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29. Januar 2025
Versicherer-Insolvenzen: Diese Bedeutung hat die Finanzstärke für Makler
Versicherer-Insolvenzen: Diese Bedeutung hat die Finanzstärke für Makler

Versicherer-Insolvenzen: Diese Bedeutung hat die Finanzstärke für Makler

Das jüngste Insolvenzgeschehen lässt die Finanzstärke der Versicherer in den Fokus rücken. Denn die finanzielle Stabilität stellt die vertraglich zugesicherte Schadenregulierung sicher. Zuletzt hat die Finanzstärke des Versicherers bei Versicherungsmaklern als Auswahlkriterium an Stellenwert gewonnen. Doch ihre Bewertung stellt Makler vor Probleme.

Ende November 2024 meldete der Cyberversicherer Cogitanda Insolvenz an, Anfang Januar 2025 der Versicherer und White-Label-Anbieter ELEMENT. Die Fälle zeigen deutlich: Die Finanzstärke eines Versicherers spielt eine entscheidende Rolle, sowohl für unabhängige Vermittler als auch für Versicherungsnehmer. Insbesondere bei sogenannten Vertrauensgütern, wie es also bei Vorsorgelösungen und Versicherungsschutz von Hab und Gut der Fall ist.

In der Beratung ihrer Kunden sollten Versicherungsmakler daher neben der Produktqualität auch auf die finanzielle Stabilität eines Anbieters achten. Schließlich hängen die angebotene Schadendeckung sowie eine ausreichende und vertraglich zugesicherte Schadenregulierung entscheidend davon ab. Und im Falle einer Insolvenz zahlt der Anbieter womöglich nicht mehr für entstandene Schäden. Tritt dieser Fall ein, müssen Versicherungsmakler ihre Kunden darüber informieren und ihnen schnellstmöglich Ersatzdeckungen anbieten, damit keine Versicherungslücken für die Kunden bestehen. „Eine umfassende Beratung und Dokumentation ist hier sehr wichtig“, empfehlen Vermittlerverbände.

Ausreichende Datenlage ist ein Problem

Als treuhänderischer Sachwalter des Kunden hat der Makler die generelle Pflicht über alle Umstände für die angestrebte Schadendeckung aufzuklären. „Die Pflichten des Maklers gehen bei der Beratung eines Kunden sogar so weit, die Finanzkraft eines Versicherers zu überprüfen, um nicht selbst später in eine Haftungsfalle zu geraten“, stellt Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) klar. Konkret bedeutet diese Aufgabe, dass Makler dazu verpflichtet sind, die Veröffentlichungen der Versicherungsaufsicht BaFin und weitere Pressemeldungen zu verfolgen, und zwar nicht nur beim Abschluss eines Neuvertrages, sondern auch „für die Überprüfung des Versicherungsschutzes eines laufenden Vertrages“, heißt es vom BVK.

Doch dabei existiert eine Schwierigkeit. Denn eine ausreichende Datenlage über die Solvenz der Versicherer, ihre Eigenkapitalausstattung oder ihre Umsatzrentabilität ist in der Tat ein Problem für Vermittler, bestätigt der BVK auf AssCompact-Nachfrage. Ein gewisses Maß an Orientierung und Sicherheit bieten seriöse Ratings, die zur Bewertung der Produktgeber zur Verfügung stehen. Insbesondere sogenannte Finanzstärkeratings helfen unabhängigen Versicherungsvermittlern bei der Beurteilung der jeweiligen Anbieter. Neben den klassischen Ratings großer Ratingagenturen gibt es auch Unternehmensbewertungen, die die Interessen des Verbrauchers, also die des Versicherungsnehmers, in den Vordergrund stellen. Zu nennen sind hier zum Beispiel der map-report von den Analysten bei Franke und Bornberg sowie die Ratings von MORGEN & MORGEN.

Unter Maklern gewann die Finanzstärke an Bedeutung

Die Versicherungsmakler selbst schenken der Bewertung der Finanzstärke eines Versicherers von Jahr zu Jahr mehr Bedeutung. Das belegt eine Auswertung der AssCompact AWARD-Studien, die das Fachmagazin AssCompact regelmäßig unter Versicherungsmaklern und Mehrfachagenten durchführt. Das Leistungskriterium „Finanzstärke/finanzielle Stabilität“ hat demzufolge zwischen den Jahren 2021 und 2024 für die Studienteilnehmer an Einflussstärke bei der Gesamtbeurteilung eines Anbieters an Stellenwert gewonnen. Und auch bei den Rangplatzierungen innerhalb aller Leistungskriterien kletterte die Finanzstärke zuletzt nach oben. „Besonders in den Bereichen bAV, Private Vorsorge und BU gehört die Finanzstärke im Jahr 2024 zu den zentralen Leistungskriterien, was den Bedeutungszuwachs im Vergleich zu anderen Kriterien verdeutlicht“, stellt Dr. Mario Kaiser, Leiter AssCompact Studien, fest.

Finanzstärke der Versicherer: Solide, aber unter Druck

Wie ist es also derzeit um die Finanzstärke unter den Versicherern bestellt? Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen wie Inflation und konjunktureller Flaute sowie den jüngsten Insolvenzfällen Cogitanda und ELEMENT bewerten Branchenanalysten die finanzielle Stabilität bei den Versicherern als solide. Sowohl Franke und Bornberg als auch MORGEN & MORGEN bescheinigen den Sparten mit langlaufenden Versicherungsverträgen wie den Lebens- und Krankenversicherern hierzulande eine stabile Finanzstärke. Risiken durch das steigende Zinsniveau oder Liquiditätsengpässe durch den Abfluss von Kundengeldern bei Lebensversicherern hätten sich bislang nicht bewahrheitet, resümiert Michael Franke, Geschäftsführer der Franke und Bornberg GmbH.

Dagegen lägen für die Kranken- und Sachversicherer die Herausforderungen weniger in der konjunkturellen Entwicklung, sondern vielmehr im Management der steigenden Schadenaufwendungen. Bei den Krankenversicherern führte das zuletzt zu kräftigen Beitragserhöhungen. Auch deswegen, weil sie gesetzlich dazu verpflichtet seien, die Beiträge zu erhöhen, sobald die Ausgaben um ein gewisses Maß steigen, erklärt Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating beim Ratinghaus MORGEN & MORGEN.

Die Sachversicherer sehen sich wiederum vermehrt mit witterungsbedingten Schadenereignissen etwa durch Starkregen konfrontiert. Diese seien laut Franke und Bornberg zwar regional begrenzt, aber trotzdem sehr schadenträchtig. Allerdings: Im Bereich der Sachversicherung spielt angesammeltes Kapital keine so große Rolle – hier wird vor allem nach der Combined Ratio geschaut, also ob die Prämien auskömmlich sind, erläutert Saal. Zusätzlich komme dem Rückversicherer eine größere Bedeutung zu. „Außerdem können die Kunden können hier in der Regel flexibler auf etwaige Probleme des Versicherers reagieren und zu anderen Anbietern wechseln“, ergänzt Michael Franke.

Versicherer-Insolvenzen sind vergleichsweise selten

Die gute Nachricht ist: Im deutschen Versicherungsmarkt gibt es vergleichsweise wenig Insolvenzen. Das liege auch daran, dass die Versicherungsaufsicht die Kapitalstärke der Anbieter genau beobachte. Und für den Bereich der Lebensversicherer existiere beispielsweise die Auffanggesellschaft Protektor, die im Falle einer Insolvenz die Versicherungsbestände übernimmt. „Sollte sich eine Schieflage abzeichnen, wird häufig rechtzeitig reagiert und mit Run-off oder Fusionen Schlimmeres verhindert“, beschwichtigt Saal. Abgesehen davon sind Versicherer gemäß § 125 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) dazu verpflichtet, ein sogenanntes Sicherungsvermögen zu bilden. Dieses diene dazu, erklärt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV), Ansprüche der Kund/-innen im Schadenfall ungeachtet der Insolvenz des Versicherers zu decken. Das aber schütze Makler nicht davor, die Finanzstärke des Anbieters als wichtiges Auswahlkriterium zu vernachlässigen. (as)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Gerd Kemnitz (… am 30. Januar 2025 - 09:51

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass gar nicht alle, auf dem deutschen Markt aktiven Lebensversicherer der Auffanggesellschaft Protektor angehören. Deshalb sollten – zumindest nach meiner Ansicht – in solchen Fällen Versicherungsvermittler auf das Fehlen dieser zusätzlichen Sicherheit hinweisen.