Am 23.05.2017 hat der Versicherungsombudsmann Prof. Dr. Günter Hirsch seinen aktuellen Jahresbericht vorgelegt. Die Beschwerdeeingaben sind demnach im vergangenen Jahr insgesamt gestiegen. 14.659 zulässige Beschwerden sind bei der Schlichtungsstelle eingegangen und damit 6,2% mehr als im Vorjahr.
Ein Viertel der Beschwerden betreffen die Rechtsschutzsparte
Auffallend ist der erneute deutliche Zuwachs von 36,4% an zulässigen Beschwerden in der Rechtsschutzversicherung, nach 32,3% im Jahr davor. Die Sparte ist laut Bericht mit einem Anteil von 26% am Gesamtaufkommen erstmals seit Beginn der Tätigkeitsaufnahme des Ombudsmanns die Sparte mit den meisten zulässigen Beschwerden. Sie überholt damit die Lebensversicherung, die gleichfalls Treiber dieser Entwicklung ist. Der Beschwerdeanstieg hänge, so der Ombudsmann, nicht zuletzt auch mit der Rechtsprechung des BGH zum unbefristeten Widerspruchsrecht in der Lebensversicherung zusammen. Treiber seien spezialisierte Anwaltskanzleien, die Versicherungsnehmern nahelegen, zu prüfen, ob bei ihrem Vertrag die Voraussetzungen für den sogenannten „Widerrufsjoker“ bestünden. Die Ansprache erfolge über das Internet. Habe der Kunde eine Rechtsschutzversicherung, so böten die Kanzleien ein Mandat für den Widerruf der Versicherung an.
Unter den Einreichungen befanden sich auch rund 200 Beschwerden im Zusammenhang mit der VW-Abgas-Affäre. Überwiegend sei es dabei um Deckungsablehnungen einiger Versicherer gegangen. Zur Begründung führten diese fehlende Erfolgsaussichten oder mutwillige Rechtsverfolgung an, da VW eine Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge zugesagt habe und weitergehende Ansprüche der Käufer nicht bestünden. Soweit in den Verträgen vorgesehene Stichentscheide und Schiedsgutachten zu einer anderen Auffassung gelangten, bestritten die Unternehmen deren Bindungswirkung. So gut wie alle Fälle seien durch Schlichtungsvorschläge und Empfehlungen aber mittlerweile beendet, so Hirsch.
Streit bei Reiseversicherungen
Außerdem erkennt Prof. Dr. Hirsch strukturelle Probleme im Zusammenhang mit dem Online-Abschluss von Reiseversicherungen. In den entsprechenden Beschwerden wurde zum Teil gerügt, dass man überhaupt keine Versicherung habe abschließen wollen. Teilweise sei zwar der Vertragsschluss gewollt gewesen, aber durch versteckte Klauseln sei nicht nur die gebuchte Reise abgesichert, sondern eine Jahresversicherung geschlossen worden, die sich dann auch noch um ein weiteres Jahr zu erheblich höheren Prämien verlängert habe. Die rechtliche Analyse dieser Verträge ergab ein kaum durchschaubares Geflecht von beteiligten Vermittlern und Zwischenvermittlern, die als GmbHs organisiert waren – und die sich teilweise bereits in Insolvenz befanden. In einem Teil der Beschwerden konnten Abhilfen erreicht werden, im Übrigen gestaltete sich die Beilegung der Streitfälle aufwendig und schleppend, lautet das Fazit des Ombudsmannes. (bh)
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