Bei der Empfehlung einer Berufsunfähigkeitsversicherung achten verantwortungsbewusste Vermittler neben einer bedarfsgerechten Dimensionierung auch auf ausgezeichnete Versicherungsbedingungen, eine faire Leistungsregulierung, günstige Beiträge und vermutlich auch auf die aktuelle Finanzstärke des Versicherers.
Was sagen heutige Ratings über die Finanzstärke eines Versicherers in 30 Jahren aus?
Viele Versicherer werben mit ihren aktuellen Finanzstärke-Ratings. Allerdings sind diese ohne Bedeutung für die Zukunft. Erinnern wir uns: Nach der Pleite der amerikanischen Investmentbank „Lehman Brothers Holdings Inc.“ hatten Ratingagenturen darauf hingewiesen, dass sie ihre Ratings als reine Meinung verstanden wissen wollen und keine Garantie für die Richtigkeit ihrer Beurteilungen abgeben. Vermittler und Verbraucher sollten Ratings zur Finanzstärke eines Versicherers also nicht überbewerten.
Der Sitz des Versicherungsunternehmens ist wichtig
Natürlich weiß niemand, wie sich Zinsen, Aktienkurse und vor allem BU-Leistungsfälle in den kommenden Jahrzehnten entwickeln werden.
In Deutschland wurde nach den Erfahrungen mit der Mannheimer Lebensversicherung AG ein gesetzliches Sicherungssystem zum Schutz der Versicherungsnehmer bei Ausfall von Lebensversicherern geschaffen. Von diesem Sicherungssystem profitieren jedoch nur Lebensversicherer mit Sitz in Deutschland.
Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes erlaubt es aber auch anderen Versicherern des EWR-Raumes, Berufsunfähigkeitsversicherungen in Deutschland anzubieten. Solche Unternehmen unterliegen allein der Finanzaufsicht des jeweiligen Herkunftsstaates und auch dessen Sicherungssystem. Das Problem: In vielen EWR-Staaten gibt es keine vergleichbaren Sicherungssysteme. Deshalb hängt die Sicherheit eines BU-Vertrags und der daraus gezahlten Rente entscheidend vom Sitz des Lebensversicherers ab.
Das mehrstufige Sicherungssystem für Lebensversicherer in Deutschland
Versicherungsgesellschaften mit Sitz (nicht Niederlassung) in Deutschland kalkulieren ihre Tarifbeiträge mit entsprechender Vorsicht und leiten erzielte Überschüsse an die Versicherten weiter – zum Beispiel durch eine Sofortverrechnung und niedrigere Zahlbeiträge. Die Zahlbeiträge sind dadurch zwar nicht garantiert. Der Versicherer kann jedoch auf Veränderungen reagieren, bevor er in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Die „Katze im Sack“ muss deshalb niemand kaufen. Verbraucher und Vermittler müssen lediglich auf eine geringe Differenz zwischen Tarif- und Zahlbeitrag achten.
Doch auch der Tarifbeitrag ist nicht garantiert. Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) erlaubt nach § 163 auch eine Anhebung des Tarifbeitrags, wenn „sich der Leistungsbedarf nicht nur vorübergehend und nicht voraussehbar gegenüber den Rechnungsgrundlagen der vereinbarten Prämie geändert hat“. Um eine willkürliche Erhöhung des Tarifbeitrags auszuschließen, muss dies von einem unabhängigen Treuhänder bestätigt werden.
Waren die vorgenannten Maßnahmen nicht ausreichend, um die Solvenz des Versicherers wieder herzustellen, kann die BaFin eine Übertragung des Bestands auf den Sicherungsfonds „Protektor“ anordnen. Alle Lebensversicherer mit Sitz in Deutschland sind per Gesetz Mitglied dieses Sicherungsfonds und profitieren von seinem Schutz. Sein Vermögen reicht aus, um die Pleite eines mittelgroßen Versicherers zu verhindern.
Letztlich kann die BaFin entsprechend § 314 des Versicherungsaufsichtsgesetzes zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens noch die Leistungsverpflichtungen einer Versicherungsgesellschaft herabsetzen.
Die Crux mit dem garantierten Beitrag
Im Gegensatz dazu klingt es im ersten Moment wesentlich verbraucherfreundlicher, wenn Lebensversicherer mit Sitz in einem EWR-Staat außerhalb Deutschlands nicht zwischen Tarif- und Zahlbeitrag unterscheiden und diesen Beitrag auch noch dauerhaft garantieren.
Aber wenn sich hierzulande beispielsweise BU-Leistungsfälle häufen, wird sich dies auf alle auf dem deutschen Markt tätigen BU-Versicherer auswirken. Dadurch entstehende kurzzeitige Verluste verkraftet jede finanzstarke Gesellschaft. Werden die Verluste jedoch existenzbedrohend, kann ein Versicherer mit Sitz in Deutschland die Überschussbeteiligung kürzen und mit den erhöhten Beitragseinnahmen seine Leistungsfähigkeit erhalten.
Dieser Möglichkeit beraubt sich ein Versicherer, wenn er seinen Versicherungsnehmern den Beitrag garantiert und ausdrücklich auch auf eine Erhöhung des Beitrags nach § 163 VVG verzichtet. In diesem Fall sollten Verbraucher und Vermittler schon sehr genau prüfen, welche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Insolvenz des Versicherers existieren. Ein Verweis des Versicherers auf seine aktuelle Finanzstärke ist hierfür zu wenig – auch ein Verweis auf die Finanzstärke des Mutterkonzerns.
Denn für die meisten Versicherungsnehmer wäre es desaströs, wenn ihr BU-Schutz nach jahrelanger Beitragszahlung wegen Insolvenz des Versicherers verloren ginge. Und ein Wechsel zu einem anderen Versicherer ist wegen der dann bereits erlittenen Erkrankungen meist nicht mehr möglich.
Deshalb fragt Versicherungsmakler Gerd Kemnitz auf seiner Website, wie anstrebenswert solch garantierte Beiträge wirklich sind und lädt hierüber zur Diskussion ein: https://www.bu-portal24.de/wie-sicher-sind-berufsunfaehigkeitsversicherungen.html
Bild: © skywalk154
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