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22. November 2021
Provisionsverbot geht zulasten von Kleinanlegern
Provisionsverbot geht zu Lasten von Kleinanlegern

Provisionsverbot geht zulasten von Kleinanlegern

Bei den Ampelkoalitionären in spe steht wohl erneut das künftige Vergütungssystem im Vermittlergeschäft auf der Agenda. Aktuelle Studien von KPMG und DIVA bescheinigen nun, dass Provisionsverbote zulasten von Kleinanlegern gehen und sprechen sich daher für die Beibehaltung der Provisionsberatung aus.

Die politische Diskussion um die Einführung einer Provisionsdeckelung oder gar eines Provisionsverbotes ist im Zuge der Koalitionsverhandlungen zwischen den Ampel-Parteien erneut entflammt. Wie AssCompact bereits berichtete, ist die Forderung nach einer Begrenzung von Provisionszahlungen offenbar in einem Arbeitspapier der künftigen Koalitionäre aufgetaucht. Nun haben zugleich die KMPG AG und das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) Studien veröffentlicht, die zeigen, dass Provisionsverbote zulasten von Kleinanlegern gehen und die Mehrheit der Deutschen mit der gegenwärtigen Finanzberatung zufrieden ist.

Provisionsverbot schadet insbesondere Kleinanlegern

Die Provisionsberatung sichert allen Teilen der Bevölkerung einen professionellen Vermögensaufbau und die Teilhabe am Kapitalmarkt. Ein Wechsel ausschließlich zur Honorarberatung, wie derzeit von einigen Parteien und Verbraucherschützern gefordert, würde hingegen breite Bevölkerungskreise gravierend benachteiligen. Das ist zentrales Ergebnis der Studie der Beratungsgesellschaft KPMG im Auftrag der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) sowie des deutschen Fondsverbands BVI sowie des Deutschen Derivate Verbands (DDV). Vor allem Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden durch die Honorarberatung von der Beratung abgeschnitten, da sie zu teuer wäre. Das kann im Rentenalter dazu führen, dass staatliche Sozialleistungen in Anspruch genommen werden müssten. Am Ende könnte daraus eine zusätzliche Belastung öffentlicher Kassen und des Sozialstaats entstehen, wie die DIVA-Studie das Ergebnis ergänzt. Zu den empirischen Ergebnissen passen gemäß der DIVA-Studie kontinuierlich geringe Beschwerdezahlen der BaFin und bei den Ombudsleuten. „Der empirische Befund liefert keine Hinweise auf ein strukturelles Problem, das der Branche gelegentlich unterstellt wird“, so die DIVA-Studienautoren Prof. Dr. Matthias Beenken von der Fachhochschule Dortmund und Prof. Dr. Michael Heuser von der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW).

Kleinanleger auf fachkundige Beratung angewiesen

Insbesondere durch das Niedrigzinsumfeld ist die Anlage in Wertpapiere für jeden Bürger ein wichtiger Baustein für die Vermögensbildung und die private Altersvorsorge. Dies haben auch die europäischen Gesetzgeber erkannt und die Stärkung der privaten Vermögensanlage als eines der wichtigsten Ziele bei der Schaffung einer europäischen Kapitalmarktunion festgeschrieben. Aber häufig müssen Verbraucher erst von der Notwendigkeit eines Vermögensaufbaus überzeugt und an den Kapitalmarkt herangeführt werden. Dabei gibt es Unterschiede in den Beratungsmodellen. KPMG hat in der Studie festgestellt, dass die Honorarberatung bis zu einem Anlagebetrag von 25.000 Euro teurer als die provisionsbasierte Beratung ist. Dabei hat KPMG den aktuellen Stundensatz von im Schnitt 180 Euro unterstellt. Ausgehend vom Median des Finanzvermögens deutscher Haushalte von 16.900 Euro liegen die Kosten für die Honorarberatung somit um 50% höher. Nach KPMG-Angaben prägen aber gerade Sparer mit kleinerem Geldbeutel den Markt. So wird über die Hälfte (50%) der Wertpapiersparpläne mit maximal 100 Euro pro Monat bespart, bei über einem Viertel (28%) liegt der monatliche Sparbetrag unter 50 Euro. Vor allem diese Verbraucher sind auf fachkundige Beratung angewiesen.

74% der Verbraucher wollen kein Honorar für Beratung zahlen

Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die meisten Verbraucher nicht bereit sind, für eine Beratung zu bezahlen. Eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsunternehmens Kantar hat ergeben, dass sich nur 16% der Befragten vorstellen können, für eine Beratung ein gesondertes Honorar zu bezahlen. Dabei haben sie im Schnitt knapp 35 Euro als angemessenen Stundensatz angegeben, den tatsächlichen Wert von derzeit 180 Euro würden nur 0,3% bezahlen. Die überwiegende Mehrheit (74%) ist hingegen nicht bereit, für eine Beratung ein Honorar zu bezahlen. Im Falle eines Provisionsverbots bliebe zahlreichen Verbrauchern nur der Ausweg, weniger oder keine Beratung mehr in Anspruch zu nehmen. Da eine Beratung bei der Geldanlage aber ausweislich der Umfrage für 80% der Befragten unerlässlich ist, würde ein Verbot der Provisionsberatung dazu führen, dass sie sich – entgegen dem erklärten Ziel des europäischen Gesetzgebers – von den Finanzmärkten abwenden und keine Finanzprodukte mehr kaufen oder – mit entsprechend höherem Risiko – ohne Beratung Produkte kaufen

Forderungen nach Erhalt der Provisionsberatung

Unabhängig voneinander fordern daher sowohl DIVA als auch DK, BVI und DDV, dass Anleger weiterhin die freie Wahl zwischen einer Beratung auf Provisions- oder Honorarbasis haben müssen. „Die Provisionsberatung ist sozial ausgewogener als die Honorarberatung. Provisionen belasten weniger vermögende Kunden geringer als vermögende Kunden“, erklären die Autoren der DIVA-Studie. „Die von Teilen der Politik vertretene Auffassung, die Honorarberatung müsse noch bessere Rahmenbedingungen bekommen, ist angesichts der sehr niedrigen Verbreitung durchaus vertretbar. Dies durch politische Zwangsmaßnahmen wie Provisionsdeckelungen oder gar Provisionsverbote erreichen zu wollen, führt aber eher zu einer Diskriminierung als zu einer Förderung des Wettbewerbs zwischen beiden Vergütungsformen“, so die DIVA-Studienautoren. Sowohl KPMG als auch das DIVA verweisen hierbei auch auf die Feldversuche im Ausland. Welche Auswirkungen eine ausschließliche Honorarberatung hat, zeigt ein Blick in das Vereinigte Königreich, wo Provisionen schon 2013 verboten wurden. Dort ist eine Beratungslücke für Kleinanleger bereits Realität. Studien der englischen Finanzaufsicht FCA zeigen, dass sich der Beratungsmarkt deutlich an höheren Vermögen (meist mindestens 60.000 Euro) ausrichtet. Vor allem Sparer mit geringen oder mittleren Anlagebeträgen können oder wollen sich eine Beratung nicht mehr leisten. Ähnliches gilt für die Niederlande, wo die traditionelle Anlageberatung fast ausschließlich im Private Banking zu finden ist und häufig ein Vermögen von mindestens 500.000 Euro voraussetzt.

Große Zufriedenheit der Deutschen mit Finanzberatung

Unterdessen bescheinigt die DIVA-Studie, dass eine Mehrheit der Menschen in Deutschland mit ihren Finanzberatern nahezu durchgängig zufrieden ist. In allen Qualitätskriterien für eine Beratung zeigt sich jeweils eine Mehrheit der 2000 Befragten zufrieden oder sehr zufrieden. Das gilt auch für den Umfang und die Qualität der bereitgestellten Informationen. Dabei hat die Form der Vergütung der Berater – Honorar oder Vermittlungsprovision – keinen erkennbaren Einfluss auf die Zufriedenheit. Die beiden Studienautoren bringen das Ergebnis ihrer umfangreichen Studie auf den Punkt: „Die immer wieder anzutreffende Behauptung, die Provisionsberatung übervorteile die Verbraucher, wird von letzteren so nicht gesehen und empfunden.“ Im Wettbewerb der beiden Vergütungskonzepte ist die Honorarberatung laut DIVA-Studie trotz zahlreicher staatlicher Fördermaßnahmen in der Vergangenheit eine Nischenerscheinung ohne breite Akzeptanz geblieben.

Qualitätsunterschiede je nach Beratungsmodell

Ein wichtiges Qualitätskriterium für die DIVA-Studie ist die Ausgewogenheit der Finanzberatung. Hier zeigt sich, dass die Kunden von (freien) Vermögens- und Finanzberatern jeweils die beste Ausstattung mit Versicherungen, Fonds und Aktien aufweisen. Am schlechtesten versorgt sind diejenigen Kunden, die auf jegliche Beratung verzichten. Unausgewogen sind die Portfolios auch bei den Kunden, die sich nur von einzelnen Produktanbietern beraten lassen – sie haben weit überwiegend nur Versicherungs- oder nur Anlageprodukte dieser Anbieter. Zudem sind laut Studie auch Kunden, die sich von Verbraucherschutzeinrichtungen beraten lassen, recht einseitig versorgt, und das ausgerechnet mit Lebensversicherungen, vor denen die Verbraucherschützer oft warnen. (as)

Bild: © fotogestoeber – adobe.stock.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Wilfried Stras… am 28. November 2021 - 12:51

Die Relation mit weniger als 1% würde bei Boris und der Besenkammer im Verhältis zum Haus, nur mehr der Besen sein.....

Bis aber Finanztester, der Bund der Versicherten, Politiker und Medien das erkennen und sich der Realität stellen, ist der Rhein trocken......