Ein Artikel von Andreas Grimm
Wenn Maklerbestände für das Drei- bis Vierfache ihrer wiederkehrenden Courtage gehandelt werden, geht es auch bei kleinen Beständen relativ schnell um mehrere zehntausend oder gar einige hunderttausend Euro. Solche Summen locken natürlich auch Schlitzohren an.
Market Making
Sehr ausgebufft sind dabei die Marktteilnehmer, die suggestives „Market Making“ betreiben. Sie beschreiben einen Markt, den es gar nicht gibt. Dadurch, dass aber sehr viele Parteien diese Beschreibung aufgreifen und wiederholen, entsteht in einem Teil der Öffentlichkeit der Irrglaube, dass es dieses fiktive Preisniveau tatsächlich geben würde. Es entsteht eine gefühlte Wahrheit.
Ein besonders gutes Beispiel dafür sind Bestandskäufer, die ganz selbstverständlich Kaufpreise über das 1,5- bis Zweifache der Bestandscourtage anbieten, als wäre das tatsächlich das aktuelle Marktpreisniveau. In den sozialen Medien wiederholen deren Vertreter diese Werte mantraartig, als würde Falsches durch Wiederholen richtig.
Ich erlaube mir manchmal darauf hinzuweisen, dass die Marktpreise doch eher beim 3,5- bis Fünffachen der Bestandscourtage liegen würden und ernte – natürlich – heftigen Widerspruch. Als Beispiel werden dann Angebote bekannter Bestandskäufer präsentiert, die ebenfalls nur das 1,5- bis Zweifache bezahlen würden. Oder es wird auf das Buch eines aus den sozialen Medien bekannten Bestandskäufers hingewiesen, in dem nichts davon stehen würde, dass je Preise über dem Zweifachen der Jahresbestandscourtage bezahlt würden.
Beeinflussung des Marktes
Anfangs dachte ich noch, es geht diesen Menschen nur darum, günstig Bestände zu kaufen. Doch ganz so einfach ist es vermutlich nicht. Vielen dieser „Market Maker“ scheint es eher darum zu gehen, den Markt zu beeinflussen und Seniormaklern den klassischen Bestandsverkauf zu vergraulen. Warum sie das machen?
Es fällt auf, dass viele dieser Marktteilnehmer Alternativen zum klassischen Bestandsverkauf anbieten. Die werden dann für Makler attraktiv, wenn die glauben, der klassische Bestandsverkauf wäre unwirtschaftlich. So versucht beispielsweise ein großer deutscher Finanzvertrieb, Makler in seine Organisation zu locken, und präsentiert dafür eine auf den ersten Blick sehr spannende Rechnung. Dass der Maklerbestand zum Handelsvertreterbestand mutiert und damit seinen Bestandswert verliert, kommt nicht zur Sprache. Andere bewerben neben dem vergleichsweise schlechten Kaufmodell auch eine Maklerrente. Je schlechter daneben der klassische Bestandsverkauf erscheint, desto attraktiver wirkt im Vergleich die Alternative. Besonders dann, wenn die mit sehr positiven Annahmen gerechnet wird.
So vergleichen Bestandsverkäufer unbewusst ein nicht existentes Preisniveau mit einer zu optimistisch gerechneten Alternative. Wofür sich der Makler wohl entscheiden wird?
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2023, S. 112, und in unserem ePaper.
Bild: © Shanti – stock.adobe.com
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