Eine Realschule in Baden-Württemberg hat sogenannte „iPad-Klassen“ eingerichtet und für die von ihr angeschafften iPads eine Versicherung für 92 Euro pro Stück abgeschlossen. An dem finanziellen Aufwand für diese Versicherung hat sie die Schüler anteilig beteiligt, indem sie den Eltern einmalig je 50,00 Euro pauschal in Rechnung gestellt und den Rest auch für das folgende Schuljahr übernommen hat.
Jobcenter: Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf bereits berücksichtigt
Zwei minderjährige Schülerinnen dieser Realschule stehen im SGB-II-Leistungsbezug („Hartz IV“). Das Jobcenter lehnte es nun ab, im Zusammenhang mit den iPad-Versicherungen für den Bewilligungszeitraum Dezember 2018 bis Juni 2019 monatlich je weitere 30 Euro einkommensmindernd als Beiträge der Schülerinnen zu privaten Versicherungen zu berücksichtigen. Es argumentierte, dass für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf bei Schülerinnen und Schülern 70 Euro zum 01. August und 30 Euro zum 01. Februar eines jeden Jahres bereits berücksichtigt würden. Weitere Kosten könnten nicht übernommen werden. Der Leistungsempfänger könne und müsse mit der Pauschale selbst wirtschaften und sich das Geld einteilen.
SG: Eltern haben Vertragsabschluss genehmigt
Das Sozialgericht (SG) hat das Jobcenter in erster Instanz allerdings verurteilt, den Klägerinnen im streitgegenständlichen Zeitraum unter Zugrundelegung eines jeweils um 30 Euro verminderten anzurechnenden monatlichen Einkommens höhere Leistungen zu gewähren. Es spiele keine Rolle, dass die Klägerinnen (gegebenenfalls vertreten durch ihre Eltern) die Versicherungsverträge nicht selbst abgeschlossen hätten. Denn es sei davon auszugehen, dass die Eltern bei Anmeldung ihrer Kinder zur iPad-Klasse die Schule zum Abschluss des Versicherungsvertrages ermächtigt bzw. spätestens mit der Bezahlung der 50 Euro an die Schule den Versicherungsvertragsabschluss genehmigt hätten.
LSG: Versicherungsnehmer ist allein die Realschule
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) sieht die Sache anders, hat daher der Berufung des Jobcenters stattgegeben und die Klage abgewiesen. Laut LSG handelt es sich bei den von der Schule geforderten 50 Euro nicht um Beiträge der Klägerinnen zu einer privaten Versicherung. So hätten die minderjährigen Schülerinnen (gegebenenfalls vertreten durch ihre Eltern) selbst gar keine Versicherung für die iPads abgeschlossen. Versicherungsnehmer sei allein die Realschule.
Aber nur, wenn für das jeweilige Kind eine eigene Versicherung abgeschlossen wäre, die sein Einkommen auch tatsächlich belaste, könnten die hierfür aufgewandten Beiträge im Sinne des § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V bedarfsmindernd vom Einkommen abgesetzt werden.
Dass die Eltern der Klägerinnen dem Abschluss der Versicherung zugestimmt oder einen solchen nachträglich genehmigt hätten, sei weder vorgetragen worden, noch ergebe sich dies aus den von der Realschule vorgelegten Unterlagen. Das Jobcenter habe daher die Absetzung weiterer Versicherungspauschalen zu Recht verweigert. Im Übrigen hätten die Klägerinnen vom Jobcenter jeweils Leistungen für persönlichen Schulbedarf nach § 28 Abs. 3 SGB II zum 01. August 2018 in Höhe von 70 Euro und zum 01. Februar 2019 in Höhe von 30 Euro ausgezahlt bekommen und daher insoweit bereits mehr als die von der Schule verlangten 50 Euro erhalten. (ad)
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.02.2022 – Az.: L 3 AS 1023/21
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