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17. Mai 2023
Pensionszusagen mit Leistungshöhen unter Vorbehalt?
Pensionszusagen mit Leistungshöhen unter Vorbehalt?

Pensionszusagen mit Leistungshöhen unter Vorbehalt?

Der BFH hat über die Zulässigkeit eines Vorbehalts in einer Pensionszusage entschieden. Es ging darum, dass der Höhe einer zugesagten Versorgungsleistung eine Transformationstabelle zugrunde lag, der Arbeitgeber hatte die zugesagten Leistungen aber unter einen Vorbehalt gestellt.

Ein Beitrag von Michael Gerhard, Aktuar (DAV), und tätig im ERGO-Versorgungsträgermanagement der Longial GmbH

Stellt ein Arbeitgeber Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) in Aussicht, richtet sich die Höhe der zugesagten Versorgungsleistungen häufig nach einer Transformationstabelle. Dabei kann beispielsweise der für das jeweilige Dienstjahr festgelegte Finanzierungsaufwand nach bestimmten Regeln, die in der Tabelle hinsichtlich Verzinsung und Biometrie festgelegt werden, in eine Versorgungsleistung umgerechnet werden. Häufig sind solche Transformationstabellen bei arbeitnehmerfinanzierten Versorgungswerken anzutreffen. Sie legen dann fest, welche Leistung sich aus dem pro Jahr aus Entgeltumwandlung getriebenen Aufwand ergibt.

An eine solche Festlegung ist der Arbeitgeber dann für die Zukunft gebunden. Stellen sich im Nachhinein die Annahmen, welche der Erstellung der Transformationstabelle zugrunde lagen, als unrealistisch heraus, wirkt sich dies nicht auf die Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen aus. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Arbeitgeber die Änderung der betreffenden Tabelle nicht ausdrücklich vorbehalten hat.

Doch welche Folgen ergeben sich, wenn ein Arbeitgeber die zugesagten Leistungen tatsächlich unter einen solchen Vorbehalt stellt? Mit dieser Frage hatte sich jüngst der Bundesfinanzhof (BFH) zu befassen (Urteil vom 06.12.2022 – IV R 21/19). Dabei kam er zu einem für die Arbeitgeber ernüchternden Ergebnis: Wird die Höhe der zugesagten Leistungen unter den Vorbehalt gestellt, dass der Arbeitgeber diese später einseitig anpassen kann, scheidet die Bildung von Pensionsrückstellungen mit steuerlicher Wirkung aus. Dies ist im Falle einer Entgeltumwandlung selbst dann der Fall, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, eine Anpassung nur insoweit vorzunehmen, als der arbeitsrechtliche Grundsatz der Wertgleichheit von Umwandlungsbetrag und zugesagter Leistung gewahrt bleibt.

Der Fall und seine Vorgeschichte

Der vom BFH entschiedene Fall betraf ein arbeitnehmerfinanziertes Versorgungswerk in Form der unmittelbaren Versorgungszusage. Die Höhe der zugesagten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ergab sich aus den umgewandelten Entgeltbestandteilen auf Basis einer Transformationstabelle. Das Versorgungswerk räumte dem Arbeitgeber das Recht ein, diese einseitig zu ändern. Einschränkend wurde jedoch festgelegt, dass hierdurch das Gebot der Wertgleichheit von umgewandelten Entgeltansprüchen und zugesagter Leistung (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG)) nicht verletzt werden dürfe. Zudem sollte die Wirkung einer modifizierten Tabelle nach den Bestimmungen des Versorgungswerkes offenbar auf solche Umwandlungen beschränkt werden, die erst nach der jeweiligen Änderung durchgeführt wurden.

Nach § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) darf für eine Pensionsverpflichtung unter anderem jedoch nur dann eine Pensionsrückstellung gebildet werden, wenn die Zusage keinen Vorbehalt enthält, dass die zugesagte Leistung gemindert oder entzogen werden kann. Des Weiteren ist dies nur möglich, wenn sich ein solcher Vorbehalt einzig auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung der Zusage zulässig ist. Das Gesetz fordert außerdem eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen.

Die Finanzverwaltung vertrat im vorliegenden Fall die Auffassung, dass diese Bedingungen hier nicht erfüllt waren. Sie war der Meinung, dass die Klausel zur Änderung der Transformationstabelle einen steuerschädlichen Vorbehalt darstelle. Dem Arbeitgeber sei hierdurch ein einseitiges Recht eingeräumt worden, diese nach Belieben zu ändern. Die gebildeten Pensionsrückstellungen wollte das Finanzamt daher nur teilweise anerkennen. Die Höhe der anteilig anzuerkennenden Pensionsrückstellung sollte sich dabei offenbar näherungsweise an der Höhe der durch vergangene Entgeltumwandlungen erdienten Anwartschaften orientieren. Der Arbeitgeber klagte vor dem Finanzgericht (FG) Düsseldorf auf deren vollständige Anerkennung. Doch seine Klage blieb in der ersten Instanz erfolglos (Urteil vom 29.05.2019 – 15 K 736/16 F). Das FG schloss sich dabei der Auffassung der Finanzverwaltung im Wesentlichen an.

Die Entscheidung des BFH zu Widerrufsvorbehalten im Besonderen ...

In der Revision vor dem BFH brachte der Arbeitgeber vor, für ihn hätte tatsächlich zu keinem Zeitpunkt die Möglichkeit bestanden, das Versorgungswerk einseitig nach Belieben zu ändern. Denn eine solche Änderung hätte nicht im Einklang mit dem Gebot der Wertgleichheit nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG gestanden. Zu dessen Einhaltung sei er verpflichtet. Darüber hinaus gäbe es auch weitere arbeitsrechtliche Einschränkungen, welche bei einem Wunsch nach Änderung einer Versorgungszusage zwingend zu beachten wären. Insbesondere sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ein Widerruf beziehungsweise Vorbehalt nur nach billigem Ermessen zulässig. Dieser Argumentation hielt die Finanzverwaltung unter anderem entgegen, dass durch die Regelungen der Zusage der Umfang einer möglichen Kürzung nicht eindeutig festgelegt sei. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei jedoch die Eindeutigkeit von bAV-Regelungen zur Vermeidung von Unklarheiten über den Inhalt einer Versorgungszusage gesetzlich gefordert. Es könne insoweit nicht die Aufgabe der Finanzverwaltung sein, arbeitsrechtlich komplexe Rechtsfragen für die Rückstellungsbildung beurteilen zu müssen. Insoweit sei der Verweis auf das Gebot der Wertgleichheit für die Frage, ob und in welchem Umfang Pensionsrückstellungen mit steuerlicher Wirkung gebildet werden können, letztlich auch ohne Belang.

Dieser Auffassung der Finanzverwaltung stimmte der BFH zu. Das Versorgungswerk enthalte mit der Klausel zur Änderung der Transformationstabelle eindeutig einen Widerrufsvorbehalt. Nach der gesetzlichen Bestimmung gemäß § 6a Abs.1 Nr. 2 EStG sei damit die Bildung einer Pensionsrückstellung in aller Regel ausgeschlossen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sähe das Gesetz nur in wenigen Fällen. Hierfür müsse sich der Vorbehalt auf Tatbestände erstrecken, bei deren Vorliegen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung der zugesagten Leistungen zulässig ist. Die Bildung einer Pensionsrückstellung sei steuerrechtlich insoweit nur dann bei einer mit Vorbehalt erteilten Versorgungszusage zulässig, wenn dieser positiv – also ausdrücklich – einen nach der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten, eng begrenzten Tatbestand normiert, der nur ausnahmsweise eine Minderung oder einen Entzug der Pensionsanwartschaft oder Pensionsleistung gestattet.

Dies sei bei dem vorliegenden Versorgungswerk aber nicht der Fall. Nach Ansicht des BFH erstreckte sich der gewählte Widerrufsvorbehalt eben gerade nicht nur auf einen eng begrenzten Tatbestand. Er gab vielmehr dem Arbeitgeber das Recht, einseitig in die in Aussicht gestellten Leistungen einzugreifen. Hieran ändere auch das im BetrAVG für Entgeltumwandlungszusagen enthaltene Wertgleichheitsgebot nichts. Denn aus arbeitsrechtlicher Sicht sei die Frage, ob dem Erfordernis der Wertgleichheit Rechnung getragen ist, bei Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung zu beantworten. In welchem Umfang der Arbeitgeber in die erteilte Zusage eingreifen könne, ohne gegen das Gebot der Wertgleichheit zu verstoßen, enthielte die Versorgungsordnung jedoch keine konkrete Aussage.

... und Widerrufsvorbehalten im Allgemeinen

In der einschlägigen bAV-Literatur wird seit einiger Zeit teilweise die Meinung vertreten, dass – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – Widerrufsvorbehalte in Versorgungszusagen letztlich auf die Möglichkeit der Rückstellungsbildung (ohnehin) keinen Einfluss haben dürften. Diese Ansicht wird damit begründet, dass nach gefestigter Rechtsprechung der Arbeitsgerichte der Widerruf von zugesagten Leistungen nur nach billigem Ermessen zulässig sei. Wenn aber ein Widerruf aus arbeitsrechtlicher Sicht letztlich ausgeschlossen sei, könne es für die Rückstellungsbildung auch dann nicht steuerschädlich sein, wenn ein solcher Vorbehalt Eingang in eine Versorgungsregelung fände.

Auch mit dieser Ansicht setzte sich der BFH in der Urteilsbegründung auseinander und lehnte im Kern eine solche Sichtweise ab. Selbst wenn ein nach freiem Ermessen möglicher Widerrufsvorbehalt in der Realität aufgrund mangelnder arbeitsrechtlicher Durchsetzbarkeit keine tatsächliche Wirkung entfalte, schlösse dies aus der Sicht des Bilanzstichtags nicht das Erfordernis von Abschlägen bei Bildung einer Pensionsrückstellung aus – zumindest solange kein arbeitsgerichtlicher Streit besteht und damit keine Prüfung des Einzelfalls erfolgt sei. Im Hinblick auf die bereits zum Stichtag erforderliche Klarheit hinsichtlich der für die Bildung einer Pensionsrückstellung maßgeblichen Faktoren dürfe deshalb die Formulierung einer Pensionszusage nicht in das Belieben des Arbeitgebers gestellt werden.

Der BFH sah die Sache sogar noch kritischer

Zudem zog der BFH in Zweifel, dass das Versorgungswerk im vorliegenden Fall die Wirkung einer modifizierten Tabelle tatsächlich allein auf solche Umwandlungen beschränkte, die erst nach deren Änderung durchgeführt wurden. Er hielt den Wortlaut der Zusage selbst diesbezüglich offenbar nicht zweifelsfrei für eindeutig. Dieser lautete – etwas missverständlich formuliert – wie folgt: „Die Ersetzung [durch eine neue Transformationstabelle] ist erstmals möglich mit Ablauf des 31.12.2007. [Sie hat] … auch Wirkung für bereits bestehende, über den 31.12.2007 hinausgehende Entgeltumwandlungsvereinbarungen. Der nachfolgende Zinssatz und die nachfolgende Transformationstabelle sind Grundlage aller Versorgungsbausteine, die zum Zeitpunkt der Ersetzung noch nicht zugeteilt wurden. Soweit Versorgungsbausteine bereits zugeteilt wurden, sind der zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Zinssatz sowie die zum Zeitpunkt ihrer Zuteilung geltende Transformationstabelle maßgeblich“.

Insoweit blieb im Verfahren offen, ob den gebildeten Pensionsrückstellungen womöglich nicht nur teilweise, sondern sogar vollumfänglich die steuerliche Anerkennung zu versagen gewesen wäre. Es hätte für den Arbeitgeber also noch weitaus schlimmer kommen können. Doch einer Änderung der vom Arbeitgeber angefochtenen Bescheide der Finanzverwaltung stand naturgemäß das Verböserungsverbot entgegen.

Zusammenfassung

Es ist davon abzuraten, dass sich Arbeitgeber bei Erteilung einer Versorgungszusage vorbehalten, die Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen später einseitig ändern zu können. Denn dies dürfte in aller Regel steuerschädlich sein. Nur bei eng begrenzten Tatbeständen sind Regelungen zu Leistungsvorbehalten denkbar.

Grundsätzlich sollten nur solche Vorbehalte Berücksichtigung finden, die von der Finanzverwaltung ausdrücklich als steuerunschädlich zugelassen sind (vgl. R 6a Abs. 4 EStR 2012). Danach sind die folgenden Vorbehalte als unschädlich anzusehen:

  • als allgemeiner Vorbehalt: „Die Firma behält sich vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei Erteilung der Pensionszusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, dass der Firma die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Pensionsberechtigten nicht mehr zugemutet werden kann“;
  • als spezielle Vorbehalte: „Die Firma behält sich vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann oder der Personenkreis, die Beiträge, die Leistungen oder das Pensionierungsalter bei der gesetzlichen Sozialversicherung oder anderen Versorgungseinrichtungen mit Rechtsanspruch sich wesentlich ändern oder die rechtliche, insbesondere die steuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Versorgungsleistungen von der Firma gemacht werden oder gemacht worden sind, sich so wesentlich ändert, dass der Firma die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann oder der Pensionsberechtigte Handlungen begeht, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen oder zu einer fristlosen Entlassung berechtigen würden“ sowie inhaltlich ähnliche Formulierungen.

Eine Änderung ihrer Versorgungswerke sollten diejenigen Arbeitgeber in Angriff nehmen, die derzeit problematische Vorbehalte verwenden. Und womöglich kommen Arbeitgeber auch ohne steuerschädlichen Widerrufsvorbehalt zum Ziel. Um eine übermäßige Belastung durch die zugesagten Leistungen zu vermeiden, kann nämlich gegebenenfalls die Minderung von in Aussicht gestellten Leistungen zwar nicht in das freie Belieben des Arbeitgebers gestellt, aber von objektiven Bemessungsgrößen abhängig gemacht werden. So könnten beispielsweise Kriterien genannt werden, die arbeitsrechtlich eine Einschränkung der Zusage für die Zukunft aus sachlichen Gründen rechtfertigen würden. In jedem Fall sollte die Unschädlichkeit solcher Klauseln aber auch für solche Fälle von Experten begutachtet werden.

Bild: © magele-picture – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Michael Gerhard