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3. März 2025
Privates Eigentumsmodell für Makler auf dem Rückzug?
Konsolidierung: Privates Eigentumsmodell für Makler auf dem Rückzug?

Privates Eigentumsmodell für Makler auf dem Rückzug?

46.000 unabhängige Vermittlerhäuser gibt es in Deutschland. Doch die Branche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Die Zahl der Aufkäufe ist hoch und viele wollen mitmischen. Also wohin geht es im Maklermarkt? Und steht das Ende des Geschäftsmodells „unabhängiger Versicherungsmakler“ bevor?

„Die Ära der […] Versicherungsvermittlung als rein lokales Geschäft ist vorbei. Globale Übernahmen sind angekommen und werden bleiben.“ Diese Schlussfolgerung zieht der aktuelle Bericht „Versicherungsvermittlung in Europa – 2025 Marktbericht“ vom niederländischen Analysehaus MarshBerry. Das zeigt: Die deutsche – wie auch die europäische – Versicherungsvermittlung befindet sich aktuell in einem tiefgreifenden Wandel.

Die Hauptursache: Ein stark fragmentierter Markt trifft auf die großen Veränderungen der Zeit namens Digitalisierung, sich wandelnde Kundenbedürfnisse sowie ausufernde Regulierung. So weist Deutschland mit den im Marktbericht 32 analysierten europäischen Ländern mit großem Abstand die höchste Anzahl an registrierten unabhängigen Versicherungsvermittlern auf. MarshBerry geht gegenwärtig von rund 46.000 unabhängigen Vermittlerhäusern hierzulande aus; eine Zahl, die in etwa auch der Vermittlerstatistik der Deutschen Industrie- und Handelskammer entspricht. Zum Vergleich: Die zweithöchste Anzahl weist Ungarn (ca. 15.500 unabhängige Vermittler), die dritthöchste Frankreich (12.500 unabhängige Vermittler) auf.

Finanzinvestoren sind die dominierenden Erwerber

Das belegt: Die deutsche Versicherungsvermittlungsbranche ist durch ihre fragmentierte Struktur geprägt. Viele Maklerhäuser sind lokal eng verwurzelt. Sie stützen sich auf enge persönliche Kundenbeziehungen und eine tiefgehende regionale Expertise. Diesen Markt dominieren vor allem kleine unabhängige Maklerhäuser. Diese Häuser bieten individuelle Lösungen an, um die Bedürfnisse ihrer Kunden bestmöglich zu erfüllen. Kleinst- und Kleinbetriebe mit lokaler Geschäftsausrichtung bestimmen somit das Marktgeschehen, resümiert der MarshBerry-Bericht.

Doch diese lokal begrenzte und fragmentierte Branche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Private-Equity-(PE) und PE-gestützte Käufer haben sich nämlich zu einer treibenden Kraft hinter der Versicherungsmaklerkonsolidierung in Deutschland und Europa entwickelt. Allein in den letzten drei Jahren zeigt sich diese Aufkäufergruppe für 60 bis 70% aller Transaktionen verantwortlich.

Der Wert von PE- und Risikokapitalinvestitionen in Versicherungsmaklern erreichte jüngst im Jahr 2024 wieder einen höchsten jährlichen Gesamtwert, und wird 2025 diesen Rekord voraussichtlich noch einmal übertreffen, prognostiziert MarshBerry. Die Analysten machen klar: „Finanzinvestoren übertreffen damit Unternehmen als die dominierenden Erwerber europäischer Makler.“ Denn gut geführte Maklerhäuser bleiben für Investoren attraktiv. Unabhängige Versicherungsvermittler gewinnen laut MarshBerry sowohl in den komplexen als auch in den einfachen Risikosegmenten zunehmend Marktanteile.

Neue Konsolidierungsstrategie ist zu beobachten

Dieses Konsolidierungsgeschehen der Branche bedeutet, so MarshBerry, dass die größten Akteure noch weiter gewachsen sind, wobei ein größerer Anteil des Geschäftsvolumens der Branche in einer kleinen Gruppe führender Makler konzentriert ist. Hinzu kommt, dass immer mehr größere Makler in erheblichem Maße an grenzübergreifende M&A beteiligt sind. Laut MarshBerry ist damit auf allen Ebenen ein neues Konsolidierungsmuster erkennbar: von sehr kleinen lokalen Büros, die sich zusammenschließen, bis hin zu den Top-10-Maklern, die untereinander fusionieren. „Das Ergebnis ist ein Strom von inländischen Maklerunternehmen, der sich allmählich von klein zu mittelgroß zu nationalen Champions und schließlich zu europäischen Maklern entwickelt, stets angetrieben vom Ziel, neue Kundenkreise zu erschließen.“

Dominanz von Käufern deutscher Herkunft

Der deutsche Zielmarkt bleibt weitgehend von Käufern deutscher Herkunft dominiert, die oft von internationalem PE unterstützt werden. MRH Trowe sticht dabei laut MarshBerry-Analyse als aktivster Akteur hervor. Andere wichtige Konsolidierer wie die Helmsauer Gruppe, HBC Gruppe, GGW Gruppe, Martens & Prahl und der Marktführer Ecclesia Gruppe, haben aber ebenfalls bedeutende Schritte bei Fusionen und Übernahmen (M&A) unternommen. Internationale Käufer wie Gallagher oder Howden sind ebenfalls aktiv. Zusätzlich trat die niederländische Broker-Plattform Yellow Hive im Jahr 2024 in den deutschen Markt ein.

Und auch die Maklerhäuser reagieren auf das Konsolidierungsgeschehen. Denn laut MarshBerry haben noch nie zuvor so viele Vermittlungsunternehmen die Chancen von M&A-Aktivitäten über Landesgrenzen hinweg sondiert. Dank der günstigen Marktbedingungen und ihrer soliden Basis bleiben hochwertige unabhängige Versicherungsvermittler für Investoren weiterhin attraktiv.

Privates Eigentumsmodell ist auf dem Rückzug

„Es ist daher unbestreitbar, dass das private Eigentumsmodell für Versicherungsmakler in ganz Europa auf dem Rückzug ist“, resümiert MarshBerry. Ein maßgeblicher Anteil der Inhaber von deutschen Versicherungsmaklern gehöre zur Babyboomer-Generation, die sich im unvermeidlichen Eigentumsübergang befinde oder kurz davor stehe. Doch oft fehlt die Auseinandersetzung mit der eigenen Unternehmensnachfolge oder ein geeigneter Kandidat dafür. Im heutigen Marktumfeld sei es daher absolut nachvollziehbar, dass sich viele Eigentümer bei der Nachfolge für kapitalstarke externe Käufer entscheiden, stellt der Bericht fest.

Gleichwohl bedeutet diese Dynamik keineswegs das Ende des Geschäftsmodells „unabhängiger Versicherungsmakler“. „Wir sehen in ganz Europa einen deutlichen Anstieg neuer Unternehmer, die ein Unternehmen im Bereich der Versicherungsvermittlung gründen“, analysiert der Bericht. Jüngere und neu gegründete Maklerfirmen nähmen eine Vorreiterrolle ein, indem sie von Anfang an gemeinsame Eigentumsstrukturen wie Mitarbeiterbeteiligungspläne etablieren würden. Das Besondere dabei ist: Diese Unternehmen betrachten die Nachfolgeplanung nicht mehr als einmaliges Ereignis, sondern als fortlaufenden Prozess, der darauf abzielt, auf das Vermächtnis ausgerichtete Geschäftsmodelle aufzubauen, die die Eigenständigkeit und Zukunftsfähigkeit für kommende Generationen gewährleisten. Und dennoch: Die Konsolidierung im Maklermarkt wird weiter voranschreiten. Die Zeiten, in denen Versicherungsvermittler ausschließlich lokal agierten, gehören wohl der Vergangenheit an.