Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler
Versicherungsmakler sind nicht nur treuhänderähnliche Sachwalter ihrer Kunden, sondern auch außerordentlich leidensfähig. Anders ist es kaum zu erklären, dass angesichts diverser Vorkommnisse in letzter Zeit nicht Hunderte oder gar Tausende Versicherungsmakler auf die Straße gegangen sind, um für ihre Belange zu protestieren. Was ist passiert? Eine kleine Auswahl von Ereignissen.
Forsa-Umfrage 2024: Versicherungsvertreter auf letztem Platz
Und täglich grüßt das Murmeltier. Die seit 2007 regelmäßig im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes durchgeführten Umfragen zum Ansehen verschiedener Berufsgruppen sehen den Versicherungsvertreter stabil auf dem letzten Platz. So auch im Jahr 2024. Natürlich fällt der Schatten der Umfrage auch auf Versicherungsmakler, obwohl oder – besser – weil sie bei der Umfrage gar nicht als eigene Berufsgruppe aufgeführt wurden. Das ist nicht weiter verwunderlich, weil in breiten Teilen der Bevölkerung und der Medien die Unterschiede zwischen Maklern und Vertretern nicht bekannt sind.
Beispiel gefällig? „AH ist eigentlich Fachmann für Räder, aber mittlerweile auch immer öfter Versicherungsmakler (sic!)“. Originalzitat aus der Sendung ARD-Buffet vom 03.07.2024. Natürlich empfiehlt Fahrradhändler AH bei jedem Kauf eine Fahrradversicherung, die bei einer Versicherungssumme von zum Beispiel 750 Euro „nur“ 8,50 Euro monatlich (!) kostet. Und natürlich hat er auch ein Schloss für mindestens 50 Euro verfügbar, „wie es die Versicherer zur Bedingung machen“.
Zahlreiche Makler haben die Umfrageergebnisse in Leserbriefen an verschiedene Redaktionen kommentiert. Neben der fehlenden Abgrenzung der Berufsbilder von Vertretern und Maklern werden darin auch der Vertriebsdruck in der Versicherungswirtschaft, schlechte Produktqualität sowie Art und Höhe der Vergütung insbesondere in der Kranken- und Lebensversicherung genannt. Außerdem richte sich die Aufmerksamkeit der Medien im Regelfall auf die Fälle, die Anlass für eine negative Berichterstattung bieten.
Unabhängigkeit der Makler wird infrage gestellt
Die Vergütung von Versicherungsmaklern ist auch ein Thema in der aktuellen Diskussion über die von der Europäischen Kommission angeschobenen Kleinanlegerstrategie. Danach soll für Versicherungsvermittler, die ihren Kunden mitteilen, dass die Beratung „ungebunden“ (im englischen Original „advise is given on an independent basis“) erfolgt, ein Provisionsverbot eingeführt werden (Art. 30 Abs. 5b Entwurf der Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD).
Prompt wurde in Deutschland eine lange Diskussion losgetreten, ob und inwieweit Versicherungsmakler in Deutschland betroffen sind und wie es um ihre Unabhängigkeit bestellt ist. In öffentlichen Beiträgen wurden Versicherungsmakler in vorauseilendem Gehorsam und unsubstantiiert geschulmeistert, sich zukünftig im Rechtsverkehr mit Kunden doch bitte schön nicht mehr als unabhängig zu bezeichnen.
Auf Vorschlag des ECON-Ausschusses verabschiedete das Europäische Parlament eine geänderte Beschlussvorlage, in der zusätzlich eine „Klarstellung“ angefügt ist, nach der „Versicherungsvermittler, die aufgrund ihres Rechtsstatus als ‚unabhängig‘ eingestuft werden, nicht daran gehindert sind, sich als nicht vertraglich an ein bestimmtes Versicherungsunternehmen ‚gebunden‘ darzustellen, wenn sie darauf hinweisen, dass sie Anreize erhalten“ (Art. 29a Abs. 4a IDD-Entwurf). Irritierenderweise übersetzt die deutsche Fassung des IDD-Entwurfs die englische Bezeichnung „independent“ einmal mit „ungebunden“ (Art. 29a Abs. 4a Satz 1 IDD-Entwurf) und in der angefügten Klarstellung mit „unabhängig“ (Art. 29a Abs. 4a Satz 2 IDD-Entwurf).
Trotz der redaktionellen Ungenauigkeiten scheint unter diesen Voraussetzungen ein Provisionsverbot für Versicherungsmakler vom Tisch – auch wenn sie sich als unabhängig bezeichnen. Wie das praktisch aussehen soll? Mal sehen.
Unabhängig von der IDD gibt es in Deutschland auch eine von den Verbraucherschützern losgetretene Diskussion und initiierte Gerichtsverfahren über die Unabhängigkeit der Versicherungsmakler. Leider fehlte den Gerichten in den angestrengten Verfahren das notwendige Differenzierungsvermögen, um sich von ihrer auf das Gewerberecht gestützten Eindimensionalität zu lösen, um die Ganzheitlichkeit des Themas der Unabhängigkeit der Versicherungsmakler zu erfassen. Dass gewerberechtliche Zulassungen von Versicherungsmaklern und Versicherungsberatern sich ausschließen, ist – auch ohne Urteil – klar, wenn auch – de lege ferenda – überkommen. Eine Klarstellung der Unabhängigkeit des Versicherungsmaklers ist überfällig.
BDVM fordert Provisionsdeckel
Ob die vom BDVM verkündete Initiative zur Einführung eines Provisionsdeckels in Höhe von 25‰ auch von vorauseilendem Gehorsam getrieben wird, ist nicht überliefert. Stünde es nicht schwarz auf weiß in den Gazetten, würde man es kaum glauben. Natürlich ist nicht erst seit der Diskussion über Fehlanreize in Brüssel oder den mahnenden Hinweisen der BaFin, sondern spätestens seit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes klar, dass die Vergütung bei Versicherungsanlageprodukten optimierungsfähig ist (höhere Courtagen sind nicht gemeint). Wenn der BDVM nun – stellvertretend für 160 (!) Umfrageteilnehmer – einen Provisionsdeckel zugunsten einer höheren laufenden Vergütung fordert, ist dies deutlich zu kurz gesprungen. Wenn die abgezinste laufende Vergütung die bisherige Abschlussvergütungsdifferenz ersetzen soll, bleibt es bei der Gesamtkostenbelastung wie bisher. Das Kernproblem – zu hohe Gesamtkosten zulasten der Erträge – ändert sich nicht. Allenfalls Frühstornofälle würden abgemildert.
Und überhaupt – wozu ein gesetzlicher Provisionsdeckel? Jedem Makler steht es doch frei, sich mit 25‰ Abschlussprovision zufrieden zu geben und den Rest zur Verbesserung der Kundenperformance einzusetzen (§ 48b Abs. 4 Versicherungsaufsichtsgesetz).
DFB-Trikot von CHECK24
Die Trikotaktion hat CHECK24 dem Vernehmen nach ca. 100 Mio. Euro gekostet. Allein die Dimension macht sprachlos. Aber auch die Werbung entsetzt: niveaulos und albern. Passt das zum Selbstverständnis von Versicherungsmaklern? Und noch schlimmer: Warum können Kunden Kfz-Versicherungen beispielsweise vom ADAC über CHECK24 rechnen und abschließen und „normale“ Makler über NAFI nicht einmal rechnen? Makler brauchen zumindest gleiche Wettbewerbsbedingungen! Und CHECK24 wird die im Zusammenhang mit der Trikotaktion erhobenen Daten nutzen. Wahrschau!
Der tägliche Wahnsinn
Unaufgeforderte und ständig wiederkehrende Bevormundungen der Makler in Form von „Ratschlägen“ des Inhalts „Was der Makler bei der Vermittlung von xyz alles beachten muss“, Einladungen zu „Schulungen“, sei es von Pools, „Weiterbildungsplattformen“ und Versicherern, und zahlreiche weitere „Unterstützungsangebote“ zeichnen ein Bild des tumben, unselbstständigen, hilfsbedürftigen und gegängelten Makler, der ohne fremde Hilfe sein Geschäft nicht schafft und deshalb „geschult“ werden muss. Die Qualität vieler Angebote ist dürftig oder gar falsch. Zum Beispiel, wenn Rechtsanwälte Makler als Handelsvertreter für Pools bezeichnen. Oder wenn Bestandskäufer Verkaufsinteressenten in öffentlichen Präsentationen erklären, dass Makler ihre Betreuungspflicht gem. § 7 Versicherungsvertragsgesetz (?) beachten müssten. Das oft gezeichnete Bild des hilfsbedürftigen Maklers hat mit einem treuhänderähnlichen Sachwalter nichts zu tun. Was tun?
Selbstverständnis überprüfen und Berufsbild kommunizieren
Die wenigen Beispiele zeigen, wie wichtig und dringend notwendig es ist, das echte Berufsbild der Versicherungsmakler an Kunden, Medien und Politik zu kommunizieren. Dazu gehören ein reflektiertes Selbstverständnis als treuhänderähnlicher Sachwalter, das ehrliche Handeln als Bundesgenosse des Kunden, unbedingte Professionalität und der sensible und offene Umgang mit Vergütungsfragen. Voraussetzung sind Unabhängigkeit und faire Wettbewerbsbedingungen. Dann klappt es auch mit dem Ansehen.
Über Hans-Ludger Sandkühler
Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 08/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © Olena – stock.adobe.com
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Leserkommentare
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Aufschrei der Makler*innen
Lieber und sehr geehrter Hans-Ludger Sandkühler,
Sie sprechen mir aus der Seele.
Die Versuche, unsere Arbeit zu regulieren und unser Einkommen zu beschränken oder für unseriös zu erklären und das gleichzeitige Zulassen von Produktverkäufern via Internetportalen oder als "Beifang" bei Warenangeboten sind ärgerlich genug.
Diese unsäglichen angeblichen "Weiterbildungsangebote", die mir angeblich zeigen wollen, wie ich meine Vertriebsaktivitäten erfolgreicher machen soll..... Hier wird öffentlich bestätigt, dass es doch nur um Verkaufen, Verkaufen, Verkaufen geht.
Und dann gibt es noch die Nestbeschmutzer in Form ehemaliger Versicherungsmakler und -vertreter, die ihr früheres Tun ad absurdum führen, indem sie damit werben, besser zu sein, weil sie ja keine Provisionen bekommen. Als Versicherungsberaterin könnte ich für jede weiteren - über die Beratung hinausgehende Tätigkeit - weitere Rechnungen schreiben. Als Versicherungsmaklerin habe ich eine fortlaufende Betreuungsverpflichtung und Haftung - auch wenn es sich nur um eine Kleinstversicherung wie z.B. eine Privathaftpflicht handelt.
Ich und viele meiner Kolleg*innen schätzen unsere Kund*innen wert, beraten bedarfsgerecht, vermeiden Vermögensverluste, sichern Zukunft und zwar ganzheitlich - umfassend - verantwortungsvoll oft generationenübergreifend.
Tausende Kolleg*innen beweisen das Tag für Tag. Und Millionen Versicherungs-Kund*innen kennen jeweils "ihre*n" zuverlässige*n Versicherungsvermittler*in.
Und wenn wir im Laufe der Jahre mehr Stunden mit Betreuung, Hilfe in Schadenfällen, Erklärungen über Beitragserhöhungen usw. verbringen und dafür keine zusätzlichen Gebühren berechnen, weil wir eben nicht nur gierig sind, sondern uns auf den Gepflogenheiten der Betreuungsprovision eingelassen haben, können wir, sofern wir alles richtig und im Kund*innen-Sinn gemacht haben, auf ein erfülltes Arbeitsleben schauen.
Und genau deshalb mache ich das!
Ich halte es für wünschenswert, dass unsere Berufsverbände, unsere Fachmagazine und die Versicherungsgesellschaften ein entsprechendes Öffentlichkeitsbild verbreiten würden.
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