Hierzulande herrschen teils eklatante Fachkräfteengpässe über nahezu alle Branchen hinweg. Und Besserung ist nicht in Sicht. Denn die Zahl junger Menschen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können, ist im Jahr 2022 auf einen neuen Rekordstand geklettert. Das belegt eine aktuelle Statistik des Statistischen Bundesamtes, die der Süddeutschen Zeitung (SZ) vorliegt.
Demnach lebten 2022 rund 2,89 Millionen Menschen im Alter zwischen 20 und 34 Jahren in Deutschland, die keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzen. Das entspricht gut 19% in dieser Altersgruppe. Ein Jahr zuvor waren es noch 2,64 Millionen oder knapp 18% in der Altersgruppe. Zahlen für 2023 liegen noch nicht vor.
Entwicklung verschärft Fachkräfteengpässe
Die Daten selbst stammen aus einem Entwurf für den neuen Berufsbildungsbericht 2024, den die Bundesregierung in den kommenden Wochen vorstellen wird, heißt es von der SZ. Besonders alarmierend dabei sei, dass die Entwicklung der Zahl junger Menschen ohne formale Berufsqualifikation seit 2015 kontinuierlich zunimmt. Denn im Jahr 2015 lag sie noch bei nur 1,9 Mio. jungen Erwachsenen, was einem Zuwachs um mehr als 50% innerhalb von acht Jahren entspricht.
Die Entwicklung sei daher „besonders vor dem Hintergrund zunehmender Fachkräfteengpässe und der demografischen Entwicklung kritisch zu bewerten“, heißt es im Entwurf. Denn die geburtenstarken Jahrgänge der späten 1950er und 1960er-Jahre verabschieden sich nun vermehrt aus dem aktiven Berufsleben in die Rente. Gleichzeitig treten aber immer weniger gut ausgebildete junge Menschen in den Arbeitsmarkt ein, wie die Daten des Statistischen Bundesamtes belegen – eine ungünstige Kombination mit Blick auf die künftige Arbeitsmarktentwicklung.
Zahl aufgelöster Ausbildungsverträge klettert ebenfalls auf neuen Rekord
Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch die Quote der aufgelösten Ausbildungsverträge. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) ist diese im Jahr 2022 ebenfalls auf einen neuen Höchststand geklettert. Mit 29,5% wird mittlerweile fast jedes dritte Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet. „Gut ein Drittel dieser Vertragslösungen erfolgte in der Probezeit, ein weiteres Drittel danach, aber noch im ersten Ausbildungsjahr. Weitere knapp 23% erfolgten im zweiten Ausbildungsjahr. Spätere Vertragslösungen kommen eher seltener vor“, heißt es dazu vom BiBB. Im Jahr 2019 lag die Quote noch bei 26,7%. Als langjähriger Durchschnitt gilt hingegen eine Auflösungsquote zwischen 20% und 25%. Zu beachten sei aber, dass nicht jeder aufgelöste Vertrag eine abgebrochene Ausbildung bedeute. Ein Grund könne beispielsweise auch ein Wechsel des Ausbildungsbetriebs sein.
Gegenüber der SZ äußerte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) angesichts der Daten besorgt. „Die Zahl junger Menschen ohne Berufsabschluss steigt offenbar ungebremst weiter“, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Trotz vieler unbesetzter Ausbildungsplätze gelinge es der deutschen Wirtschaft also seit Jahren nicht, allen jungen Menschen eine Chance auf Ausbildung zu geben. (as)
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