Ein Artikel von Peter Brandmann, Inhaber von pb beratung & training
Seit dem Jahr 2020 hat das Wort „Krise“ eine neue Bedeutung bekommen. Betriebe und Unternehmen mussten relativ schnell in einen Krisenmodus umschalten. Gerade aus unternehmerischer und betriebswirtschaftlicher Sicht war dies eine Herausforderung, auf die gerade kleinere Betriebe unzureichend oder nicht vorbereitet waren.
Krisen kommen teilweise sehr schnell und erlauben wenig Vorbereitungszeit, es sei denn, die Unternehmensführung hat sich im Vorfeld mit Notfallplänen zur Bewältigung von Krisensituationen befasst.
Es hat sich in den vergangenen Jahren herausgestellt, dass Krisen nicht nur vereinzelt auftreten können, sondern auch gehäuft und ineinander übergreifend. Lassen wir die letzten Jahre Revue passieren: Den Anfang machte die Corona-Pandemie, dann wurden wir vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine überrascht und darauffolgend kam Ende letzten Jahres die Gas- und Stromnotlage.
Was kommt als Nächstes auf uns zu?
Derzeit geht man davon aus, dass die Corona-Pandemie zwar noch nicht beendet, jedoch im Griff scheint und in eine endemische Phase übergeht. Die Energiemangellage hat sich allen Prognosen zum Trotze als beherrschbar herausgestellt, es gilt nun den nächsten Winter 2023/2024 abzuwarten. Ein Ende des Ukraine-Krieges scheint dagegen nicht in Sicht.
Man sollte hier kein Horrorszenario entwerfen, aber wir alle sollten aufgrund der Vorkommnisse der letzten Jahre sensibilisiert bleiben. Allein die Frage, ob es irgendwann eine neue Pandemie geben wird oder sich die Corona-Situation wieder verschärft, sollte nicht unberücksichtigt bleiben.
Pandemie als unternehmerische Krise für Maklerbetriebe
Denken wir an das Jahr 2020 zurück: Corona hat das Geschäftsleben nachhaltig beeinflusst. Wer hätte noch vor mehreren zurückliegenden Jahren gedacht, dass der Versicherungsmakler von heute auf morgen keine Kunden mehr empfangen, geschweige denn Kunden besuchen darf. Dies darf als unternehmerische Krise bezeichnet werden. Durch Vorgaben des Gesetzgebers wurde die unternehmerische Freiheit stark eingeschränkt.
Es gab auch ein paar positive Effekte: Die Digitalisierung – hier gehört Deutschland nicht gerade zu den Vorzeigeländern – hat in dieser Zeit Fahrt aufgenommen. Videoberatung und Home-Office haben an Bedeutung gewonnen und sind aus dem heutigen Geschäftsleben nicht mehr wegzudenken. Berücksichtigt werden muss dabei aber auch die neue Abhängigkeit von digitalen Medien und Elektronik. Es drängt sich die Frage auf, was bei einem längeren Stromausfall passieren würde.
Welche (möglichen) Wirkungen hatten nun die jeweiligen Krisen auf die Maklerunternehmen?
Corona-Krise
- direkte Auswirkung auf den Maklerbetrieb
- Einschränkung des Kundenkontaktes
- Kurzarbeit und Erhöhung des Krankenstandes
- Ausfall des Unternehmers bzw. Inhabers aufgrund Erkrankung
Ukraine-Krise
- keine direkte Auswirkung auf den Maklerbetrieb
- Folgeauswirkung im Bereich Energie
Energiekrise
- direkte Auswirkung durch Kostensteigerung
- resultierende Inflation führt zur Senkung der Kaufkraft, was weniger Abschlüsse, mehr Stornos und mehr Beitragsaussetzungen bedeuten kann
Notfallkonzept erstellen
Hier gilt es entsprechend anzusetzen und Notfallkonzepte sowie ein Notfallhandbuch für das eigene Unternehmen zu implementieren. Jetzt ist, wenn nicht schon geschehen, die richtige Zeit hierfür. Unternehmer können aus den vergangenen Jahren lernen, daraus ihre Schlüsse ziehen und ihre Unternehmen zukunftsorientiert auf Krisen vorbereiten.
In diesem Fall ist zu empfehlen, die vergangenen Krisenjahre eigenständig zu analysieren. Dabei sollte sich der Maklerunternehmer verschiedene Fragen stellen. Hier ein Auszug aus einer Kurzanalyse:
Wie war mein Maklerbetrieb betroffen?
- Ausfall von Mitarbeitern
- Ausfall des Leistungsträgers
- Ausfall von Einnahmen
- erhöhte Kosten, sinkende Rentabilität
- Ausfall von Kunden
Daraus folgen die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen:
- aufgrund fehlender Kundenkontakte: Umsatzrückgang
- Investitionen in Digitalisierung (z. B. Videoberatung): Kostensteigerung
- Kunden in Kurzarbeit: Stornogefahr, Aussetzung von Beitragszahlungen
- daraus folgend Umsatzrückgang, Kostensteigerung, Ertragseinbruch
Natürlich spielt bei der Analyse nicht nur der eigene Betrieb eine Rolle, es müssen auch die Auswirkungen beim Kundenverhalten berücksichtigt werden.
Krisen wirken sich grundsätzlich auf die Ertragskraft aus. Wichtig ist deshalb die stetige Überprüfung der Unternehmenszahlen. Krisen können an Zahlen erkannt werden – anhand von Umsatzrückgang, Kostensteigerung und als Ergebnis eine rückgängige Rentabilität.
Krisenvorbereitung – am Beispiel Stromausfall
Unter Krisenmanagement sind Prozesse, Verhaltensweisen und koordinierte Tätigkeiten zu verstehen, die eine Organisation als Ganzes ausführen muss, um drohende oder bereits eingetretene Krisen zu bewältigen.
Daher ist Krisenvorbereitung wichtig und ein Notfallkonzept ist das Schlagwort. Exemplarisch hier ein kurzes Notfallkonzept für einen Stromausfall:
- Welche Arbeitsplätze können bei Stromausfall weiter betrieben werden?
- Welche Aufgaben werden an diesen Arbeitsplätzen bearbeitet?
- Welches Personal besetzt diese Arbeitsplätze (Schichtplan)? Wie kommen Mitarbeiter, zum Beispiel bei Ausfall der öffentlichen Verkehrsmittel zum Arbeitsplatz?
- Was geschieht mit Beschäftigten, deren Arbeitsplätze nicht weitergeführt werden können?
- Sind Home-Office-Arbeitsplätze verfügbar? Steht dort im Ernstfall Internet zur Verfügung?
- Wie ist die Führungsorganisation für den Notbetrieb „Stromausfall“ strukturiert?
- Wie sind die Erreichbarkeiten sichergestellt (Erreichbarkeitslisten)? Es ist mit dem Ausfall des Telefon- und Handynetzes zu rechnen.
Dies ist ein Szenario bei einem Gesamtausfall, einem momentan unwahrscheinlichen „Blackout“, der nicht nur über einen begrenzten Zeitraum von Stunden geht, sondern einen längeren Zeitraum betrifft. Aber bereits ein mehrstündiger Ausfall kann die Einsatzbereitschaft eines Geschäftsbetriebes erheblich einschränken.
Fazit: Jetzt handeln
Eine Sensibilisierung für mögliche Krisen macht Sinn. Notfallkonzepte müssen jetzt erstellt werden. Große Versicherungsgesellschaften etwa haben sehr schnell reagiert und für den Bereich der Notfallplanung (Business Continuity Management oder BCM) eigene Stabsstellen geschaffen. Externe Berater können an der Stelle unterstützen und auch Versicherungsmakler kompetent bei der Erstellung von Notfallplänen helfen.
Über den Autor
Peter Brandmann ist Inhaber von pb beratung & training. Der Betriebswirt ist Datenschutzbeauftragter und hat eine Ausbildung zum Krisen- und Katastrophenmanager. Er verfügt über langjährige Erfahrung in behördlichen und privatwirtschaftlichen Krisenstäben, unter anderem im Krisenstab eines Versicherungskonzerns.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 04/2023, S. 90 f., und in unserem ePaper.
Bild: © wutzkoh – stock.adobe.com
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