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Steuern & Recht
17. Juli 2024
Servicevereinbarungen: Das gilt es rechtlich für Makler zu beachten

Servicevereinbarungen: Das gilt es rechtlich für Makler zu beachten

Wie können Vermittler neue Kunden gewinnen und bestehende binden? Eine Idee dazu sind Servicevereinbarungen. Die DEGAV hat sich diese zur Aufgabe gemacht. Ein rechtlicher Blick auf und ein Plädoyer für Servicevereinbarungen von DEGAV-Mitglied Norman Wirth.

Artikel von Norman Wirth, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht, Seniorpartner bei Wirth-Rechtsanwälte und Gründungmitglied der Deutschen Gesellschaft für alternative Vergütungskonzepte DEGAV

In der Versicherungsbranche wird oft diskutiert, ob Versicherungsmakler eine direkte Vergütung durch ihre Kunden erhalten dürfen oder ob dies ausschließlich Versicherungsberatern vorbehalten ist. Letzteres ist ein Irrglaube. Die Einführung von Servicevereinbarungen bietet Maklern die Möglichkeit, ihre Dienstleistungen fair vergütet zu bekommen, gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu steigern und damit auch eine höhere Vertragsdichte zu erhalten. Das Thema geht immer einher mit dem Buzzwort „Honorarberatung“.

Was ist eigentlich Honorarberatung?

Der Begriff „Honorarberatung“ ist nicht legal definiert und bietet daher viel Raum für unterschiedliche Interpretationen und auch polemische Meinungsäußerungen. Grundsätzlich lässt sich Honorarberatung als die beratende Tätigkeit für den Kunden gegen Vergütung durch den Kunden definieren, ähnlich wie bei Anwälten, Ärzten oder Steuerberatern. Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es jedoch sinnvoll, von „alternativen Vergütungsmodellen“ zu sprechen – also Vergütungen, die von der traditionellen Courtage abweichen.

Dürfen Versicherungsmakler alternative Vergütungsmodelle nutzen?

Die Frage, ob Versicherungsmakler gegenüber Privatkunden alternative Vergütungsmodelle nutzen dürfen, wurde in der Vergangenheit häufig verneint. Diese Ablehnung führte bei vielen Maklern zu Frustration, da sie immer wieder in Situationen gerieten, in denen sie umfangreiche und zeitaufwändige Dienstleistungen erbrachten, ohne dafür angemessen vergütet zu werden.

Einige gängige Szenarien sind:

1. Der potenzielle Kunde lässt sich stundenlang beraten, um anschließend online abzuschließen.

2. Kunden bringen unsortierte Unterlagen und erwarten eine kostenlose Sortierung und Übersicht.

3. Makler stehen tagelang auf Brandstätten und diskutieren mit Gutachtern, ohne dafür entlohnt zu werden.

Diese Tätigkeiten sind zeitintensiv und wertvoll, werden jedoch oft nicht vergütet.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Für Gewerbekunden gibt es eine klare gesetzliche Regelung: Gemäß § 34d Abs. 1 Satz 8 GewO dürfen Versicherungsmakler Dritte, die nicht Verbraucher sind, gegen gesondertes Entgelt beraten. Dies bedeutet, dass für Gewerbekunden eine Vermittlungsabsicht oder ein Vermittlungserfolg nicht erforderlich ist. Für Verbraucher ist diese Regelung nicht explizit vorhanden, was jedoch keinesfalls bedeutet, dass hier Vergütungsvereinbarungen grundsätzlich verboten sind.

Die entscheidenden Fragen sind hier immer:

  • Ist die fragliche Tätigkeit des Versicherungsmaklers erlaubt oder gesetzlich verboten?
  • Darf der Makler für die erlaubte Tätigkeit eine Vergütung vom Kunden erhalten?
Vertragsfreiheit und Vergütung

Der Gesetzgeber hat die Frage der Vergütung von Versicherungsmaklern weitgehend offengelassen, was umfassende Vertragsfreiheit zwischen Makler und Kunde ermöglicht. Tätigkeiten, die nicht verboten oder gesetzlich vorgeschrieben sind, können vom Makler vergütet werden. Beispiele für mögliche Vergütungsmodelle sind:

  • Stundenhonorar für Beratung
  • Quotenvereinbarung für günstigere Versicherungen
  • Betreuungspauschale
  • Vermittlungsvergütung für Nettoverträge

Jeder vorgenannte Punkt bedarf sicherlich einer Detailbetrachtung. Nachfolgend wird hier aber auf klarsten und am besten umzusetzenden Punkt eingegangen.

Servicevereinbarungen als Lösung

Servicevereinbarungen bieten eine nachhaltige Lösung für die finanziellen Herausforderungen, denen Makler gegenüberstehen. Durch ein Servicekonzept, das zu den Bedürfnissen der Zielgruppe passt, können Makler ihre Bestandseinnahmen erheblich erhöhen. Ein strukturierter Service führt zu einer besseren Kundenbetreuung und schafft systematisierte Abläufe im Alltag, was den Serviceaufwand reduziert.

Praktische Umsetzung und Vorteile von Servicevereinbarungen

Die Einführung von Servicepauschalen erfordert eine klare und transparente Kommunikation mit den Kunden. Alle Vereinbarungen sollten unbedingt schriftlich festgehalten werden, um Missverständnisse zu vermeiden. Die Vorteile für Makler und Kunden sind vielfältig:

  • nachhaltige Einnahmequelle: Durch zusätzliche Vergütungen wird die finanzielle Basis des Maklerunternehmens gestärkt.
  • höhere Kundenbindung: Kunden, die einen Mehrwert sehen und erhalten, bleiben länger treu.
  • Aktivierung von Neugeschäft: Zufriedene Kunden empfehlen den Makler weiter, was zu neuen Geschäftsmöglichkeiten führt.
  • Zeitersparnis: Durch strukturierte Servicepakete können Arbeitsabläufe optimiert und Zeit gespart werden.
  • Unabhängigkeit von Krisen und Regulierungen: Zusätzliche Einnahmequellen machen das Maklerunternehmen unabhängiger von Marktschwankungen und regulatorischen Änderungen.
Beispiele für Angebote in Servicevereinbarungen

1. proaktives Jahresgespräch: ein umfassendes Gespräch, das weit über die übliche Betreuung hinausgeht und die Möglichkeit bietet, den Versicherungsbedarf des Kunden regelmäßig zu überprüfen und anzupassen

2. Schadensfallmanagement: Unterstützung und Koordination im Schadensfall, inklusive Bereitstellung von Schadenformularen, Koordination mit Gutachtern und Anwälten sowie Begleitung des Kunden durch den gesamten Schadensprozess

3. Betreuung von Fremdverträgen: Verwaltung und Betreuung von Verträgen, die nicht vom Makler vermittelt wurden, um dem Kunden eine zentrale Anlaufstelle für alle Versicherungsangelegenheiten zu bieten

4. Kunden-App: Bereitstellung einer App zur besseren Kommunikation und Verwaltung der Versicherungsangelegenheiten, inklusive Dokumentenverwaltung, Terminvereinbarung und direktem Kontakt zum Makler

5. DIN-Analyse: detaillierte Analyse der finanziellen Situation des Kunden gemäß DIN-Norm, um eine umfassende und standardisierte Beratung zu gewährleisten

6. Unterlagenaufbereitung für das Finanzamt: Unterstützung bei der Zusammenstellung relevanter Unterlagen für steuerliche Zwecke, um dem Kunden den Aufwand und die Komplexität der Steuererklärung zu erleichtern

Erfolgsfaktoren und Herausforderungen

Die Einführung von Servicevereinbarungen erfordert eine sorgfältige Planung und Umsetzung. Erfolgsfaktoren sind unter anderem:

  • transparente Kommunikation: Kunden müssen klar informiert werden, welche Leistungen sie erhalten und welche Kosten damit verbunden sind.
  • rechtliche Absicherung: Alle Vereinbarungen sollten rechtlich geprüft und schriftlich festgehalten werden, um Missverständnisse und rechtliche Probleme zu vermeiden.
  • Anpassung an Kundenbedürfnisse: Die Servicepakete sollten flexibel und auf die spezifischen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sein, um deren Mehrwert zu maximieren.
Praktische Verbreitung

Die rechtliche Einführung von Servicevereinbarungen für Versicherungsmakler ist ganz klar möglich, branchenweit akzeptiert und wird unter anderem durch den Arbeitskreis Beratungsprozesse unterstützt. Der Arbeitskreis, eine Non-Profit-Initiative mehrerer Vermittlerverbände (unter anderem des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung) und Servicegesellschaften, hat Vertragsmuster für Servicevereinbarungen entwickelt, die kostenlos zur Verfügung stehen​. Sehr zu empfehlen wäre auch und besonders der Vertragsgenerator, den die Abrechnungsplattform DIPAY zu Verfügung stellt, da hiermit eine individuellere Erstellung machbar ist.

Fazit

Die Einführung von Servicevereinbarungen bietet Versicherungsmaklern eine hervorragende Möglichkeit, ihre Dienstleistungen angemessen zu vergüten und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Dies führt zu einer stabileren finanziellen Basis und einer langfristigen Wertsteigerung des Maklerbestandes.

Über DEGAV und DIPAY

Die DEGAV GmbH wurde von Handan Isik, Dirk Erfurth, Norman Wirth und Jörg Laubrinus Anfang des Jahres 2024 gegründet. Das Unternehmen hat sich darauf spezialisiert, Vermittlern einen schnellen und sicheren Start zu ermöglichen und bietet z. B. Live-Kurse für interessierte Versicherungsmakler zu diesem Thema an.

Die DIPAY-Plattform (Gründer Handan Isik und Dirk Erfurth) soll Vermittlern eine leichte Implementierung von Servicevereinbarungen im Vermittlerbetrieb mit geprüften Verträgen, automatisierten Rechnungen sowie Zahlungsabwicklung ermöglichen.

Bild: © chaylek – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Norman Wirth