Eine Ausstellerin hatte mit der Messeveranstalterin einen Vertrag über die Teilnahme an der Anfang März 2020 geplanten Messe „Light + Building 2020“ geschlossen. Ende Februar 2020 hatte die Veranstalterin die Messe im Hinblick auf die Verbreitung des Corona-Virus dann zunächst auf September 2020 verschoben und letztlich Anfang September 2020 ganz abgesagt. Die bereits entrichteten Standgebühren zahlte sie der Ausstellerin zurück.
Ausstellerin will Schadensersatz für Hotelreservierungen und PR-Maßnahmen
Die Ausstellerin wollte nun aber zusätzlich u. a. Schadensersatz in Höhe von knapp 75.000 Euro und verwies dabei auf bereits vorgenommene Hotelreservierungen, PR-Maßnahmen, Miete des Messestands und statische Berechnungen. Das Landgericht hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Berufung der klagenden Ausstellerin hatte auch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) keinen Erfolg. Der Ausstellerin stehe kein Schadensersatzanspruch zu, bestätigte das OLG.
OLG: Veranstalterin darf Messe verschieben
Zur Begründung führte das OLG aus: Zu der zunächst vorgenommenen Verschiebung der Messe sei die beklagte Veranstalterin berechtigt gewesen. Das Festhalten am ursprünglichen Vertrag sei ihr nicht zumutbar gewesen. Bis Ende Februar 2020 hätten sich die Umstände, die die Grundlage des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags geworden waren, so schwerwiegend geändert, dass die Parteien bei Kenntnis dieser veränderten Umstände den Vertrag nicht mehr mit dem alten Inhalt geschlossen hätten.
Die dynamische Entwicklung des Infektionsgeschehens, die damit verbundene planerische Unsicherheit und die Verantwortung für die Gesundheit der Messeteilnehmer hätten die Veranstalterin laut OLG zur Verschiebung um ca. sechs Monate berechtigt – auch wenn zum Zeitpunkt der Verschiebungsentscheidung Ende Februar 2020 noch kein behördlich angeordnetes Verbot der Veranstaltung bestanden habe. Angesichts der Erklärung des Infektionsgeschehens zu einer Pandemie durch die WHO am 11.03.2020, des am 12.03.2020 erfolgten Verbots von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen und des am 14.03.2020 verhängten vollständigen Verbots von Veranstaltungen wäre es allein vom Zufall abhängig gewesen, ob die Messe gerade noch hätte stattfinden können oder nicht.
Wirtschaftliche Interessen einer Vielzahl von Ausstellern müssen berücksichtigt werden
Die endgültige Absage der Messe Anfang September 2020 sei ebenfalls rechtmäßig erfolgt, so das OLG. Nach der damals gültigen Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung hätte die Messe nur mit einer Ausnahmegenehmigung durchgeführt werden können. Diese wäre wohl nicht zu erlangen gewesen. Jedenfalls habe die Lage Anfang September 2020 wegen Störung der Geschäftsgrundlage die Messeveranstalterin zu der völligen Beseitigung des Vertragsverhältnisses berechtigt: „Die Prognose, ob die Durchführung der Messe zu dem geplanten Ausweichtermin möglich sein würde und wenn ja in welchem Umfang, [war] für die Beklagte angesichts der sich ständig überschlagenden und beinahe täglich erfolgenden Neueinschätzungen durch die verantwortlichen Politiker, das RKI und die Wissenschaft kaum zu treffen“, begründete das OLG weiter. Angesichts der wirtschaftlichen Interessen einer Vielzahl von Ausstellern und des Umstands, dass die drohenden Schäden mit der Kurzfristigkeit einer Absage immer größer würden, habe die Beklagte die alle zwei Jahre stattfindende Messe absagen dürfen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die klagende Ausstellerin die Zulassung der Revision beim BGH begehren. (ad)
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 07.09.2022 – 4 U 331/21
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