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6. Dezember 2023
Trade Republic wird zur Vollbank
Trade Republic wird zur Vollbank

Trade Republic wird zur Vollbank

Der Berliner Neobroker Trade Republic erhält von der BaFin offiziell eine Vollbanklizenz. Damit darf das FinTech nun auch klassische Bankprodukte wie Giro- oder Tagesgeldkonten anbieten und ins Kreditgeschäft einsteigen. AssCompact hat beim Unternehmen nach den Hintergründen gefragt.

Von der Wertpapierhandelsbank zur Vollbank: Das in Berlin ansässige FinTech Trade Republic, welches in den letzten Jahren auch aufgrund der steigenden Beliebtheit von ETFs einen starken Kundenzufluss erlebte, ist nun nicht mehr nur für die Wertpapieranlage zu haben. Ab Mittwoch, 06.12.2023, ist dem Neobroker eine Vollbanklizenz zu eigen, erteilt von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Europäischen Zentralbank (EZB).

Damit öffne sich „ein neues Kapitel in der bisherigen Entwicklung von Trade Republic“, wird Mitgründer Christian Hecker in einer Unternehmensmitteilung zitiert. Knapp fünf Jahre nach Marktstart hat Trade Republic mit der Vollbanklizenz nun Zugriff auf alle wesentlichen Bankdienstleistungen inklusive des Einlagen- und Kreditgeschäftes. Woher kommt der Schritt zur Vollbank und was steht nun auf dem Plan? AssCompact hat nachgefragt.

Vollbanklizenz für Trade Republic ein „Gütesiegel“

Die Pressestelle des Unternehmens teilt gegenüber AssCompact mit, dass es gewiss nicht die Regel sei, sondern eher eine Ausnahme, dass insbesondere ein FinTech wie Trade Republic eine Lizenz zur Vollbank erhält. Bereits 2022 habe man den Antrag dafür bei der BaFin eingereicht, die nach eingehender Prüfung die letztendliche Absegnung von der EZB einholen musste, ehe sie die Lizenz an das Berliner Unternehmen nun erteilt hat.

Dass die verantwortlichen Institutionen sich für diese Maßnahme entschieden haben, stelle ein „Gütesiegel“ für die Prozesse, die Sicherheitsstruktur, die Dienstleistungen und auch die Menschen im Unternehmen dar, heißt es von der Pressestelle. Dass man nun alle Bankgeschäfte zur Verfügung hat, habe Trade Republic demnach die Türen für die Richtung eröffnet, in die das FinTech in Zukunft gehen möchte.

„Die eine oder andere Überraschung“

Ziel nach Erhalt der Lizenz ist, das Produktangebot rund um die Themen Anlegen und Sparen künftig stark auszubauen. Der Fokus bleibe dabei unverändert auf dem einfachen, sicheren und günstigen Aufbau von Vermögen, wie Christian Hecker in der Pressemitteilung zitiert wird.

Was genau heißt das? Dazu wollte die Pressestelle vorerst keine genauen Angaben machen – deutete allerdings an, dass man ab Anfang Januar die „eine oder andere weitere Überraschung“ zu sehen bekommen werde. Anfang des Jahres startete das Unternehmen den ernsthaften Wettbewerb um die besten Zinsen auf Tagesgeldkonten, als es auf seinem Verrechnungskonten einen Zinssatz von 2% p. a. anbot. Im September 2023 wurde dieser Zinssatz auf 4% p. a. erhöht und außerdem im Rahmen einer neuen App der Handel mit Anleihen eingeführt (AssCompact berichtete: Trade Republic bietet allen Kunden 2% Zinsen auf Geldguthaben und Trade Republic erhöht Zinsen und startet mit Anleihenhandel).

Die Kooperationen mit den Partnerbanken sollen auf absehbare Zeit laut Pressestelle bestehen bleiben. Bislang wurden die Gelder auf den Verrechnungskonten der Kunden auf Konten von J.P. Morgan, der Deutschen, Solaris und der Citibank. An dieser Zusammenarbeit soll sich vorerst nichts ändern.

Payment for Order Flow ab 2026 verboten

Ab 2026 soll im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie das Vergütungsmodell „Payment for Order Flow“ (PfOF) verboten werden. Dabei erhalten Neobroker von ihren Handelspartnern Rückvergütungen für die Weiterleitung von Kundenaufträgen. Auf Nachfrage heißt es jedoch von Trade Republic, dass dieser Umstand keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung hatte, sich um eine Vollbanklizenz zu bemühen – schließlich wurde dieses Verbot erst 2023 diskutiert und beschlossen und war bei der Einreichung des Lizenzantrags noch nicht Thema.

Es handle sich hierbei um eine unternehmensstrategische Entscheidung, um sich als Dienstleister, insbesondere für junge Menschen, die einen großen Teil des Kundenstamms ausmachen, weiterzuentwickeln.

Prüfungsausschuss berufen

Außerdem wird Trade Republic im Zuge des Erhalts der Vollbanklizenz einen Prüfungsausschuss berufen, so die Mitteilung. Vorbehaltlich der BaFin soll sich das Gremium aus Ute Gerbaulet, CFO der Dr. August Oetker KG und vormals persönlich haftende Gesellschafterin des Bankhaus Lampe, Christiana Riley, Regional Head Nordamerika bei Santander und ehemalige Vorständin der Deutschen Bank, sowie Andreas Willius, dem ehemaligen Geschäftsführer von Trade Republic sowie zuvor Vorstand der Börse Stuttgart, zusammensetzen.

Die Trade-Republic-Pressestelle teilt auf Nachfrage mit, dass sich die Aufgaben des Prüfungsausschusses im Wesentlichen auf die Bereiche Rechnungslegungsprozess, die Überwachung der Wirksamkeit der Kontrollsysteme und auch die Überwachung der Qualität der Abschlussprüfung und der vom Abschlussprüfer erbrachten Leistungen konzentrieren. (mki)

Bild: © Claudia Nass – stock.adobe.com