Private Vorsorge für das Alter ist nicht mehr nur ein „nice-to-have“ für die meisten Menschen, sondern von wesentlicher Bedeutung, um den Lebensstandard im Alter zu halten. Riester- und Rürup-Renten sollen beim Kapitalaufbau helfen – doch eine aktuelle Studie der gemeinnützigen Organisation Finanzwende GmbH hat kein gutes Haar an den staatliches Altersvorsorgeprodukten gelassen.
Laut der Studie, die den Kundennutzen von Riester- und Rürup-Tarifen untersucht hat, können nur die wenigsten Angebote einen Inflationsausgleich erwirtschaften – und wenn, dann erst, wenn Kunden sehr alt werden. Als wesentliches Kriterium für Kundennutzen definiert die Verbraucherorganisation dabei eine Renditeerwartung von mindestens 2% – die von der Europäischen Zentralbank (EZB) langfristig für die Eurozone angestrebte Inflationsrate.
Kaum ein Tarif erreicht eine Rendite von 2%
Während der Vorstellung der Studie am vergangenen Mittwoch, den 24.01.2024, bescheinigen Britta Langenberg, Leiterin des Bereichs Verbraucherschutz der Finanzwende Recherche, und Versicherungsmathematiker und ehemaliger Vorstandssprecher des Bund der Versicherten e. V. (BdV) Axel Kleinlein, den Tarifen kein gutes Ergebnis. Von den 111 untersuchten Riester- und Rürup-Tarifen, die im Herbst 2023 angeboten wurden, konnten nur zwei von den insgesamt 89 Rürup-Produkte den angestrebten Wert über die gesamte Laufzeit erreichen. Bei den Riester-Renten sogar keine einzige.
Zulagen wurden nicht berücksichtigt
Im Schnitt lag die Rendite laut der Studie bei den Riester-Produkten bei 0,8% und bei den Rürup-Angeboten bei 1,0%. „Reicht das als Mehrwert für Kunden?“, fragt Langenberg während der Vorstellung. „Wir finden nein.“
Allerdings räumen Langenberg und Kleinlein ein, dass die Studie ohne die staatlichen Zulagen gerechnet hat, die viele der Kunden erhalten, beispielsweise Familien mit vielen Kindern – je nach Individualsituation können persönliche Kundenrenditen sich stark unterscheiden, so die Autoren. Auch Steuereffekte wurden in der Studie nicht berücksichtigt.
Problem liegt oft in der Rentenphase
Das Grundproblem bleibe jedoch bestehen, so die Autoren. Während hohe Kosten während der Ansparphase ein Problem darstellen würden, liege der Hauptgrund für die niedrigen Renditen oftmals in der Rentenphase. Die Versicherer rechnen nämlich – auch aufgrund von Vorgaben der BaFin – mit sehr hohen Lebenserwartungen, um das Langlebigkeitsrisiko auszugleichen, so Kleinlein.
Wer mit Riester- oder Rürup-Renten real kein Geld verlieren will – also rechnerisch auf die Zielrendite von 2% kommen will – muss sehr alt werden, so das Fazit der Studienautoren. Bei Rürup-Renten im Durchschnitt 99 Jahre, bei Riester-Renten sogar 100 Jahre.
Doch lebenslange Zahlungen allein sichern nicht den Lebensstandard, so Langenberg. „Wenn sie im Monat 60 Euro bekommen, hilft Ihnen das nicht viel weiter“, kommentiert die Expertin.
Experten: Riester und Rürup nicht mehr zu retten
Laut den Experten sind die beiden Konzepte nicht mehr zu reformieren. „Das Kernproblem ist, dass die Sicherheit einer lebenslangen Rente für sehr viele Kunden allzu teuer erkauft ist“, so Langenberg. Weiter an Reformen für die Konzepte herumzuschrauben, sei ihrer Ansicht nach kontraproduktiv. Es werde daher Zeit, „klare Anforderungen für staatliche geforderte Rentenverträge“ festzulegen. Beispielsweise könnte man alternative Auszahlformate zur Verrentung diskutieren, wie kollektive Entsparmodelle oder Auszahlpläne bis zu einem bestimmten Alter.
Die private Altersvorsorge in Deutschland steht derzeit auf dem Prüfstand. Die vom Bundesministerium eingesetzte Fokusgruppe private Altersvorsorge hat im Sommer vergangenen Jahres ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die Fokusgruppe hat sich in ihren Empfehlungen für den Erhalt der Riester-Förderung ausgesprochen. Um Renditen zu steigern, könne es hier etwa die Möglichkeit geben, künftig auch risikoreichere Varianten anzubieten. (js)
Bild: © Seventyfour – stock.adobe.com
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