In Frankreich kostet die Naturgefahrenversicherung nur durchschnittlich 26 Euro im Jahr, schützt 98% der Haushalte und entlastet die Staatsausgaben um ein Vielfaches. So lautet das Fazit einer Studie des Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V. (ZEV), die die Merkmale und Umsetzung der Absicherung gegen Elementargefahren am Beispiel des größten deutschen Nachbarlandes unter die Lupe genommen hat.
Düstere Prognosen vom GDV
Denn hierzulande ist es um die Elementarschadenversicherung gänzlich anders bestellt. Die Debatte dreht sich nämlich – noch unter dem Eindruck der katastrophalen Sturzflut in Westdeutschland im Juli 2021 – um das Für und Wider einer Einführung einer Versicherungspflicht gegen Elementarrisiken. Denn im bundesdeutschen Durchschnitt sind laut aktuellen Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) lediglich 50% der Gebäude gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Überschwemmung versichert; in manchen Bundesländern liegt der Anteil versicherter Gebäude bei gerade einmal 30%. Die Argumente: zu teuer, zu marktfern, nicht ursachengerecht. Erst jüngst hat der GDV vor einer Verdoppelung der Prämien für Wohngebäudeversicherungen gewarnt, sofern die Versicherungspflicht ohne Präventions- und Klimafolgenanpassungsmaßnahmen einhergehen sollte (AssCompact berichtete).
Französisches System basiert auf verbraucherschützenden Formvorschriften
Doch dass es mit Blick auf die Prämienentwicklung im Wohngebäudebereich auch anders gehen kann, zeigt die Studie des ZEV am Beispiel Frankreichs. Demzufolge basiere das bereits im Jahre 1982 gesetzlich eingeführte Schutzkonzept auf einer Kombination aus privater (Sach-) Versicherung mit einer staatlichen Rückversicherung. Beides unterliege der staatlichen Aufsicht und wird durch gesetzliche Vorgaben umfassend gestaltet, schreiben die Studienautoren.
Das französische System zum Schutz vor Elementarschäden („Régime Catastrophe Naturelle“, kurz „CatNat-System“) basiert auf folgenden fünf Säulen:
- die Pflicht, mit einer Sachversicherung auch den Schutz gegen Elementarschäden anzubieten,
- verbraucherschützende Formvorschriften für Versicherungsverträge,
- Definitionen und Regelungen für alle Phasen der Entschädigung,
- staatliche Instrumente zur Risikoprävention, um die Leistungsfähigkeit des CatNat-Systems auch langfristig sicherzustellen sowie
- die Einrichtung eines Rückversicherungssystems für die Versicherer über die Caisse centrale de réassurance (CCR), denen hierdurch eine staatliche Garantie zur Seite gestellt wird.
Versicherungsprämie ist Sache des Versicherers
Der Betrag für die Absicherung gegen Elementargefahren wird nach einem einheitlichen, gesetzlich festgelegten Satz bestimmt, erläutert die Studie. Er beträgt 12% der gesamten Versicherungsprämie für die Hausratsversicherung und 6% der Beiträge für Diebstahl und Feuer bei Kfz-Versicherungen.
Im Übrigen ist die Höhe der Versicherungsprämie Sache des Versicherers und dem Markt unterworfen. Faktoren wie der Versicherungsort, der Wert oder die Größe der Immobilie sind zum Beispiel preisbildend. Und auch die Höhe der gewählten Selbstbeteiligung spielt im Schadenfall eine Rolle. Außerdem erfolgt das Entschädigungsverfahren für Immobilienbesitzer nach Eintritt einer Naturgefahr nach einem gesetzlich festgelegten Verfahren.
Stop-Loss-Regelung flaniert Absicherung gegen Naturgefahren
Flankiert wird die Absicherung gegen Elementargefahren von einer Stop-Loss-Regelung, wofür sich bekanntlich auch die deutschen Versicherer aussprechen. So erstattet am Beispiel Frankreichs der sich im Staatsbesitz befindende Rückversicherer dem Versicherer im Falle einer schweren Naturkatastrophe alle von ihm geleisteten Entschädigungen, die über einen festgelegten Betrag hinausgehen, bis hin zu einer vertraglich festgelegten Höchstgrenze. Die vom GDV angebrachte Kostenspirale sei also vermeidbar, resümiert Jakob Thevis, stellvertretender Vorstand des ZEV. (as)
Die Studie vom ZEV steht hier zum Download zur Verfügung.
Bild: © Cagkan – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können