Durch die Reformen 2001 und 2004 wurde ein bereits 1997/98 von Norbert Blüm eingeleiteter Regimewechsel in der Rentenpolitik abgeschlossen. Norbert Blüm war der erste Sozialminister, der Beitragssatzobergrenzen – nämlich 24% bis 2030 – in einem Rentenreformgesetz 1998 festschreiben ließ. Dieser von Walter Riester weiter voran getriebene Wechsel der rentenpolitischen Strategie bestand in einem gleitenden Umbau der gesetzlichen Rentenversicherung von einem „Defined Benefit-System“, bei dem kein festes Rentenniveau vorgegeben ist, sondern nur noch ein Mindestsicherungsniveau. Dieses Mindestsicherungsniveau liegt derzeit bei 46% bis 2020 und bei 43% bis 2030, und die Beitragssatzobergrenzen liegen bei 20% bis 2020 und 22% bei 2030. Mit diesem Umstieg von einer der Ausgabenentwicklung folgenden Einnahmepolitik zu einer an einem vorgegebenen Einnahmepfad orientierten Ausgabenpolitik wird die gesetzliche Rentenversicherung in der längeren Frist zu einer Basisversorgung. Der historische Verdienst Walter Riesters war nicht, die Sparpolitik seines Vorgängers fortgesetzt zu haben, sondern bestand darin, die Möglichkeit eröffnet zu haben, die im Interesse einer Dämpfung der Beitragsdynamik unvermeidlichen Leistungsrücknahmen durch generös subventionierte private und/oder betriebliche Renten kompensieren zu können. Dieser Rückbau des Umlagesystems und der Ausbau kapitalgedeckter Systeme sei – so das Argument der Kritiker – im Lichte der jüngsten Krisen an den Finanzmärkten eine revisionsbedürftige Fehlentwicklung. Fakt ist und bleibt aber, dass sich in den letzten 40 Jahren – Finanzkrise hin, Finanzkrise her – nicht nur in Deutschland, sondern auch in einer ganzen Reihe anderer Länder die demografischen und ökonomischen Rahmenbedingungen irreversibel geändert haben.
Hohe Effizienz der bAV
Deutschland setzte mit dem Altersvermögensgesetz aus dem Jahr 2001 beim Ausbau der ergänzenden kapitalgedeckten Altersvorsorge in erster Linie auf die private Vorsorge, die Riester-Rente, und weniger auf die betriebliche Altersversorgung (bAV). Dies ist insoweit überraschend, da die Effizienz der betrieblichen und damit kollektiven Versorgung in der Tendenz höher ist als die der individuellen privaten Vorsorge. Überraschend ist dies aber auch deshalb, da die bAV in Deutschland wie in kaum einem anderen früh industrialisierten Land auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Denn die Anfänge der betrieblichen Altersversorgung bei uns können in den Beginn des 19. Jahrhunderts datiert werden.
Die 1960er und die frühen 1970er Jahre, in denen das Vollbeschäftigungsziel der Bundesregierung bei einer Arbeitslosenquote von unter 1% lag, die Arbeitgeber Prämien für Auszubildende – damals „Lehrlinge“ – zahlten und man sich in der Wissenschaft Gedanken über die Probleme der Überbeschäftigung machte, gelten als die „goldenen Jahre“ der bAV in Deutschland. Heute, 50 Jahre später, gibt es gute Argumente dafür, dass die bAV vor einer neuen Periode „goldener Jahre“ steht. Die seit einiger Zeit geführte Debatte um einen – bislang eher vermeintlichen denn tatsächlichen – Fachkräftemangel ist ein Prädiktor dafür. Die demografische Entwicklung, die in der langen Frist trotz der Rente mit 67 wachstumsdämpfend wirkt, macht sich zur Zeit positiv auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar und es erlaubt, das Wort „Vollbeschäftigung“, d.h. eine bundesdurchschnittliche Arbeitslosenquote von unter 4% in den Mund zu nehmen. Denn nach aktuellen Berechnungen des IAB ist bis 2020 mit einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials von 1,8 Millionen und allein in den folgenden fünf Jahren bis 2025 mit weiteren 1,8 Millionen zu rechnen…
Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup im AssCompact TV-Interview auf dem bAV-Forum sehen Sie hier.
Den Beitrag in voller Länge lesen Sie in der AssCompact Wissen Ausgabe III/2011, die im November erscheint.
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