In einer alternden Gesellschaft gewinnt die Diskussion über die Erwerbsbeteiligung älterer Menschen an Bedeutung. In Deutschland arbeiteten Ende 2022 rund 1,3 Millionen von 18,6 Millionen Altersrentner zusätzlich, der Großteil in einem Minijob. Die Zahl kommt vom Statistischen Bundesamt und wurde aufgrund einer Kleinen Anfrage der Linken im Bundestag zuletzt öfter zitiert. Im Jahr 2023 könnten es schon 1,5 Millionen sein. Studien und Berichte, darunter von der Bundesagentur für Arbeit und dem Statistischen Bundesamt, bestätigen damit einen langjährigen Trend.
Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher „Der Linken“ im Bundestag, vermutet dahinter eine steigende Altersarmut. Er erklärt dazu unter anderem im Münchner Merkur: „Dieser Zustand ist ungerecht und unhaltbar. Die gesetzliche Rente muss für ein gutes Leben im Alter reichen. Niemand sollte im Alter aus Not weiterarbeiten müssen. Dazu braucht es ein gesetzliches Rentenniveau von 53% sowie eine einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente.“
Durchschnittliche Rente unter 1.400 Euro
Die durchschnittliche Altersrente in Deutschland beträgt nach mindestens 35 Versicherungsjahren etwa 1.400 Euro. Den „normalen“ Ruheständlern bleibt also ohne private Rentenbezüge oder andere Einkommen nicht viel Geld, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
Sind arbeitende Rentner ein Mittel gegen den Fachkräftemangel?
Es ist aber auch nicht so, dass Rentner nur des Geldes wegen weiterarbeiten. Diskutiert wird, inwiefern Gesellschaft und Wirtschaft in Zeiten des Fachkräftemangels davon profitieren können. Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sieht Vorteile, wie er in einem „ZEIT“-Interview erläutert: „Ich bin sehr für eine höhere Erwerbsbeteiligung von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Und es arbeiten heute ja schon deutlich mehr Ältere als vor 20 Jahren. Das tatsächliche Renteneintrittsalter in Deutschland liegt im Schnitt bei 64,4 Jahren. Wenn es uns gelingt, durch geeignete Anreize dafür zu sorgen, dass Menschen freiwillig länger arbeiten, dann finde ich das sehr sinnvoll.“ Allerdings braucht es dann auch ausreichend Unternehmen, die den Wert qualifizierter, rüstiger Rentner zu schätzen wissen.
Ein Teil der Rentner muss, ein anderer will arbeiten
Die Nachricht, dass mehr Rentner arbeiten, muss nicht, kann aber eine schlechte Nachricht sein. Der eine Teil hat aufgrund einer niedrigen Rente keine andere Wahl, als weiterhin zu arbeiten, der andere entscheidet sich bewusst dafür – aus Freude an der Arbeit, aufgrund seines speziellen Wissens und Könnens oder auch um sich weiterhin in Gesellschaft und Berufsleben einzubringen, wie etwa das IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in verschiedenen Untersuchungen herausgefunden hat.
Wer wegen des Geldes und wer wegen der Freude weiterarbeitet
Zuletzt hat sich der Sozialverband VdK konkret mit der Frage beschäftigt und über eine Online-Umfrage zu Anfang August 2024 unter 2.500 Teilnehmern ab 50 Jahren folgendes herausgefunden.
47,1% der Befragten können sich grundsätzlich vorstellen, in ihrer Rente zu arbeiten, und 7,8% tun das bereits. Starke Unterschiede zeigen sich allerdings in der Motivation: Während Arbeiter (50,4%), Geschiedene (46,7%) und Menschen mit Kindern im Haushalt (40,7%) überdurchschnittlich oft die niedrige Rentenhöhe als Grund angeben, wurde dieser Grund auffallend selten – aber nachvollziehbar – von Beamten (10,2%), Angestellten (30,5%) und Menschen mit hohem Bildungsabschluss (27,1%) genannt.
Umgekehrt ergibt sich dann ein ähnliches Bild: Freude an der Arbeit stand vor allem bei Akademikern (70,8%), Selbstständigen (70,8%) und Beamten (64,4%) als Grund im Vordergrund, über den Ruhestand hinaus zu arbeiten. Bei Arbeitern (38,1%) und Menschen mit Hauptschulabschluss oder ohne Ausbildung (44,3%) tritt der Spaß an der Arbeit hingegen deutlich in den Hintergrund. (bh)
Bild: © auremar – stock.adobe.com
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