Immer mal wieder kommt es zu rechtlichen Auseinandersetzungen darüber, in welchem Umfang Versicherungen für Schäden aufkommen müssen, die durch Leitungswasser verursacht wurden, zum Beispiel wenn es um die Beschädigung von Teilbereichen geht. So auch in einem Fall, in dem der Wohngebäudeversicherer die Ansicht vertrat, dass ein Komplettaustausch eines Parketts und einer Tapete nicht nötig sei.
Angebohrte Wasserleitung sorgt für Schäden im Wohnhaus
Darum ging es: Im Wohnhaus einer Frau wurde aus Versehen von einem Dritten eine Wasserleitung im Esszimmer angebohrt. Dadurch wurden Parkett und Tapeten in den Wohnräumen des Erdgeschosses beschädigt. Unstrittig in dem Fall ist, dass ihr Wohngebäudeversicherer grundsätzlich verpflichtet ist, für die Sanierungs- und Räumungskosten aufzukommen. Vorab zahlte dieser bereits 1.582,70 Euro für Sanierungskosten sowie 3.500 Euro für eine Wertminderung.
Kostenerstattung für Komplettaustausch von Parkett und Tapete gefordert
Die Frau drängte jedoch auf Kostenerstattung eines Komplettaustauschs des Parketts, da dieses auf zwei Dritteln der Fläche des Wohn- und Esszimmers beschädigt sei. Zudem seien auch die damit verbundenen Räum- und Lagerungskosten von der Versicherung zu tragen. Des Weiteren sei auf 50 m2 Wandfläche die hochwertige Textiltapete beschädigt, und eine Teilerneuerung würde das einheitliche Erscheinungsbild nicht wiederherstellen. Daher sei eine Neutapezierung von 165 m2 erforderlich. Die Geschädigte klagte deshalb gegen ihren Versicherer und forderte unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen einen weiteren Betrag von 18.560,45 Euro und machte geltend, dass der Versicherer zusätzlich die Mehrwertsteuer für zukünftige Arbeiten übernehmen müsse, da die Sanierung noch nicht begonnen habe.
Brüche beim Parkett nicht zumutbar...
Über den Fall hatte schließlich das Landgericht Lübeck (LG) zu entscheiden. In der Ausführung des Urteils heißt es: Bei der Reparatur einer teilweise beschädigten Sache bemisst sich der Umfang der zu ersetzenden Reparaturkosten nach den Geboten der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. Entscheidend sei, was ein nicht versicherter Gebäudeeigentümer zur Schadensbeseitigung selbst investiert hat. Der Versicherungsnehmer kann daher nicht die Kosten für die komplette Erneuerung einer einheitlich gestalteten Fläche verlangen, wenn dies außer Verhältnis zu der optischen Beeinträchtigung steht, die verbleibt, wenn nur die beschädigte Teilfläche saniert wird.
Der hinzugezogene Sachverständige stellte aber fest, dass das Parkett aufgrund der Feuchtigkeitsschäden nicht repariert werden könne und komplett ausgetauscht werden müsse, da die optischen Brüche, die bei einer teilweisen Reparatur entstehen würden, als nicht hinnehmbar einzustufen seien. Dieser Einschätzung folgte dann auch das Gericht.
...bei der Tapete schon
Was allerdings die Kosten für die Erneuerung der Tapetenflächen angeht, entschied das Gericht nur teilweise zugunsten der Klägerin. Im Bereich des Esszimmers wurde der Komplettaustausch schließlich der Klägerin zugesprochen. Der optische Bruch zwischen Esszimmer und Wohnzimmer sei allerdings zumutbar, so das Gericht. Insofern muss der Versicherer für diesen Bereich keine Kostenerstattung übernehmen. Demgemäß konnte die Klägerin ihre Klage nicht komplett durchsetzen, erhielt aber dennoch einen deutlich höheren Betrag, als die Versicherung zunächst bezahlen wollte. (bh)
LG Lübeck, Urteil vom 05.06.2024 – Az: 4 O 345/22
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