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22. September 2015
Rechnungszins-Absenkung: Beitragserhöhungen in der PKV kommen
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Rechnungszins-Absenkung: Beitragserhöhungen in der PKV kommen

Seit über 50 Jahren liegt der Tarifkalkulation in der privaten Krankenversicherung ein Höchstrechnungszins von 3,5% zugrunde. Angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase stellt sich hier immer mehr die Frage der Angemessenheit. In den Fokus rückt nun ein Instrument zur Rechnungszinsfestlegung, das diese Rahmenbedingungen berücksichtigt. Das sogenannte AUZ-Verfahren beschäftigt immer mehr Versicherer.

Es ist kein Geheimnis, dass die aktuelle Niedrigzinsphase auch den privaten Krankenversicherungen (PKV) zu schaffen macht. Schließlich sind diese im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung von der Höhe der Verzinsung ihrer Anlagen abhängig. Wurden vor fünf Jahren noch Prognosen von 4,5 bis 5% Netto-Verzinsung abgeben, sieht die Realität heute ganz anders aus. Anfang des Jahres 2015 hat die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) eine Empfehlung von 2,75% für Neukunden abgegeben. Hintergrund der Empfehlung war hier die Einführung der Unisex-Tarife.

Doch nicht nur Neukunden sind vom niedrigen Zinsniveau betroffen. Dies geht aus der Antwort der Bundesregierung bzw. des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 07.09.2015 (Bt-Drs. 18/5965 vom 09.09.2015) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE (Bt.Drs.: 18/5831) hervor. In dem Schreiben weist das BMF darauf hin, dass auch Bestandskunden nicht auf einen Rechnungszins von 3,5% vertrauen können. Dies liege am sogenannten AUZ-Verfahren (Aktuarieller Unternehmenszins). Zuständig für die Ermittlung des AUZ ist die BaFin. Diese ermittelt den unternehmensindividuell maximal möglichen Rechnungszins für die kommenden zwei Jahre. Die genaue Berechnung erklärt die DAV wie folgt: „Das AUZ-Verfahren prognostiziert jährlich den vom jeweiligen Unternehmen im übernächsten Jahr mit 90%-iger Sicherheit zu erzielenden Zins. Um dies zu berechnen, wird der Kapitalanlagebestand in Altanlagen und Neu- und Wiederanlagen aufgeteilt. Anschließend erfolgt eine Risikobewertung dieser Teilbestände. Dabei ergibt sich der Ertrag des Altbestandes aus der laufenden Durchschnittsverzinsung; Risiken werden durch hergeleitete Abschlagsfaktoren berücksichtigt. Der Ertrag der Neuanlage wird aus Zeitreihen unter Berücksichtigung einer möglichen Verschlechterung des Zinsniveaus ermittelt.“

Das BMF erklärt weiter: „Wenn der errechnete AUZ-Wert niedriger als 3,5% ist, wird der AUZ-Wert zum neuen Höchstrechnungszins des betreffenden Versicherungsunternehmens. Ist der AUZ-Wert geringer als der angewandte Rechnungszins im Unternehmen, so muss der Rechnungszins bei der nächsten Beitragsanpassung gesenkt werden. Im Neugeschäft gilt er sofort.“ Das AUZ-Verfahren hat für die Versicherungsnehmer somit laut BMF folgenden Effekt: „Wenn aufgrund erhöhter Lebenserwartung oder gestiegener allgemeiner Gesundheitskosten die Schwelle zur Beitragserhöhung erreicht ist, wird wegen des gesunkenen Rechnungszinses in diesen Fällen der Beitrag entsprechend in noch größerem Maße erhöht werden müssen.“

Viele Versicherer betroffen

Das BMF weist weiter darauf hin, dass noch nie so viele Versicherer von der Absenkung des Rechnungszinses über das AUZ-Verfahren betroffen waren. So habe die BaFin in ihrem Jahresbericht 2014 festgestellt, dass 36 von 40 Unternehmen den im Jahr 2015 ausgewiesenen Rechnungszins nicht erreichen können. Somit ist eine Anpassung des Rechnungszinses bei der nächsten Beitragsanpassung Pflicht. Im Jahr 2014 konnten 17 Krankenversicherer erstmals den von ihnen verwendeten ursprünglichen Rechnungszins im AUZ-Verfahren nicht mehr nachweisen. Im Jahr 2013 waren es noch elf Versicherer und im Jahr 2012 lediglich zwei Versicherer. Laut dem vom BMF gelieferten Zahlenmaterial waren im Jahr 2014 2,558 Millionen Versicherte (2013: 2,538 Millionen und 2012: 23 Millionen) von der Anpassung betroffen.

Gesetzliches Verfahren wird nicht geändert

Aus dem Schreiben des BMF geht auch hervor, dass die Bundesregierung derzeit keine Veranlassung sieht, privat Versicherte vor Beitragserhöhungen zu schützen. Das gesetzliche Verfahren, mit dem das Erfordernis einer Beitragsanpassung festgestellt wird, habe sich bewährt.

Da nun immer mehr Versicherer gezwungen sind, den Rechnungszins zu senken, werden nach Jahren moderater Beitragserhöhungen drastischere Beitragsanpassungen in der PKV immer wahrscheinlicher. Dies ist notwendig, um ausreichend Altersrückstellungen für die Kunden bilden zu können. Auch die Assekuranz bestätigt dies. Der einhellige Tenor auf dem PKV-Forum am 08.09.2015 in Köln: Die Beiträge werden steigen. (kb)

 

 Beitragserhöhungen in der PKV kommen