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28. April 2024
Steigender Höchstrechnungszins: Bedeutung für Versicherer
Was ein steigender Höchstrechnungszins für Versicherer bedeutet

Steigender Höchstrechnungszins: Bedeutung für Versicherer

Ende vergangenen Jahres hat sich die Deutsche Aktuarvereinigung für eine Erhöhung des Höchstrechnungszinses ausgesprochen. Versicherer wünschen sich schnell Klarheit. Doch wie könnte sich eine Anhebung konkret auf die Altersvorsorgeprodukte der Unternehmen auswirken?

Anmerkung der Redaktion: Kurz nach Veröffentlichung dieses Artikels hat das Bundesministerium der Finanzen die Erhöhung des Höchstrechnungszinses von 0,25% auf 1% ab 2025 bekannt gegeben. 

Viele Versicherer warten derzeit gespannt auf Neuigkeiten aus Berlin. Im November 2023 hat sich nämlich die Deutsche Aktuarvereinigung e. V. (DAV) in ihrer alljährlichen Empfehlung an das Bundesfinanzministerium (BFM) für eine Erhöhung des Höchstrechnungszinses für Neuverträge in der Lebensversicherung ausgesprochen.

Sollte das BFM den Empfehlungen der DAV folgen, würde der Höchstrechnungszins das erste Mal seit 30 Jahren steigen – und zwar deutlich: Die Aktuare haben sich ab dem Jahr 2025 für eine Erhöhung von den derzeitigen 0,25% auf 1% ausgesprochen.

Renaissance der Klassik? Eher nicht

Was würde eine solche Steigerung für die Produkte in der privaten Altersvorsorge bedeuten? Grundsätzlich könnte eine Erhöhung zur Folge haben, dass die Nachfrage nach Lebensversicherungsprodukten mit Beitragsgarantien wieder steigen, sagt Jens Oliver Martin, Leiter Produktmanagement bei der Alte Leipziger Lebensversicherung a. G auf Nachfrage von AssCompact.

Bei der WWK sieht man das ähnlich. Eine Anhebung würde Produkte, bei denen das Sicherungsvermögen eine Rolle spielt, aus Kundensicht wieder attraktiver machen, so Dr. Winfried Gaßner, Abteilungsleiter Produktmanagement WWK Versicherungen. „Aber auch konventionelle Produkte und sogar fondsgebundene Tarife ohne Garantie profitieren von einem höheren Rechnungszins, beispielsweise in Form eines höheren garantierten Rentenfaktors, der der Berechnung der monatlichen Rente dient“, so Gaßner.

Allerdings: Bei der Alte Leipziger geht man derzeit nicht davon aus, dass die vorgeschlagene Erhöhung auf „nur“ 1% mit einer „Renaissance der Klassik“ einhergehen würde.

Lebt Riester wieder auf?

Wie sieht es mit den in den letzten Jahren in Ungnade gefallenen Riester-Produkten aus? Mit der Senkung des Höchstrechnungszinses stellten viele Versicherer das Riester-Neugeschäft ein, weil der Bruttobeitragserhalt nicht mehr gewährleistet werden konnte.

Wären die Produkte nach der Erhöhung wieder interessanter? Laut der Stuttgarter Versicherung und der R+V würde die Attraktivität zumindest wieder steigen, wie die Unternehmen während separater Pressegespräche vor einigen Wochen bestätigten. Guido Bader, Chef der Stuttgarter Lebensversicherung, würde eine Rückkehr von Riester „begrüßen“. Die Alte Leipziger dagegen glaubt nicht, dass ein Höchstrechnungszins von 1% ausreichend wäre, um Riester wieder attraktiv zu machen.

AKS-Produkte ebenfalls betroffen

Auch auf andere Produkte in der Altersvorsorge sowie in der Arbeitskraftabsicherung würde eine Anhebung Einfluss haben, erklärt die Stuttgarter. So würden etwa in der Risikolebensversicherung, in Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen sowie in Grundfähigkeits- und Dread-Disease-Produkten Prämien nach unten gehen. Er schätze, dass die Beiträge zwischen 5 bis 7% sinken werden, so Bader.

Entscheidung soll so schnell wie möglich kommen

Bisher hat man noch nichts aus Berlin gehört – auch nicht, wann mit einer Entscheidung gerechnet werden könnte. Die Versicherer jedoch möchten „besser gestern als heute“ Klarheit, so die WWK. Hier arbeitet man bereits mit Annahmen und verschiedenen Szenarien. „Eine zeitgerechte Umsetzung der ggf. neuen Rahmenbedingungen in unserer Produktwelt hat für unser Haus oberste Priorität“, so Gaßner.

Dabei geht es nicht nur darum, dass eine entsprechende Vorlaufzeit benötigt wird, so die Alte Leipziger. „Bei geförderten Produkten wie der Basisrente ist zwingend eine Klassifizierung des Chance-Risiko-Profils durch die Produktinformationsstelle Altersvorsorge (PIA) erforderlich, ebenso wie eine Zertifizierung der Bedingungen durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Hierfür müssen im Regelfall bis zu sechs Monate Vorlauf eingeplant werden“, so Martin. (js)

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