erscheinen der drei Teile der Artikelserie in den AssCompact Ausgaben (07–09/2023) ungebremst fortgesetzt. Und mit 32 High-Profile-Transaktionen zwischen Januar und Anfang Mai könnte die Fieberkurve im Gesamtjahr 2024 eine neue Höchstmarke erreichen. Gemessen an der Zahl der Übernahmen stachen besonders die GLOBAL-Gruppe und MRH Trowe hervor. Auch die Summitas Gruppe konnte nach verhaltenem Start im Jahr 2022 gleich eine ganz Reihe von Transaktionen abschließen.

Auffällig waren außerdem weitere Übernahmen von Spezialisten im Bereich Corporate Employee Benefits (CEB = bAV und bKV): Helmsauer schnappte sich die DG-Gruppe und Summitas übernahm die confera Gruppe, außerdem die kleinere Kamke Pension Consulting. Damit setzte sich die Arrondierung der großen Gewerbe- und Industriemaklergruppen durch Zukäufe von CEB-Spezialisten fort, nachdem sich in 2023 bereits MRH Trowe die Lurse AG und die Ecclesia Gruppe die Pension Solutions Group sowie das KlinikRente Versorgungswerk einverleibt hatten.

Spätstarter geben wegen hoher Bewertungen auf

Die Unternehmensbewertungen sind gerade für größere und große Zielmakler inzwischen offenbar auf ein Niveau geklettert, das erste Konsolidierer schon wieder zum Ausstieg aus der Rallye veranlasst hat.

So verkündete im Februar 2024 die US-amerikanische Großmaklergruppe Acrisure, die erst zwölf Monate zuvor zur Einkaufstour in Deutschland angetreten war, ihre Ambitionen zu begraben. Dies gilt ebenfalls für die deutsche Investmentholding Armira, die schon Ende 2023 die Reißleine zog.

Gleichzeitig dürfte mit dem Einstieg der englischen Beteiligungsgesellschaft Permira bei der GGW Group ein neuer vorläufiger Höhepunkt bei den Kaufpreisen im deutschen Markt erreicht worden sein. Gemäß Berichterstattung in der Finanzpresse wurde GGW mit rund 2 Mrd. Euro bewertet. Der initiale Investor HG Capital, der die erst 2020 formierte Maklergruppe in der ersten Wachstumsphase mit der erforderlichen finanziellen Firepower ausgestattet hatte, bleibt als Mitgesellschafter an Bord.

Mit nun gleich zwei führenden europäischen Private-Equity-Häusern im Rücken will die GGW Group ihre Expansion im Turbo-Modus fortsetzen: „Der nächste Meilenstein ist die führende Rolle der GGW Group im europäischen Mittelstand als erster Ansprechpartner für unsere Kunden“, so Tobias Warweg, Chef der GGW Group.

Dass die GGW dieses Ziel mittelfristig erreichen wird, daran gibt es kaum Zweifel. Spannend ist, was danach kommen soll. Denn die Geldgeber werden nicht dauerhaft an ihren Investments festhalten. Schließlich besteht ihr Geschäft im Kauf von Unternehmen und der anschließenden Weiterveräußerung – im besten Fall mit sattem Gewinn. Denkbar erscheinen aus heutiger Sicht vor allem zwei Exit-Optionen: entweder der Verkauf an eine der ganz großen internationalen Maklergruppen oder aber ein eigener Gang an die Börse.

Auch kleinere Makler geraten ins Fadenkreuz

Die Preisentwicklung im oberen Marktsegment dürfte eine wesentliche Triebfeder für die kürzliche Gründung einer Plattform sein, mit der die GGW Group und Bernhard Assekuranzmakler nun systematisch die Zielgruppen für ihre Konsolidierungsstrategie erweitern wollen.

Über die neue Tochter Bernhard Mittelstandsmakler GmbH sollen künftig zahlreiche kleinere und mittlere Gewerbemaklerhäuser an die GGW Group angeschlossen werden und dabei von der Digitalisierungskompetenz der Bernhard-Gruppe profitieren. Dahinter ist die Hoffnung zu vermuten, in diesem quantitativ deutlich ergiebigeren Marktsegment zu deutlich niedrigeren Preisen zusätzliches Geschäftsvolumen aufkaufen zu können – und so ein „Cost-Averaging“ für die eigenen Investoren zu realisieren.

Kleinere Transaktionen verlangen natürlich stärker standardisierte Prozesse – von den Vertragsverhandlungen bis zur technisch-organisatorischen Integration. Dafür verfügen die führenden Aggregatoren inzwischen über die Erfahrung aus zahlreichen Übernahmen und haben auch die erforderlichen Spezialressourcen aufgebaut.

Mit Blick nach vorne ist daher zu erwarten, dass sich die Bandbreite für Übernahmen spürbar nach unten erweitert. Gewerbemakler mit Courtageumsätzen zwischen 500.00 Euro und 1 Mio. Euro werden verstärkt ins Fadenkreuz der Konsolidierer geraten – was die Unternehmensbewertungen perspektivisch auch hier befeuern wird. Für gut aufgestellte verkaufswillige Makler in diesem Segment dürften sich darum attraktive Chancen eröffnen, auf das Übernahmekarussell aufzuspringen. P Übernahmefieber unter Gewerbe- und Industriemaklern

Diesen Artikel finden Sie auch in AssCompact 06/2024 und in unserem ePaper.
Hier die drei Teile der Artikelserie von 2023:

Bild: © virtua73 – stock.adobe.com; Porträtfoto: © VeDaTa VertriebsDatenServices GmbH

 
Ein Artikel von
Klaus-Jürgen Baum